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Das dunkle Schweigen: Denglers zweiter Fall (German Edition)

Das dunkle Schweigen: Denglers zweiter Fall (German Edition)

Titel: Das dunkle Schweigen: Denglers zweiter Fall (German Edition)
Autoren: Wolfgang Schorlau
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den Boden, doch es nutzte ihm nichts, denn der Chinese zog ihn über den polierten Steinflur und fluchte dabei mit österreichischem Akzent. Dengler sah dem merkwürdigen Paar nach. Irgendwo habe ich die beiden schon einmal gesehen, fuhr es ihm durch den Kopf. Dann betrat er die Kantine.
    Security Services Nolte & Partners schienen nicht an Auftragsmangel zu leiden. Die Kantine war ein großer, weiß getünchter Raum, dreimal so groß wie Denglers Wohnung samt Büro. An der linken Seite stand eine Bar aus schwarzem Holz. Eine Frau in weißem T-Shirt mit der Aufschrift »Für Ihre Sicherheit – Best Security Services: Nolte & Partners« zapfte eilig Bier. Eine zweite, etwas ältere Frau im gleichen T-Shirt schenkte Rotwein in bereitstehende Gläser. Im Raum verteilten sich zwölf kleine Tische, umsäumt von schwarzen Korbstühlen, an denen etwa dreißig Personen saßen. Hinter der Bar drängten sich sieben Männer im mittleren Alter. Vier trugen dunkle Blousons, drei schwarze Lederjacken. Alle mit Schnauzbart. Sie sehen aus wie Bullen im Urlaub, dachte Dengler. Kein Wunder, dass manche Ganoven Polizisten regelrecht riechen können.
    Noch während seiner Zeit beim BKA hatte Georg Dengler seinen Kleidungsstil geändert. Er wollte nicht an der Jeansund Lederjacken-Uniform sofort als Bulle in Zivil erkannt werden. Seiher trug er meist dunkelblaue Anzüge, Jeans nur mit Jacketts und einem hellen Hemd darunter oder einem dunklen T-Shirt. So war er auch auf dieser Veranstaltung ein Außenseiter. Er ging zur Bar, und sofort traten die Männer rechts und links von ihm zur Seite. Sie betrachteten ihn mit unverhohlenem Misstrauen.
    Die Frau, die den Rotwein ausschenkte, sah ihn an, und er nickte ihr zu. Sie stellte ein Glas vor ihn. Dengler zahlte gleich.
    Er trank einen Schluck.
    »Hey, wir kennen uns doch …«
    Eine Hand klopfte ihm auf den Rücken. Die Stimme klang hoch und unangenehm. Dengler drehte sich nicht um.
    »Du bist doch der Zielfahnder vom BKA. Erinnerst du dich noch an mich?«
    Ein kleiner Mann in gelber Lederjacke drängte sich neben ihn. Er trug einen dünnen Schnurrbart, und aus seinem Mund blinkte ein goldener Vorderzahn. Sein Gesicht hatte etwas von einem Wiesel. Dengler konnte sich nicht erinnern, den Mann schon einmal gesehen zu haben. Die anderen Männer an der Bar drehten sich nun erneut um und starrten ihn an.
    Das Wiesel griff seine Hand und drückte sie lasch. Dengler spürte kalten Handschweiß und zog instinktiv die Hand zurück.
    »Rümmlin. Gerd Rümmlin. Erinnerst du dich nicht? Ich war bei der Festnahme von Rolf Heisemann in Griechenland dabei. Ich habe einen Kiosk in Athen überwacht. Klasse Job damals.«
    Der Fall Heisemann. Als Dengler im zweiten Jahr beim BKA als Zielfahnder arbeitete, jagte er den deutschen Terroristen Rolf Heisemann. Er wusste von dessen Freundin, dass Heisemann sich in Griechenland aufhielt. Und er wusste, dass Heisemann regelmäßig die »Süddeutsche Zeitung« las. Dengler organisierte daraufhin die Überwachung aller Verkaufsstellen des Blattes in Griechenland durch deutsche und griechische Kriminalbeamte. Am dritten Tag der Aktion wurde Rolf Heisemann an einem Kiosk in Saloniki verhaftet. Offensichtlich war der Mann in der gelben Lederjacke an der Aktion beteiligt gewesen.
    Das Wiesel klopfte ihm erneut auf die Schulter.
    »Damals war ich bei der Kripo Ludwigsburg. Die kommandierten mich zu der Aktion ab. Waren ein paar tolle Tage. Viel Ouzo.«
    Wahrscheinlich waren die Ludwigsburger Kollegen heilfroh, diesen Kerl eine Weile los zu sein, dachte Dengler.
    Das Wiesel orderte ein Bier.
    Die Frau stellte sofort ein Glas vor ihm auf den Tresen. Rümmlin nahm einen tiefen Schluck und wandte sich wieder Georg Dengler zu.
    »Jetzt bin ich in der freien Wirtschaft«, sagte er.
    Dengler sah in das wieselartige Gesicht, dessen Schnurrbart vom Bierschaum fast verdeckt wurde. Ihm stiegen, nicht zum ersten Male, Zweifel auf, ob es richtig gewesen war, den Job beim Bundeskriminalamt zu kündigen.
    »Und wie läuft es so«, fragte er lasch und sah sich in der vergeblichen Hoffnung um, jemand zu erkennen, den er kannte.
    »Alles bestens«, sagte das Wiesel, »hab genug zu tun.«
    Mit dem Handrücken wischte er sich den Bierschaum vom Mund.
    Georg Dengler musterte den Mann, der jetzt zufrieden rülpste.
    »Ich arbeite für die Stadt«, sagte er mit wichtiger Miene und trank noch einen Schluck Bier.
    »Für die Stadt?«
    Das Wiesel stellte vorsichtig das Glas zurück auf die Theke.
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