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Das dunkle Lied des Todes

Das dunkle Lied des Todes

Titel: Das dunkle Lied des Todes
Autoren: Bjarne Reuter
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Blumendorph angeht.«
    Kelberg tat, als müsste er sich vor Lachen krümmen.
    »Ach ja, der unmögliche Blumendorph, genial und stinkfaul. Aber er hat sich gebessert, beide Eltern gehören übrigens der Königlichen Kapelle an, Oboe und Waldhorn. Nein, was ich sagen wollte, war, dass ich möglicherweise in dieser Woche bei euch vorbeischaue. Es steht nicht fest, aber falls ich eine Lücke im Terminkalender finde. Frische Luft in die Lunge.«
    Kelberg zwinkerte Lars zu. Eva schaute in ihre Tasche, als ob sie nach etwas suchte. Aber ihr fehlte nichts, es sei denn, Unterstützung. Denn es hatte nichts mit frischer Luft zu tun. Kelberg wollte ihr auf die Finger schauen. Das war schon seit ihrer Rückkehr so. Sie durfte nur an der kurzen Leine laufen. Er wich ihren Blicken aus. Aus irgendeinem Grund fand das schlechte Gewissen bei Willy Kelberg fruchtbaren Boden. Immer spielte sich etwas hinter seinem Rücken ab, wenn er dabei war.
    Bromsen wiederholte, dass er zugehört hatte, wie Anders, Betty, Vanessa, Thomas, Tineke und Vibe in der Schulaula Pachelbels Kanon gespielt hatten.
    Kelberg faltete die Hände vor der Brust.
    »Man könnte weinen, so schön spielen sie. Aber das ist ja kein Zufall. Ich glaube, ich habe es schon erwähnt, Bromsen, die jungen Menschen hatten nämlich sechs Jahre lang die beste Lehrerin des Landes. Frau Wagner. Mitbegründerin dieser heiligen Hallen. Streng, aber gerecht. Sie hatte Haare auf den Zähnen, aber sie konnte es ihnen wirklich so einbimsen, dass sogar Malbeck es kapierte. Sie wusste, dass sie es mit einer ganz besonderen Klasse zu tun hatte, sie nannte sie den Spitzenjahrgang der Schule. Ab und zu hatten wir schon Angst, sie verlangte zu viel von ihnen, sie wären überfordert. Aber nichts da. Nein, sie haben sich von dem Joch befreit, und das Ensemble, das du gestern gehört hast, findet im ganzen Königreich nicht seinesgleichen.«
    Kelberg wurde leiser.
    »Leider haben wir Maria Wagner vor zwei Jahren verloren, das war nicht zuletzt für die Kinder ein schwerer Schlag. Zum Glück hatten wir Eva, die an ihre Stelle treten konnte, und dafür sind wir dankbar.«
    Eva schaute auf die Hand des Schulleiters, die sich ihr näherte. Sie sagte sich: Wenn er den Arm um mich legt, beiße ich ihm in die Hand. Für einen Moment fürchtete sie, laut gedacht zu haben, dann sagte sie, alles sei in schönster Ordnung und Kelberg brauche sich keine Sorgen zu machen.
    Der Schulleiter blickte sie von der Seite an.
    »Das weiß ich, Eva. Darauf verlassen wir uns voll undganz. Ihr fahrt also nach Burgsvig, oder? Ja, so war das. Prachtvoller Ort. Eva hat mir ein Bild des Hauses gezeigt. Ein ziemliches Ungetüm, aber voller Atmosphäre, heißt es. Und billig, erstaunlich billig. Gleich am Wasser. Eine Perle. Ich glaube, ich war noch nie in der Gegend. Liegt doch außerhalb von Recht und Gesetz. Ein wahres Refugium. Na ja, jetzt muss ich wieder an die Arbeit. Ich wünsche euch beiden eine richtig schöne Reise. Passt gut auf die Genies auf. Und auf Wiedersehen im hohen Norden.«
    Eva sah dem Schulleiter hinterher, als er mit seinem schwänzelnden Gang zu seinem Arbeitszimmer verschwand.
    Bromsen lächelte.
    »Netter Mann. Summt der immer im Gehen?«
    Eva steckte sich eine neue Zigarette an.
    »Ja, er ist sicher der einzige Mensch im ganzen Land, der gleichzeitig summen und mit den Zähnen knirschen kann. Aber wir müssen weiter im Programm. Ganz links steht Vanessa, der fromme Engel. Ein Unikum an der Violine, ein Muster an Tugend und eine Einzelgängerin. Die geborene Solistin. Keine Freunde, keine Clique. Alte Eltern. Einzelkind. Verletzlich und ein bisschen ein Hemmschuh. Will, dass besondere Rücksichten genommen werden. Man weiß eigentlich nicht, ob Vanessa aus Kristall oder Granit ist. Wenn sie was braucht, lehnt sie sich an Betty an.«
    »Und der da?« Lars zeigte auf den Jungen mit den kupferroten Haaren. »Der spielt doch Cello wie ein Profi.Starke Konzentration, wirkt ausgeglichen. Oder stimmt das nicht?«
    Eva seufzte.
    »Es stimmt schon, Anders ist die Ruhe selbst, möglicherweise der Klügste von allen. Könnte der unbestrittene Anführer der Klasse sein, wenn er wollte. Er macht seine Umgebung unsicher. Thomas rechts von ihm ist sein bester Freund. Seltsamer Junge. Wenn Thomas nicht Geige spielt, liest er Camus oder spielt Schach. Hat was von einem Zombie. Übt Tag und Nacht, schläft nie. Er ist viel fleißiger als Anders, der in seiner eigenen Welt lebt. Sie sind einwandfrei zwei Nerds,
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