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Das Echo der Flüsterer

Titel: Das Echo der Flüsterer
Autoren: Ralf Isau
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von dem anderen Gorrmack abgelassen und war schnell einige Schritte zurückgewichen. Jetzt stand er in einer Reihe mit den sieben Trugbildern, die Bergalf schwitzend und stöhnend in die Luft projizierte.
    Kamorrg schien zu stutzen. Der große Lindwurm glotzte einfach nur auf die Schlachtreihe seiner Widersacher. Er sah arg ramponiert aus. Eines der kleinen spitzen Ohren fehlte. Etliche seiner Kristallschuppen hatte er verloren. Hätten Gorrmacks aus ihren Wunden bluten können, hätte er wohl in diesem Augenblick wie ein grotesker Riesenspringbrunnen ausgesehen. Mit einem Mal warf der Gorrmack seinen Kopf zurück, stieß ein ebenso verzweifeltes wie empörtes Brüllen aus und machte sich im wahrsten Sinne des Wortes aus dem Staub.
    Erst nach einer halben Meile tauchte Kamorrg wieder aus dem Grund auf. Er drehte sich nicht einmal mehr um, sondern verschwand sofort wieder im schützenden Erdreich.
    Bergalf ließ die Illusion der sieben Gorrmacks schlagartig fallen. Macky hatte nicht einmal mitbekommen, welche Helfer ihm da beigestanden hatten. Er verspürte nur das erhebende Gefühl einen furchtbaren Gegner in die Flucht geschlagen zu haben.
    Während Jonas den völlig entkräfteten Freund stützte, rief er zu dem Gorrmack hinauf: »Das hast du prima gemacht, Macky!«
    »Ich kann ihn nicht leiden«, antwortete der, ohne den Blick von dem in der Ferne auf- und abtauchenden Gegner zu wenden.
    Jonas sah zum Gewölbe der Spiegelregion empor und zuckte unwillkürlich zusammen. Glitzernde Kreise. Der Strudel drehte sich inzwischen mit rasender Geschwindigkeit. In der Mitte schien er sich nach oben zu wölben wie ein umgekehrter Trichter.
    »Gleich macht er auf«, kommentierte Macky das atemberaubende Schauspiel.
    »Geh endlich zum Flugzeug«, schimpfte Bergalf. Auch Kraark krächzte aufgeregt.
    Jonas sah den Fährtensucher mit großen Augen an. Erst jetzt wurde ihm richtig bewusst, was diese Aufforderung bedeutete. Er musste Hals über Kopf Azon verlassen und konnte sich nicht einmal richtig von seinen Freunden verabschieden.
    Bergalf mehr tragend als stützend setzte er sich in Bewegung. Die B-24 stand nur eine Drittelmeile entfernt. Der Sand rings um das Fahrwerk war nur notdürftig zur Seite geschaufelt worden und Captain Woolbridge hatte bereits die Motoren angeworfen. Robert kam ihnen entgegen. Obwohl Jonas’ Vater nicht besonders stark aussah, hob er doch den geschwächten Bonka wie eine Strohpuppe vom Boden auf und trug ihn zu den anderen Gefährten, die vor der Roly-Poly warteten.
    Darina kam auf Jonas zu und ergriff seine Hände. »Wir müssen jetzt Abschied voneinander nehmen, mein Bruder.«
    »Warum kann ich euch nicht einmal in der Woche besuchen?«, klagte Jonas.
    Darina lächelte. »Ich werde immer bei dir sein. Wir haben doch unsere Freundschaftssteine.«
    Jonas’ Hand fuhr zur Brust, dorthin, wo unter der Kleidung die Halskette hing. Dann fiel ihm etwas ein. »Warte.« Er löste die Scheide mit dem Kristalldolch vom Gürtel und reichte sie Numin, der neben Darina stand. »Ich nehme an, du wirst ab heute auf meine kleine Schwester aufpassen? Nimm das hier. Es könnte dir bei deiner Aufgabe helfen.«
    Numin ergriff das blaue Kristallstilett und lächelte verlegen. »Danke, Jonas. Ich dachte eigentlich, du seist wegen mir und Darina eifersüchtig.«
    »Ich wollte nur sichergehen, dass sie nicht auf irgendeinen Taugenichts hereinfällt. Aber bei dir ist sie bestens aufgehoben, das weiß ich jetzt.«
    Numin legte seinen Arm um Darina und die Wissende lächelte ihn zärtlich an. Dann streckte sie ihren freien Arm nach Jonas aus. »Komm!«
    Die drei waren für einen langen Moment vereint. Die Zeit schien für sie stillzustehen. Eine dicke Träne kullerte über Jonas’ Wange. Er küsste Darina auf die Stirn.
    »Jetzt muss ich schon wieder meine kleine Schwester allein lassen.«
    Darina schob ihn sachte von sich und schenkte ihm ein Lächeln, Zeichen einer tiefen, liebevollen Verbundenheit, die selbst Numin niemals in dieser Art erfahren würde. »Du bist mein Retter, Jonas. Ohne dich wäre ich nicht erwacht. Ich werde immer bei dir sein. Wir haben unsere Freundschaftssteine und ich habe Keldins Spiegel. Wenn du mich auch nicht jede Woche besuchen kannst, werde ich doch regelmäßig nach dir schauen. Solltest du je die Hilfe der Flüsterer brauchen, wird sie da sein.«
    Darauf löste sich Jonas von seiner zarten, goldhaarigen Freundin. Er musste sich beeilen, Macky drängte. Bergalf war inzwischen bereits so weit
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