Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Dornröschen-Projekt - Krimi

Das Dornröschen-Projekt - Krimi

Titel: Das Dornröschen-Projekt - Krimi
Autoren: Random House
Vom Netzwerk:
Dornröschen umgerannt, die im Halbdunkel die Treppe hinaufschlich. »Ich komme gleich wieder, Twiggy kocht mit dir, und dann wird es ernst. Zieh dich warm an. Kannst ja schon mal was ernten.«
    Dornröschen öffnete den Mund, sagte aber nichts, sondern schüttelte den Kopf und schlich weiter nach oben. Doch dann rief sie hinunter: »Ihr habt wieder das Küchenlicht angelassen gestern Nacht. Wir dürfen dem Scheißstrommonopolisten nichts schenken, wann begreift ihr das endlich?«
    Matti hörte es gerade noch, dann schwang er sich aufs Rad, strampelte im Eiltempo zur Taxigarage und kam verschwitzt dort an. Er ging ins Büro, Ülcan blätterte in Papieren herum und schaute ihn fragend an.
    »Hab was vergessen«, sagte Matti, nahm den Schlüssel vom Brett, ging hinaus zum Wagen, steckte die DVD in die Aktentasche, öffnete zur Ablenkung den Kofferraum, nahm seine wärmere Reservejacke heraus, zog sie über die Jacke, die er trug, und kehrte zurück ins Büro, um den Schlüssel aufzuhängen, was Ülcan mit einem leeren Blick registrierte, um sich dann wieder seinem Papierkram zu widmen. Als Matti aufs Fahrrad stieg, kam gerade Aldi-Klaus mit seinem Ziegenbart angetrabt, um die Nachtschicht anzutreten.
    Als Matti die Wohnungstür aufschloss, hörte er die Musik und roch das Abendessen. Freitagabends aßen sie zusammen Ravioli à la Dornröschen, damit hatten sie während des Studiums angefangen, und es konnte keinen Zweifel geben, dass sie diese Tradition bis zu ihrem Ableben oder dem Weltuntergang fortsetzen würden, je nachdem, was zuerst eintrat. Twiggy hatte wie immer die beiden Dosen geöffnet. Dornröschen trug wie fast immer ein dunkelrotes Seidenkleid, die Haare rot gefärbt, die Originalfarbe war längst in Vergessenheit geraten, auf der Nase eine leichte silbrige Brille mit runden Gläsern, in der einen Hand ein Glas Sherry extra dry, in der anderen den Kochlöffel, mit dem sie die Tiefkühlkräuter in der Raviolisoße verrührte. Im Gettoblaster auf dem Küchenschrank flüsterte, rief oder weinte der Wind Mary, je nach Stimmung. Matti entschied sich fürs Rufen und goss sich ein Glas italienischen Rotwein ein, den Twiggy besorgt hatte.
    »Brauchen wir eine Espressomaschine?«, fragte Twiggy. Er saß mit einer Flasche Bier am gedeckten Tisch.
    Dornröschen und Matti schauten sich kurz an, Dornröschens grüne Augen schimmerten freudig. »Klar«, sagte Matti. »Können wir uns das leisten?«
    Twiggy nickte, und Dornröschen strahlte.
    Twiggy hatte viele Freunde, wie er gern andeutete, und es kamen immer neue dazu, die erstaunliche Fähigkeiten besaßen oder Quellen kannten, von denen man Dinge beziehen konnte, die sonst teuer oder gar nicht zu haben waren. Matti hatte noch nie einen von Twiggys Kumpels gesehen. Eine Zeit lang hatte Twiggy mit Software gehandelt, bis es ihm zu heiß wurde. Dann vertrieb er DVD s, später Restposten französischer oder italienischer Weine, Feinschmeckerspezialitäten in Dosen oder Sanitärware aus Taiwan. Der Gettoblaster auf dem Küchenschrank stammte von einem Deal, genauso die Computer der drei WG -Bewohner, der Staubsauger und die Kaffeemaschine. Oft verschwand Twiggy für eine Nacht oder auch länger. Keiner fragte ihn, wohin, nachdem er einmal laut geworden war und sich jede Neugier verbeten hatte. Niemand hatte seitdem Twiggy noch mal schreien gehört, umso wirksamer war der Nachhall. Matti und Dornröschen hatten keine Ahnung, was Twiggy trieb auf seinen nächtlichen Ausflügen.
    Dornröschen hörte plötzlich auf zu rühren, der Kochlöffel blieb im Topf stecken, als hätte man eine Küchenmaschine plötzlich ausgeschaltet. Ihr blasses Gesicht wurde noch blasser, ihre Augen weiteten sich, ihre glatte Stirn zeigte Falten, und ihre Hand wanderte zum Unterleib. Sie begann zu tasten, während sie die anderen anstarrte. Matti stand auf. Er übernahm das Rühren, während Dornröschen zur Seite glitt. Ihre vom Kochlöffel befreite Hand bedeckte den schmalen Mund mit den dünnen Lippen. Dann setzte sie sich auf Mattis Küchenstuhl und stützte das Gesicht in die Hände. Robbi maunzte.
    »Ich habe Krebs«, hauchte sie.
    Twiggy setzte Robbi auf den Boden, erhob sich, öffnete den Kühlschrank, holte die Flasche Doppelkorn aus dem Tiefkühlfach, nahm ein Wasserglas aus dem Schrank und goss es halb voll. Er stellte es vor Dornröschen, etwas schwappte auf die Tischplatte. »Trink das!« Dornröschen nippte, dann stellte sie das Glas weg. Matti, der sich zum Tisch gewandt hatte, nahm
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher