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Das Dunkel der Lagune

Das Dunkel der Lagune

Titel: Das Dunkel der Lagune
Autoren: Jack Higgins
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Hafen. Rose wartete im Taxi, während Hagen in sein Zimmer ging und die Pistole holte. Als sie zu der Adresse fuhren, die Rose dem Fahrer genannt hatte, überprüfte Hagen die Waffe und steckte das Magazin ein. Das Mädchen schauderte. »Ich hasse Waffen. Ich hasse sie abgrundtief.«
      Hagen tätschelte ihre Hand. »Waffen sind nach den Hunden die treuesten Freunde eines Mannes.«
      Das Taxi hielt in einer düsteren Seitenstraße. Hagen half Rose beim Aussteigen und bezahlte den Fahrer.
      Er kannte solche Gebäude: ein heruntergekommenes Haus, das farbige Seeleute als Quartier benutzten. Es gehörte nicht zu der Art Kategorie, in der man einen Portier antraf. Sie kamen in die finstere, dunkle Halle, von der aus eine gefährlich aussehende Holztreppe nach oben führte. Hagen tastete sich Schritt für Schritt hinauf. Rose folgte ihm und hielt sich an seinem Gürtel fest. Es stank abscheulich, und eine dumpfe Stille erfüllte das Haus. Hagen hielt die Pistole mit der rechten Hand gegen seinen Oberschenkel gepresst; in der Linken hatte er ein flackerndes Streichholz, in dessen Lichtschein er die Nummern der Zimmertüren zu entziffern versuchte. Nummer achtzehn war die letzte Tür links auf dem Gang, und sie öffnete sich bereits nach einem leichten Antippen.
      Das Zimmer lag im Dunkeln. Hagen zögerte einen Moment lang und lauschte. Es herrschte absolute Stille. Er beschloss, das Risiko einzugehen und ein Streichholz anzuzünden. Ein Mann saß mitten im Zimmer auf einem Stuhl, die Hände auf den Rücken gefesselt; er war völlig nackt. Hagen starrte wie hypnotisiert vor Entsetzen auf die vielen Einstiche und Schnitte, die den ganzen Körper bedeckten. Sein Blick wanderte etwas tiefer, und ihm wurde beinahe übel bei dem grauenvollen Anblick, der sich ihm bot. Er hörte Rose hinter sich ins Zimmer kommen, aber gerade als er sich umdrehte, um sie zurückzuhalten, rief sie schon: »Tewak!«, und fing an zu schreien. In diesem Moment versengte die Flamme Hagens Fingerspitzen. Er ließ das Streichholz fallen, und das Zimmer lag wieder im Dunkeln. Rose taumelte halb ohnmächtig in seine Arme, und er führte sie schnell aus dem Zimmer. Eine Zeit lang hielt er sie fest an sich gedrückt und sagte schließlich: »Geht's wieder?«
      Sie richtete sich auf. »Ja, es geht schon wieder. Wirklich. Es war nur der Schock.«
      »Braves Mädchen.« Er gab ihr die Pistole. »Ich nehm an, du weißt, wie das Ding funktioniert. Die Waffe ist entsichert. Wenn dir jemand zu nahe kommt, drückst du einfach ab. Ich bin gleich wieder da.«
      Er ging ins Zimmer zurück, schloss die Tür hinter sich und zündete noch ein Streichholz an. Die Augen des Toten, die so verdreht waren, dass man nur noch das Weiße sehen konnte, spiegelten auf grausige Weise den Lichtschein wider. Hagen ging ans Fenster, riss die Decke herunter, die als Vorhang diente, und begann, das Zimmer zu inspizieren.
      Es war nicht besonders angenehm, sich in dieser makabren Szenerie zu bewegen, aber er musste herausfinden, ob irgendein Indiz zurückgeblieben war.
      Außer dem eisernen Bettgestell und dem Stuhl stand noch ein Schrank in dem Zimmer, doch er enthielt nur einige alte Kleidungsstücke, die frühere Bewohner zurückgelassen hatten. Hagen überwand sich schließlich dazu, die Leiche näher zu betrachten. In jedem Land der westlichen Welt hätte man diesen Mord als das Werk eines Verrückten bezeichnet, aber Hagen kannte die Eigenheiten der asiatischen Mentalität und ihre grausame Verachtung des menschlichen Lebens. Die Mörder hatten unbedingt Informationen haben wollen, und Folter war für sie das geeignete Mittel, dem verstockten Vermittler dieser Informationen die Zunge zu lösen. Anscheinend hatten sie Tewak aus unbändiger Wut so abscheulich verstümmelt, als er bereits tot war. Hagen kam zu dem Schluss, dass Tewak sich geweigert hatte zu reden. Ihm wurde klar, warum es im ganzen Haus so unnatürlich still war. Bei dem Seeleuten eigenen sechsten Sinn für Unannehmlichkeiten hatten sich wahrscheinlich alle verdrückt und das Haus schnell verlassen. Er öffnete die Tür, schaute sich ein letztes Mal um und ging hinaus.
      Rose bemühte sich zu lächeln, sah aber eher todunglücklich aus. Hagen nahm ihr die Waffe aus der Hand und steckte sie in die Tasche. »Du brauchst jetzt eine Stärkung«, entschied er, nahm ihren Arm und verließ mit ihr die Stätte des Grauens. Er führte sie in eine kleine Kneipe, die er gut kannte. Sie saßen in
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