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Das dunkle Herz Kashas

Das dunkle Herz Kashas

Titel: Das dunkle Herz Kashas
Autoren: Liandra diLuna
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Kriegskundigen. Doch ich habe eine der Grundregeln unseres Heiligtums gebrochen und wurde verstoßen. Seitdem folge ich den Wegen Kashas und gehe, wohin meine Füße und meine Launen mich tragen. Nur die Städte Kashas habe ich gemieden.“
    „Welche Regel war es, gegen die du verstoßen hast?“
    Mir schien, dass der Fremde einzuschätzen versuchte, wie er sich mir gegenüber weiter verhalten sollte. Was, wenn er zu dem Entschluss kam, dass ich seine Hilfe nicht wert war? Wenn er mich allein und schutzlos im nächtlichen Wald zurückließ? Was sollte ich tun, wenn die Bashra zurückkehrten, sobald er mich verließ? Ich beschloss, bei der Wahrheit zu bleiben. Mochte er entscheiden, zu welchem Urteil ihn dieses Wissen führte. „Uns ist der Umgang mit Männern streng verboten. Wir gehören dem Gott allein. Daher dürfen wir einen Mann weder ansehen, noch ansprechen noch ihm antworten. Ich jedoch nahm aus dem Wunsch nach Lob und Anerkennung heraus die Hilfe eines Hirten bei der Suche nach einem entlaufenen Opfertier an. Und ich ließ mich von seinen Geschichten über die Gegenden und Städte Kashas so sehr fesseln, dass ich darüber die Zeit vergaß.“
    „Und dafür haben sie dich ausgestoßen? Ohne Decken, die dich wärmen? Ohne eine Waffe, um dich zu schützen? Nur mit diesem Gewand?“ Der Fremde schüttelte den Kopf. „Mir scheint dies eine sehr harte Strafe, beinahe ein Todesurteil.“ Er schien für einige Augenblicke seinen Gedanken nachzuhängen; dann sah er mich mit ernster Miene an. „Du solltest bei Sonnenaufgang umkehren. Ich kann dich zur Grenze zurückbringen. Das Kernland Kashas ist kein guter Ort. Zu viele gefährliche Kreaturen hausen hier, gegen die das Bashrarudel friedlich und harmlos ist. Eine wehrlose Frau sollte sich nicht an diesem Ort aufhalten.“
    Trotzig entgegnete ich: „Wenn die Hohepriesterinnen mir meine Waffen nicht abgenommen hätten, wäre ich mit den Bashra auch ohne Hilfe zurechtgekommen! Halte mich bitte nicht für undankbar, aber wenn ich so wehrlos wäre wie du sagst, hätten die Bashra mich getötet, lange bevor du mir zu Hilfe gekommen bist.“
    Der Fremde hob beschwichtigend die Hände. „Verzeih. Ich wollte dich nicht kränken. Du hast Recht, die meisten Kasha wären ohne jede Waffe für die Bashra leichte Beute gewesen. Vermutlich hätten die meisten selbst bewaffnet nicht lange genug gegen das Rudel standgehalten. Und doch bist du ohne Waffen für viele der Kreaturen des Kernlandes ein allzu leichtes Ziel.“
    „Was hat dich ins Kernland geführt?“ erkundigte ich mich neugierig. „Wenn dies so ein furchtbarer Ort ist wie du sagst, wieso meidest du ihn nicht ebenfalls?“
    Im Grunde war ich davon ausgegangen, dass der Fremde auch diese Frage nicht ernsthaft beantworten würde. Doch er überraschte mich. „Ich bin tief in den Nebelwäldern des Kernlandes geboren. Um zu verstehen, weshalb diese Gebiete nicht verlassen und einsam sind, musst du eines wissen: das Kernland Kashas ist nicht einfach ein Gebiet wie jedes andere. Über den Nebelwäldern und der schwarzen Kieswüste liegt ein uralter Fluch. Die Kasha sagen, das Kernland sei böse. Zutreffender ist vielleicht der Begriff besitzergreifend. Der Fluch bindet alle Lebewesen, die im Kernland geboren werden, mit jeder Faser an sich. Es ist niemandem von uns möglich, das Kernland zu verlassen, ohne die eigene Lebenszeit zu verkürzen. Dabei sind nicht alle gleich stark an den Fluch gebunden. Bei mir sind die Bande, mit denen der Fluch mich bindet, sehr stark. Würde ich nur wenige Schritte über die Grenzen des Kernlandes setzen, wäre es mein Tod.“
    Ich sah ihn betroffen an. „Du bist gezwungen, für den Rest deines Lebens in den Nebelwäldern zu verweilen? Du kannst nicht frei entscheiden, wohin deine Schritte dich tragen?““
    Er schüttelte den Kopf. Dann lächelte er. „Die Nebelwälder erstrecken sich tief ins Innere Kashas. Und dann erst kommt die schwarze Kieswüste, in deren Inneren die Festung des Herrschers des Kernlandes liegt. Es ist ein großes Gebiet. Ich kann mehrere Tagesreisen innerhalb des Kernlandes gehen, ehe ich an seine Grenzen stoße.“
    Ich musste daran denken, wie sehr ich meine neu gewonnene Freiheit genoss. Wie musste es sich anfühlen, wenn man auf Leben und Tod an ein Gebiet gebunden war – und sei es auch noch so groß? Andererseits war meine Situation im Heiligtum mit der des Fremden durchaus vergleichbar gewesen. Ehe ich auf Hakil getroffen war, war ich mir nur nie
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