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Das dunkle Paradies

Das dunkle Paradies

Titel: Das dunkle Paradies
Autoren: Patrick Ness
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aufzuzwingen.
    Denn Todd kann sich nicht dagegen wehren.
    Er springt vor, um mich aufzufangen.
    Mich aufzufangen, damit ich nicht stürze.
    Und in dem Moment greift der Bürgermeister an.
    [TODD]
    Mein Gehirn springt entzwei. Alles, was er darauf abfeuert, brennt und tobt, und es ist weiß Gott nicht nur wie ein Schlag, es ist, als stäche er mit glühendem Metall mitten in mein Ich hinein, und als ich nach vorne springe, um Viola aufzufangen, trifft es mich so heftig, dass mein Kopf nach hinten fliegt, und da ist sie wieder, die Stimme des Bürgermeisters, aber irgendwie ist sie auch meine Stimme, und irgendwie auch ihre, sie hat etwas von allen Stimmen dieser Welt, und sie sagt: DU BIST NICHTS DU BIST NICHTS DU BIST NICHTS DU BIST NICHTS
    Wir sind noch in Bewegung, ich spüre, wie wir ineinanderstürzen, wie ihr Kopf in meinen Mund kracht, und DU BIST NICHTS DU BIST NICHTS DU BIST NICHTS sie fällt gegen meine Brust und meine umherrudernden Arme, und gemeinsam fallen wir in den Schutt, eine Sirene sprengt mir das Schädeldach weg DU BIST NICHTS DU BIST NICHTS DU BIST NICHTS und ich merke, wie ich das Gewehr fallen lasse und wie es wegschlittert, und ich spüre ihr Gewicht, das sich gegen mich stemmt, und ich höre sie von weit her, von hinter den Monden meinen Namen rufen, und DU BIST NICHTS sie ruft »Todd!« DU BIST NICHTS DU BIST NICHTS Sie ruft: »Todd!«, und mir ist, als sähe ich sie von tief unten im Wasser, und ich merke, wie sie sich auf die Hände stützen will, um mich zu schützen, aber der Bürgermeister ist über ihr, hält sein Gewehr am Lauf fest, holt damit aus, schlägt ihr auf den Hinterkopf und sie fällt zur Seite.
    Und mein Hirn kocht.
    Mein Hirn kocht.
    Mein Hirn kocht.
    DU BIST NICHTS DU BIST NICHTS DU BIST NICHTS DU BIST NICHTS DU BIST NICHTS
    Und ich sehe, wie sie die Augen schließt …
    Ich spüre ihr Gewicht.
    Und ich denke: Viola.
    Ich denke: Viola!
    Ich denke: VIOLA !
    Und der Bürgermeister weicht vor mir zurück, als hätte ihn etwas gestochen.
    »Puh«, sagt er kopfschüttelnd, während ich das Schwirren in meinem Kopf durch Blinzeln zu vertreiben suche und meine Umwelt allmählich wieder klarer vor mir sehe und meine eigenen Gedanken denke. »Ich habe es dir doch gesagt, du hast Kraft, Junge.«
    Seine Augen strahlen erwartungsvoll.
    Und dann trifft mich wieder sein Lärm.
    Ich reiße die Hände hoch, drücke sie gegen meine Ohren (ich habe kein Gewehr mehr, ich habe kein Gewehr mehr), als ob das etwas helfen würde, dabei hört man den Lärm gar nicht mit den Ohren, denn er ist mittendrin, mitten in meinem Kopf, mitten in mir selbst, er dringt in mich ein, als gäbe es mich gar nicht. DU BIST NICHTS DU BIST NICHTS DU BIST NICHTS Mein eigener Lärm schlägt hoch und peitscht auf mich ein, als würde ich mich selbst mit Fäusten schlagen.
    DU BIST NICHTS DU BIST NICHTS DU BIST NICHTS
    Viola, will ich denken, doch ich gehe unter, falle immer tiefer in den Lärm, mein Widerstand wird schwächer, in meinem Gehirn klirrt es.
    Viola …
    (VIOLA)
    »Viola!« Ich höre meinen Namen, es klingt, als käme er vom Grunde einer tiefen Schlucht.
    Mein Kopf tut weh von dem Schlag, den mir der Bürgermeister versetzt hat, und ich blute, ich liege mit dem Gesicht im Staub, meine Augen sind einen Spalt weit geöffnet, aber ich kann nicht das Geringste sehen.
    »Viola!«, höre ich wieder.
    Ich reiße die Augen auf.
    Todd rutscht zwischen den Trümmern umher, er hält sich die Ohren zu, seine Augen sind fest geschlossen.
    Der Bürgermeister steht über ihm, und ich höre das Gleiche wie zuvor, das gleiche Getöse, den Lärm, so grell wie ein Laserstrahl.
    »Viola!«, höre ich wieder.
    Und ich mache den Mund auf.
    Ich rufe …
    [TODD]
    »Todd!«, höre ich irgendwo jemanden rufen.
    Sie … Sie ist es.
    Sie ist es.
    Und sie lebt.
    Und sie ruft mich.
    Viola …
    Viola …
    Viola …
    Ich höre ein Stöhnen. Der Lärm in meinem Kopf verstummt, ich öffne die Augen, und der Bürgermeister taumelt zurück, jetzt hält er sich die Ohren, mit der gleichen Handbewegung, die jeder macht …
    Die jeder macht, wenn ihn der Lärm angreift.
    Viola, denke ich wieder, ich denke es genau in seine Richtung, aber er duckt sich und legt das Gewehr auf mich an. Ich denke es wieder.
    Viola.
    Und wieder.
    Viola.
    Er weicht zurück, stolpert über Davys Leichnam, fällt der Länge nach rückwärts hin.
    Und ich richte mich auf.
    Und ich laufe zu ihr hin.
    (VIOLA)
    Er läuft zu mir, streckt mir die Hände entgegen, fasst
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