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Das Dunkel der Lagune

Das Dunkel der Lagune

Titel: Das Dunkel der Lagune
Autoren: Jack Higgins
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beste Hotel in Macao, und er fluchte innerlich, als er an den weiten Weg dachte, der nun vor ihm lag.
      »Ob ich ein Taxi bekommen kann?«, fragte sie mit klarer, glockenheller Stimme.
      Er lachte kurz auf. »In dieser Gegend von Macao, um diese Zeit? Sie kennen diese Stadt nicht. Kleines.«
      Sie runzelte die Stirn. Im nächsten Moment griff sie nach seinem Arm. »Aber Sie sind ja verletzt! Sie haben Blut am Ärmel!«
      Hagen unterdrückte einen Fluch, denn die plötzliche Berührung verursachte einen stechenden Schmerz, der ihm durch Mark und Bein ging.
      »Keine Aufregung«, brummte er und trat ins Licht der Straßenlampe, um die Wunde näher zu untersuchen. In seiner Jacke war ein hässlicher, blutbefleckter Schlitz. Er hatte eine Schnittwunde abbekommen, die zwar nicht sehr tief ging, aber doch recht schmerzhaft war.
      »Ist es sehr schlimm?«, erkundigte sich das Mädchen besorgt.
      Hagen zuckte mit den Achseln. »Nicht so schlimm. Tut aber höllisch weh.«
      Sie nahm ihm das Taschentuch aus der Hand und band es vorsichtig um seinen Arm. »Hilft das ein wenig?«
      Als er nickte und nach unten schaute, entdeckte er, dass ihr Kleid arg zerrissen war. Sie hatte den vergeblichen Versuch unternommen, es zusammenzustecken, aber es entsprach trotzdem kaum mehr den üblichen Vorstellungen von damenhafter Kleidung. Spontan traf er seine Entscheidung. »Es gibt nur eine Möglichkeit, dich in dein Hotel zurückzubringen: Wir müssen zu Fuß gehen.« Sie nickte mit ernster Miene, und er fügte hinzu: »Aber erst gehen wir bei mir vorbei. Dann kannst du mir den Arm richtig verbinden, und ich kann dir einen Mantel oder irgendwas anderes zum Drüberziehen geben.«
      Mit einer Kopfbewegung wies er auf das Oberteil ihres Kleides. Sie schien zu erröten und erwiderte gefasst: »Das wird wohl das Beste sein. – Wir sollten uns aber beeilen. Das Taschentuch ist wirklich nicht als Verband geeignet.«
      Hagen war überrascht, wie vorbehaltlos sie seinen Vorschlag angenommen hatte. Für ein junges Mädchen, das gerade ein schlimmes Erlebnis hinter sich hatte, schien sie davon erstaunlich wenig betroffen zu sein.
      Seine Pension war nur fünfhundert Meter entfernt. Als sie sich ihr näherten, fühlte Hagen sich plötzlich unbehaglich. Als er dem Mädchen die Tür aufhielt, dachte er verbittert, dass die Pension genau nach dem aussah, was sie auch war: eine Absteige. Aus der kleinen Halle schlug ihnen heiße, verbrauchte Luft entgegen, und ein vorsintflutartiger Ventilator, der kaum einen Luftzug bewirkte, quietschte langsam und wirkungslos über ihren Köpfen.
      Der chinesische Nachtportier schlief an seinem Schaltertisch, den Kopf in die Hände gestützt. Hagen machte dem Mädchen ein Zeichen, leise zu sein. Doch nach dem halben Weg durch die Halle ertönte ein diskretes Hüsteln hinter ihnen. Hagen drehte sich müde um.
      Der Nachtportier war jetzt ganz wach und lächelte entschuldigend. Hagen griff in seine Jackentasche, aber dann fiel ihm ein, dass er pleite war.
      »Hast du eine Pataca?«, fragte er seine Begleiterin.
      Sie schaute ihn verdutzt an. »Ich bin abgebrannt, pleite und brauche eine Pataca.«
      Er wies vielsagend auf das fliegenverdreckte Schild an der Wand: Damenbesuch im Obergeschoss nicht gestattet. »Sie sehen es hier lieber, wenn man ihre Vermittlungsdienste in Anspruch nimmt, musst du wissen.«
      Diesmal sah er sie in hellerem Licht, und sie errötete tatsächlich. Sie griff in ihre Handtasche und gab ihm einen Straits Dollar. Er warf ihn dem Portier zu, und sie gingen die wacklige Treppe hinauf.
      Hagen schämte sich für sein Zimmer noch mehr als für die Pension. Es sah aus wie ein Schweinestall und roch auch ganz danach. Die leeren Ginflaschen in der einen Ecke und die schmutzige Wäsche in der anderen boten zusammen mit dem ungemachten Bett einen nicht gerade erhabenen Anblick. Das Mädchen schien das alles nicht zu bemerken. »Haben Sie Verbandszeug?«
      Er stöberte unter dem Bett und fand schließlich den ErsteHilfe-Kasten, den er aus seinem Kutter gerettet hatte. Sie führte ihn ins Badezimmer und forderte ihn auf, den Oberkörper freizumachen.
      Sie wusch vorsichtig das geronnene Blut ab und blickte ihn besorgt an. »Das muss genäht werden.«
      Er schüttelte den Kopf. »Bei mir heilt das schnell.«
      Sie lächelte und zeigte auf seine zahlreichen Narben auf
    Brust und Bauch. »Sieht so aus.«
      Hagen grinste. »Kriegsandenken.
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