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Das dunkle Herz Kashas

Das dunkle Herz Kashas

Titel: Das dunkle Herz Kashas
Autoren: Liandra diLuna
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erreicht hatten, umarmte sie mich rasch und flüsterte mir zu: „Die Götter mögen dich auf deinen Pfaden beschützen. Ich wünsche dir, dass du all die Orte sehen wirst, die dich so sehr fasziniert haben. Geh deinen Weg; doch halte dich vom Kernland Kashas fern! Es ist ein böser Ort, ein gefährlicher Ort. Wer ihn betritt, der ist verloren...“
    Noch ehe ich etwas entgegnen oder mich verabschieden konnte, schob sie mich durch das offene Portal und schloss es sofort wieder hinter mir. Ich hörte, wie der schwere Riegel in seine Verankerung fiel. Nun war ich in jeder Hinsicht aus dem Heiligtum ausgeschlossen. Für einen Moment stand ich unschlüssig da. Wohin sollte ich jetzt gehen? Was sollte ich tun? In jedem Ort, den ich betreten würde, würde jeder sofort erkennen, dass ich in Ungnade gefallen und ausgestoßen worden war. Wer würde eine junge Frau wie mich aufnehmen, die Schande über sich und die ihren gebracht und womöglich den Zorn eines Gottes auf sich gezogen hatte? Gab es in Kasha jemanden, der es wagte, einer wie mir Obdach oder Hilfe zu gewähren? Kurz dachte ich an Hakil, doch ich wollte ihn nicht mit in meine Schwierigkeiten hineinziehen. Da es ohnehin keine Rolle spielte wohin mein Weg mich führte, beschloss ich, einfach geradeaus zu gehen.
     
    Seit ich aus dem Heiligtum ausgestoßen worden war, war die Sonne siebenundzwanzig Mal von den beiden Monden abgelöst worden. Am Tag folgte ich den Pfaden Kashas. Sobald es zu dunkel wurde um weiterzugehen, legte ich mich am Wegesrand zur Ruhe. Zu meinem Glück war gerade die heiße Zeit des Mondjahres, so dass es selbst in der Nacht ohne Mantel und Decke nicht zu kalt war. Was ich tun sollte, wenn die Nächte kühler wurden, wusste ich nicht. Vermutlich würde ich gezwungen sein einer der Familien meine Hilfe anzubieten, die von der Feldarbeit lebten. Doch zunächst mied ich die Städte und Felder Kashas. Mir graute davor, den Bewohnern der Städte in meinem Gewand entgegenzutreten. Wenn ich hungrig war, suchte ich nach Beeren, Pilzen und Wurzeln. Meinen Durst stillte ich an den zahlreichen Bächen und Flüssen. Meine einsame Wanderung führte mich durch Landschaften voller wilder Blumen, durch weitläufige Felder verschiedenster Getreidearten und durch sonnige Wälder. Immer, wenn ich in der Ferne Herden und Häuser sah, änderte ich die Richtung, so dass mich mein Weg in weitem Bogen an diesen vorbei führte. Einerseits genoss ich die neu gewonnene Freiheit zu gehen, wohin ich wollte. Andererseits dachte ich aber mit traurigem Herzen an die Freundinnen, die ich niemals wiedersehen würde.
    Als der Wald dichter und der Boden unter meinen Füßen zunehmend schwärzer wurde, hätte ich umkehren sollen. Aber ich tat es nicht, sondern setzte meinen Weg fort. Nebelschwaden zogen durch das Unterholz. Die knorrigen Bäume wirkten selbst im schwachen Tageslicht bedrohlich. Von einem Moment auf den anderen war es plötzlich Nacht. Die beiden Monde leuchteten schwach durch dichte Wolken. Dann hörte ich es; das Geheul eines Bashrarudels, das offenbar meine Witterung aufgenommen hatte. Sicherlich verirrte sich nur selten jemand in diese düstere Gegend...
     
    Der erste Bashra beschloss, zum Angriff überzugehen. Er sprang auf mich zu. Ich wehrte ihn mit dem Ast ab, geriet beim Zurückweichen jedoch zu nah an einen zweiten, der nach meinem bloßen Fuß schnappte. Ich geriet ins Stolpern und sofort stürzte sich der Bashra auf mich, der zuerst angegriffen hatte. Unter der Last des riesigen Tieres ging ich zu Boden. Nur mit Mühe gelang es mir, den Bashra mit Hilfe des Astes davon abzuhalten, mir die Kehle durchzubeißen. Gierig und kraftvoll schlug der Bashra wieder und wieder seine Zähne in das Holz des Astes. Es war nur eine Frage der Zeit, bis der Ast durchbrechen würde. Währenddessen kamen mir auch die anderen Bashra bedrohlich nahe. Einer zerrte bereits an meinem Rocksaum. Mein Körper war zu meinem Glück unter dem des Tieres vergraben, das mich attackiert hatte. Selbst, wenn es mir gelingen sollte, das Tier abzuschütteln – und daran war kaum zu denken – würde ich meine Lage also nicht unbedingt verbessern. Meine Kräfte schwanden jedoch mit jedem Herzschlag. Schon spürte ich den heißen Atem des Bashra dichter und dichter an meinem ungeschützten Hals. In Gedanken verfluchte ich meine Torheit, völlig ohne Waffen durch einen nächtlichen Wald zu wandern, der mir schon am Tag bedrohlich und Unheil versprechend vorgekommen war. Als ich kaum noch
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