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Das Diamantenmädchen (German Edition)

Das Diamantenmädchen (German Edition)

Titel: Das Diamantenmädchen (German Edition)
Autoren: Ewald Arenz
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Theaters waren über dem kleinen Zierbalkon die großen Fenster geöffnet, und man sah einige Polizisten, von denen zwei Wache standen, während die anderen mit Zeugen redeten. Es regnete jetzt so stark, dass die Dachrinnen das Wasser nicht mehr fassen konnten und es an den Fassaden herunterlief.
    »Auf!«, sagte Togotzes, und die beiden rannten vor der wütend klingelnden Straßenbahn in langen Schritten durch knöcheltiefe Pfützen hinüber.
    »Du gehst doch sonst nie ins Theater!«, sagte Schambacher boshaft zu seinem Partner, als sie die Treppen in den ersten Stock hochstiegen und dabei das Wasser aus den Mänteln schüttelten.
    »Ja«, gab Togotzes grinsend zu, »bis eben war ich kulturell gesehen Jungfrau.«
    Schambacher grinste auch. Es war ein Spiel zwischen ihnen. Togotzes gab gerne den schnoddrigen Polizeikommissar, den muskulösen Turner, der von den feineren Dingen des Lebens nichts wissen wollte. Schambacher dagegen rauchte sein Pfeifchen und markierte den kleinen Doktor. Tatsächlich hatten sie beide nach dem Krieg studiert, und Schambacher war trotz seines Doktortitels nicht viel weniger sportlich als Togotzes. Aber die Aufteilung hatte sich bewährt, nicht zuletzt bei Vernehmungen. Sie waren im ersten Stock angekommen. Es war auch hier kühl, weil ja die Fenster alle offen standen. Zwei Meter vor den Fenstern hatten die Schupos ein Handseil gespannt. Die Kommissare stiegen darüber, und Schambacher grüßte einen der Schupos, den er näher kannte, mit Namen. Dann traten sie an die Fenster. Draußen, auf dem Zierbalkon, der vielleicht anderthalb Meter breit war, lag der Tote mit dem Gesicht nach unten. Er hatte einen Smoking an, aber die Strümpfe, die man sehen konnte, weil die Hosenbeine nach oben gerutscht waren, leuchteten selbst durch das trübe Wetter hellblau. Daneben trug er auch Glacéhandschuhe. Es wirkte alles sehr sauber, aber das lag daran, dass irgendwo am Dach wohl ein Regenrohr gebrochen sein musste. Ein fast armdicker Wasserstrahl pladderte auf den Rücken des Toten her-
ab. Durch die steinerne Balustrade triefte das Wasser auf die Markise über dem Theatereingang. Schambacher hob die Augenbrauen und Togotzes zuckte wütend mit den Achseln, als sich ihre Blicke trafen. Togotzes drehte sich um und rief die Schupos zu sich.
    »Wer war als Erster hier?«, fragte er schneidend.
    Zögernd meldete sich ein untersetzter Polizist mit seinem Tschako unter dem Arm.
    »Was ist das?«, herrschte ihn Togotzes an und zeigte auf den Wasserstrahl. Der Schupo folgte seinem Arm und verstand erst nach einem Augenblick, was Togotzes meinte.
    »Kriminalrat Gennat hat uns schon tausendmal erklärt, dass wir Schupos am Tatort nichts anrühren dürfen!«, verteidigte er sich trotzig. »Nicht das Geringste!«
    Togotzes drehte die Augen zum Himmel und rief:
    »Na, aber ihr sollt die Toten auch nicht ins Brausebad stecken! Hättet ihr nicht wenigstens einen Schirm aufspannen können? Wenn da irgendwann mal Spuren da waren, dann haben die sich jetzt wahrscheinlich über den ganzen Nollendorfplatz verteilt. Großartig!«
    Er drehte sich um und stieg auf das niedrige Fensterbrett. Schambacher folgte ihm mit seinem aufgespannten Schirm über das andere Fenster und dann standen sie draußen im strömenden Regen neben dem Toten. Jetzt erschien auch ein weiterer, großer, schwarzer Schirm, der von einem der Schupos schuldbewusst und linkisch nach draußen über die Leiche gehalten wurde.
    »Det is ja ’n Nejer!«, sagte Togotzes überrascht. In der Tat. Der Mann, der dort im Regen lag, war schwarz. Das war ungewöhnlich. Das hatten sie noch nicht gehabt. Schambacher blieb stehen und versuchte, sich alles genau einzuprägen. Er machte das immer, auch wenn photographiert wurde. Er hatte dann einfach ein besseres Bild vom Fundort. Togotzes dagegen kniete schon in den Pfützen und suchte nach einer Spur, die der Täter vielleicht hinterlassen hatte. Rund um den Hinterkopf des Opfers lag auf dem Stein des Balkons noch ein Hauch von Rosa, wo das Blut aus der Schusswunde fortgespült worden war. Der Polizeiphotograph war jetzt auch da, beugte sich aus dem Fenster und photographierte. Der Blitz ließ die Konturen des Toten in Schambachers Augen nachleuchten.
    »Wenn Sie ordentliche Bilder wollen, werden Sie sich herausbemühen müssen!«, bemerkte er boshaft lächelnd.
    »Das ist eine Hasselblad«, sagte Müller und deutete auf seine Kamera, »und ich weiß nicht, ob es Ihnen aufgefallen ist, dass es regnet. Zahlen Sie mir
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