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Das Diamantenmädchen (German Edition)

Das Diamantenmädchen (German Edition)

Titel: Das Diamantenmädchen (German Edition)
Autoren: Ewald Arenz
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»mein bester Freund Wilhelm. Ich habe ihn zuerst gar nicht erkannt. Und Sie wissen es ja jetzt«, sagte er womöglich noch bitterer, »ich schuldete ihm etwas. Das … das hat er sehr deutlich gemacht.«
    »Hat er Sie gezwungen?«, fragte Togotzes scharf nach.
    Paul hob die Schultern.
    »Nicht mit einer Waffe«, sagte er resigniert. »Aber er hat mir angedroht, dass er sich Lilli zeigen würde. Und ihr erzählen will, wer schuld an seinem Gesicht ist. Da sind wir dann rüber, haben die Leiche in mein Auto gepackt und zum Nollendorfplatz gefahren. Und als es endlich leer war im Theater, haben wir sie hochgetragen und auf den Balkon gelegt.« Er zuckte die Achseln. »Fragen Sie mich nicht, warum. Wilhelm war schon immer so. Ein bisschen verrückt. Tollkühn. Vielleicht sollte es so was wie eine Kriegserklärung an die anderen sein. Die Heilen. Die Gesunden.«
    Togotzes machte sich Notizen. Schambacher sah, dass er van der Laan nicht recht glaubte. Aber er hatte Kornfeld auch nicht erlebt, wie er in der Kirche gewesen war. Er stand unvermittelt auf.
    »Es ist gut, Herr van der Laan, Sie können gehen. Sie kommen morgen noch einmal zur Unterschrift vorbei. Dann machen wir noch ein paar Ergänzungen.«
    Paul van der Laan erhob sich. Schambacher stand ihm gegenüber. Sie sahen sich kurz in die Augen, und Schambacher war sich im Klaren, dass van der Laan wusste, dass zwischen ihm und Lilli etwas gewesen war. Schambacher streckte impulsiv die Hand aus.
    »Gute Nacht, Herr van der Laan«, sagte er ruhig.
    Paul van der Laan zögerte eine Sekunde, dann nahm er sie.
    »Gute Nacht, Herr Kommissar«, sagte er.

32
    Lilli hatte nach ihrer Vernehmung auf Paul gewartet. Sie hatte nicht einfach so nach Hause gehen können. Schambacher hatte sie im Vorzimmer Platz nehmen lassen und sie dabei nicht angesehen. Lilli war froh gewesen. Sie hätte nicht gewusst, was sie hätte sagen sollen. Und dann war an diesem einen Tag so viel geschehen. Aus dem Vorzimmer hatte sie Gesprächsfetzen gehört und das leise Klappern der Schreibmaschine, wenn die Sekretärin ihre Notizen übertrug. Die Aktenschränke sahen düster und wuchtig aus. Sie fühlte sich erschöpft und immer noch etwas zittrig, so, als wäre sie stundenlang gerannt. Sie kramte das Zigarettenetui aus der Handtasche und suchte nach Zündhölzern, aber sie hatte keine. In diesem Augenblick kam von Schubert herein. Abgesehen davon, dass er noch etwas bleich war, hatte er sich wieder gut in der Hand. Er zückte ein Feuerzeug, ließ es aufschnappen und gab Lilli Feuer.
    »Was für ein Abenteuer, nicht wahr?«, sagte er mit einem halben Lächeln, und das Feuerzeug schnappte klickend zu. Lilli, die sich eben bedanken wollte, hielt inne und sah ihn ungläubig an.
    »Abenteuer? Für Sie ist das ein Abenteuer, ja?«
    Von Schubert zuckte die Achseln.
    »Es ist leichter, wenn man es so betrachtet«, sagte er dann, »ich weiß, Sie sind eine Frau. Für Sie ist das natürlich etwas anderes.«
    Lilli sah ihn wütend an.
    »Herr von Schubert«, sagte sie kalt, »mag sein, dass ich eine Frau bin und es mir etwas ausmacht, wenn Leute erschossen werden. Noch dazu von meinem Bruder, von dem ich bis heute dachte, er sei tot. Sie sind ja an derlei Dinge gewöhnt. Aber lassen Sie mich doch mal fragen: Haben Sie gedient?«
    Von Schuberts Lächeln war fort.
    »Selbstverständlich habe ich gedient, Fräulein Kornfeld. Ich …«
    Er kam nicht weiter. Lilli unterbrach ihn wütend.
    »Gedient! In irgendeinem Garderegiment. Im Krieg sind Sie nicht gewesen. An der Front waren Sie nicht. Und dann kommen Sie und sagen mir, das sei alles ein großartiges Abenteuer?«
    Von Schubert versuchte noch einmal, sie zu beschwichtigen.
    »Fräulein Kornfeld, das war doch nur so dahin gesagt, ich wollte nicht andeuten, dass …«
    Wieder unterbrach ihn Lilli. Sie wurde nicht laut, aber ihre Stimme war jetzt kehlig und tief vor Wut.
    »Sie haben mit uns gespielt, Herr von Schubert. Gespielt. Sie haben meinem Bruder befohlen, M’banga zu töten, oder? Weil Sie Angst hatten, dass diese Diamantengeschichte ans Licht kommt. Dass die Reichsregierung krumme Geschäfte macht, dass die Reichsregierung mit Diebesgut hehlt!«
    Von Schubert wurde kühl und unnahbar.
    »Fräulein Kornfeld«, sagte er mit leiser Arroganz, »ich fürchte, Sie haben keine Ahnung von Politik. Hier in Berlin stecken jede Woche zwei oder drei alte Frauen ihren Kopf in den Herd und drehen das Gas auf. Weil wir keine Renten zahlen können. Sie meinen, wir
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