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Das Dorf in den Lüften

Das Dorf in den Lüften

Titel: Das Dorf in den Lüften
Autoren: Jules Verne
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erschienen und ihn ersuchten, sie nach dem Congogebiete heimkehren zu lassen?
    »Ich kann es nicht glauben, meinte Max Huber, und was wir zu thun haben, liegt klar zu Tage. Es ist sehr möglich, daß unsere Anwesenheit dem Doctor-Könige verheimlicht worden ist. Ich nehme sogar, obgleich das recht unwahrscheinlich ist, an, daß er uns bei der Feierlichkeit inmitten der Zuschauermenge gar nicht bemerkt hat. Das ist aber ein weiterer Grund, in seine königliche Wohnung Zutritt zu erzwingen.
    – Wann denn? fragte John Cort.
    – Noch heut’ Abend; und da er ein von seinem Volke hochverehrter Herrscher ist, wird sein Volk ihm gehorchen, und wenn er uns die Freiheit geschenkt hat, wird man uns mit den Seiner wagddiischen Majestät gleichen Wesen zukommenden Ehren bis an die Grenze begleiten.
    – Doch wenn er es abschlägt?…
    – Warum sollte er unseren Wunsch abschlagen?
    – Weiß man das, lieber Max? rief John Cort lachend. Vielleicht aus diplomatischen Erwägungen…
    – Nun, wenn er es abschlägt, erklärte Max Huber erregt, werd’ ich ihm ins Gesicht sagen, daß er eben höchstens würdig sei, über die niedrigst stehenden Makaken zu herrschen und daß er noch weit unter seinen Unterthanen stehe!«
    Von mehr phantastischen Nebendingen abgesehen, war dieser Vorschlag wohl der Erwägung werth.
    Die Gelegenheit schien besonders günstig zu sein. Wenn das Fest mit der Nacht zu Ende ging, so dauerte ja wenigstens der Zustand der Trunkenheit fort, in den die gesammte Dorfbevölkerung gerathen war. Diesen Umstand galt es doch auszunützen, zumal da es wahrscheinlich lange dauerte, ehe er sich wiederholte. Die halb berauschten Wagddis waren dann jedenfalls zum Theil in ihren Strohhütten eingeschlafen, zum Theil mochten sie sich weit in den Wald hinein zerstreut haben. Selbst die Krieger hatten dadurch, daß sie sinnlos tranken, ihre Uniform nicht zu entehren gefürchtet. Die königliche Wohnung würde deshalb also weniger sorgsam überwacht, und es konnte nicht schwer sein, bis zum Zimmer Mselo-Tala-Talas vorzudringen.
    Dieser, auch von Khamis, dem allzeit weisen Berather, gebilligte Plan sollte also ausgeführt werden, und man wartete dazu nur die Nacht ab, wo im Dorfe allgemeine Trunkenheit herrschen mußte. Natürlich war Kollo, dem man erlaubt hatte, den Festlichkeiten beizuwohnen, noch nicht zurückgekehrt.
    Gegen neun Uhr verließen Max Huber, John Cort, Llanga und der Foreloper ihre Hütte.
    Ngala, das keinerlei öffentliche Beleuchtung hatte, lag in tiefem Dunkel. Die harzigen Fackeln, die zwischen den Baumkronen leuchteten, waren dem Erlöschen nahe. In der Umgebung Ngalas wie unter diesem summte noch ein verworrener Lärm, meist an der der Wohnstätte des Doctor Johausen entgegengesetzten Seite.
    John Cort, Max Huber und Khamis hatten in der Voraussicht, noch heute Nacht mit oder ohne Zustimmung Seiner Majestät zu entfliehen, schon ihre Gewehre mitgenommen und ihre Taschen mit allen in dem Kasten noch vorhandenen Patronen gefüllt. Ueberraschte man sie, so konnte es ja nothwendig werden, die Feuerwaffen mitreden zu lassen… eine Sprache, die die Wagddis offenbar noch nicht kannten.
    So gingen alle vier zwischen den meist leerstehenden Hütten dahin. Auf dem Platze angekommen, zeigte er sich völlig leer und in Dunkel gehüllt.
    Nur aus dem Fenster der Wohnung des Souveräns drang ein schwacher Lichtschein.
    »Hier ist niemand,« flüsterte John Cort.
    In der That war kein lebendes Wesen zu entdecken, nicht einmal vor der Wohnung Mselo-Tala-Talas.
    Raggi und seine Krieger hatten ihren Posten verlassen; diese Nacht war der Herrscher also nicht gut bewacht.
    Immerhin konnten sich in der Nähe Seiner Majestät einige »dienstthuende Kammerherren« aufhalten, deren Wachsamkeit wohl nicht so leicht zu täuschen war.
    Wie dem auch sein mochte, Khamis und seinen Gefährten erschien die Gelegenheit gar zu verlockend. Durch glücklichen Zufall waren sie schon völlig unbemerkt bis an die Königswohnung gekommen, und jetzt wollten sie auf jeden Fall hineindringen.
    Auf den Aesten hinkletternd, konnte Llanga bis an die Thür gelangen und sich von oben aus überzeugen, daß man diese nur aufzustoßen brauche, um ungehindert einzutreten.
    John Cort, Max Huber und Khamis gingen sofort darauf zu. Vor dem Eintreten legten sie einige Minuten das Ohr an die Wand, um zu lauschen und sich im Nothfalle noch zurückziehen zu können.
    Weder drin noch draußen ließ sich das geringste hören.
    Da überschritt Max Huber als der
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