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Das Echo aller Furcht

Das Echo aller Furcht

Titel: Das Echo aller Furcht
Autoren: Tom Clancy
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schiefging, alle ihm angemessen erscheinenden Maßnahmen treffen konnte. Auch Paulson hatte spezifische Anweisungen. Sowie das Subjekt einen Agenten oder Zivilisten lebensgefährdend bedrohte, konnte er mit seinem Finger auf den Abzug seines Gewehrs einen Druck von 2650 Gramm ausüben und damit das Geschoß losjagen.
    »Immer mit der Ruhe, alle Mann«, flüsterte der Scharfschütze. Sein Zielfernrohr Marke Unertl war mit Fadenkreuz und Strichplatte ausgerüstet. Erneut schätzte Paulson automatisch die Distanz, achtete weiter auf die Böen und hielt Russells Ohr im Fadenkreuz.
    Die Szene hatte eine grausige Komik. Die Reporterin lächelte und bewegte ihr Mikrofon beim Interview hin und her. Der massige schwarze Kameramann hatte seine Minicam am Auge, mit der aufgesteckten grellen Lampe, die von Batterien, die an seinem Gürtel befestigt waren, betrieben wurde. Russell redete eindringlich, aber Paulson und Leary verstanden nichts, weil der Wind zu heftig war. Seine Miene war von Anfang an zornig gewesen, und sie glättete sich nicht. Er ballte die Linke zur Faust, und die Finger seiner rechten Hand schlossen sich automatisch um den Knauf der Pistole. Der Wind preßte die Seidenbluse der Reporterin an ihre durchscheinenden Brüste. Leary fiel ein, daß Russell den Ruf hatte, ein zur Brutalität neigender Sexualathlet zu sein. Aber der Ausdruck des Mannes war sonderbar leer. Einmal starrte er teilnahmslos, dann wieder fuhr er leidenschaftlich auf; diese durch Drogen erzeugte Instabilität mußte den psychischen Druck auf den vom FBI Umstellten noch verstärken. Plötzlich wurde er unnatürlich ruhig.
    Leary verfluchte den SAC. Wir sollten uns ein Stück zurückziehen und abwarten, bis die Kerle mürbe sind, dachte er. Die Lage hat sich stabilisiert. Die kommen hier nicht weg. Wir könnten übers Telefon verhandeln und sie hinhalten ...
    »Achtung!«
    Mit seiner freien Hand hatte Russell die Reporterin am Oberarm gepackt. Sie versuchte sich zu befreien, verfügte aber nur über einen Bruchteil der Kraft, die dazu nötig war. Der Kamermann nahm eine Hand von der Sony. Er war groß und stark und hätte Erfolg haben können, aber seine Bewegung provozierte Russell. Die rechte Hand des Subjekts zuckte.
    »Im Ziel!« sagte Paulson erregt. Laß das, du Arschloch, dachte er. HÖR AUF! Er durfte nicht zulassen, daß Russell den Revolver zu weit hob. Sein Verstand raste, schätzte die Situation ab. Ein großer Revolver Smith & Wesson, vielleicht ein 44er Kaliber, eine Waffe, die riesige, blutige Wunden riß. Es war möglich, daß das Subjekt nur seinen Worten Nachdruck verleihen wollte. Vermutlich wies er den Schwarzen an der Kamera an, er solle stillhalten; der Revolver schien eher auf den Mann gerichtet als auf die Reporterin, kam höher und höher und ...
    Der Knall des Gewehrs ließ die Szene erstarren. Paulsons Finger hatte sich scheinbar wie von selbst gekrümmt, aber in Wirklichkeit war es der antrainierte Reflex, der sich durchgesetzt hatte. Das Gewehr bäumte sich unterm Rückstoß auf, und die Hand des Schützen zuckte schon, um zu spannen und nachzuladen. Ein Windstoß hatte Paulsons Geschoß leicht nach rechts abgelenkt. Anstatt Russells Schädel in der Mitte zu durchschlagen, traf die Kugel den Backenknochen. Explosionsartig wurde dem Subjekt das Gesicht weggerissen. Nase, Augen und Stirn lösten sich in einen roten Nebel auf. Nur der Mund blieb übrig, und der stand offen und schrie, während Blut aus Russells Kopf triefte wie aus einer verkalkten Dusche. Sterbend gab Russell noch einen Schuß auf den Kameramann ab, ehe er vornüber gegen die Reporterin fiel. Der Kameramann fiel ebenfalls zu Boden, und die Reporterin stand fassungslos da, hatte das Blut und Gewebe an ihrer Kleidung und in ihrem Gesicht noch nicht wahrgenommen. Russells Finger krallten kurz nach seinem Gesicht, das nicht mehr da war, und wurden dann reglos. »LOS! LOS! LOS!« schrie es in Paulsons Kopfhörer, aber er nahm kaum Notiz, sondern lud nach, während er in einem Fenster des Gebäudes ein Gesicht, das er von Fahndungsfotos her kannte, entdeckte. Ein Subjekt, das eine Waffe hob, die wie ein altes Winchester-Repetiergewehr aussah. Paulsons zweiter Schuß war exakter als der erste und traf die Stirn von Subjekt 2. Sein Name: William Ames.
    Die Szene kam wieder in Bewegung. Männer des Geiselrettungsteams in schwarzen Anzügen und kugelsicheren Westen stürmten heran. Zwei schleppten die Reporterin weg, zwei andere trugen den Kameramann, an
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