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Das Dornröschen-Projekt - Krimi

Das Dornröschen-Projekt - Krimi

Titel: Das Dornröschen-Projekt - Krimi
Autoren: Random House
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aufwachte und Lily noch schlief, das Gesicht ihm halb zugewandt, so friedlich. Und wie sie allmählich die Augen öffnete, ihn sah und lächelte. So konnte sie auch sein. Vielleicht war sie so, Matti glaubte es jedenfalls, und alles andere war nur Theater, weil sie sich selbst nicht aushielt, wenn sie friedlich war. Was ging in ihrem Schädel vor? Er hatte Lily nie verstanden, und er hatte es wirklich versucht. Er wusste von Anfang an, er würde sie verlieren, wenn er sie nicht verstand. Jetzt erinnerte er sich gut seiner Angst, die von Anfang an dabei gewesen war.
    »Dann ruf sie an«, sagte Dornröschen. »Aber zieh nicht wieder aus wegen ihr.« Sie gähnte.
    »Sie ist in so ’ner Kapitalistenkanzlei am Ku’damm. Rechtsverdreherin.« Matti trocknete sich mit dem Geschirrtuch die Hände und setzte sich an den Tisch.
    »Ach, du Scheiße!«, sagte Twiggy. »Und die hat sich damals von niemandem links überholen lassen. Lily, ich lach mich schlapp. Dornröschen, weißt du noch, wie die in den Kampf zog gegen die Bullen? In der rechten Vorderflosse einen Molli, in der linken eine rote Fahne …«
    »Von links unten nach rechts oben«, sagte Dornröschen spitz. »Aber da gibt es prominentere Beispiele. Man nennt das heutzutage eine interessante Biografie.« Sie wandte sich an Matti. »Warum sagst du nichts? Du weißt doch sonst immer alles besser.«
    »Ich weiß gar nichts«, sagte Matti.
    »Es hat ihn wieder gepackt!« Twiggy grinste dreckig. »Kannst ja mal einen Besuch am Ku’damm machen. Frau Rechtsanwältin besuchen im Marmorpalast der Paragrafenknechte. Ach, wie romantisch.« Er lachte.
    Matti zeigte ihm den Mittelfinger.
    Dornröschen zündete den Joint an, ein süßlicher Geruch legte sich über den Tabakqualm. Sie zog kräftig, der Joint glühte, sie hielt den Rauch lange in der Lunge. Dann blies sie langsam den Qualm aus und gab die Riesenzigarette an Twiggy weiter. Der zog einmal kräftig und reichte sie Matti. Der zögerte, weil ihm ein Bild aufschien, das Lily beim Haschen zeigte, dann nahm er auch einen Zug. Twiggy zog die Tischschublade auf und holte das Kartenspiel heraus. Er schloss die Schublade und legte es auf den Tisch.
    »Wer gibt?«, fragte er wie immer.
    »Der, der so blöd fragt«, erwiderte Dornröschen wie immer.
    Twiggy mischte, ließ Matti abheben und teilte aus.
    Und Matti fiel ein, wie Lily ihn einmal in der WG in der Sonnenallee besucht hatte und sie alle Canasta gespielt hatten. Damals hatte, was sonst, Dornröschen sie abgezockt, im Halbschlaf. Und Lily war ein wenig beleidigt gewesen. Nur kurz, aber unübersehbar maulig. Sie hatten in den Jahren danach, als Twiggy, Matti und Dornröschen übrig geblieben waren, versucht, ein Spiel zu finden, das ihre intellektuellen Fähigkeiten ausreizte und in dem trotzdem nicht immer Dornröschen gewann. Sie hatten es mit Skat versucht, aber Dornröschen gewann locker auch ein Grand ohne vier, beim Doppelkopf hatte sie ein Abo auf die Herz-Zehn und die beiden Kreuz-Damen, und beim Canasta zog sie grundsätzlich, was sie brauchte, um schnurstracks abzulegen. Und dabei gähnte sie fortwährend, was die anderen in ihrem Elend als übelste Provokation empfanden. Beim Mau-Mau schließlich hatte vor einigen Jahren, in irgendeinen Kalender hatte Twiggy es eingetragen, Matti mal die Fünferrunde, wie sie ihr System fälschlich nannten, gewonnen, und seitdem waren er und Twiggy überzeugt, dass sie Dornröschen irgendwann doch noch fertigmachen würden. Rein statistisch gesehen.
    Dornröschen sortierte ihre Karten sorgfältig in einem Fächer. Die anderen beiden brauchten dazu nicht so lange. Twiggy deckte die erste Karte des Stapels auf, es war eine Pik-Sieben, und Matti musste zwei Karten ziehen und aussetzen. Dornröschen legte eine Pik-Acht auf den Stapel, und Twiggy setzte aus. Matti fand keine passende Karte, sondern zog eine. Dornröschen zog ebenfalls eine Karte und steckte sie in den Fächer, um eine andere herauszuholen, ein Pik-Ass. Twiggy musste wieder aussetzen, er schnaubte, Schweißperlen traten auf seine Stirn. Dornröschen blieb ungerührt.
    Es dauerte keine halbe Stunde, bis sie drei Spiele hintereinander gewonnen hatte. Manchmal kam es vor, dass Matti oder Twiggy als Erste ablegen konnten, doch am Ende hatte Dornröschen immer zuerst die drei Spiele in der Tasche, abgesehen von dem einen großen Tag, wie die beiden Männer ihn nannten, was Dornröschen aber souverän überhörte.
    Twiggy war sauer und trank eine Flasche Bier in einem Zug
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