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Das Diamantenmädchen (German Edition)

Das Diamantenmädchen (German Edition)

Titel: Das Diamantenmädchen (German Edition)
Autoren: Ewald Arenz
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»das sind Sie doch, oder? Nehmen Sie die Diamanten und gehen Sie. Nehmen Sie sie einfach und gehen Sie.«
    Schambacher hatte den Mann mit der Waffe zunächst nur schemenhaft gesehen, aber jetzt hatten sich seine Augen an die Dunkelheit gewöhnt, und er nahm wahr, dass der Mann grauenvoll entstellt war.
    »Sind Sie Wilhelm Kronacher?«, rief er. »Oder Wilhelm Kornfeld?«
    »Legen Sie jetzt die Waffe weg!«, sagte Wilhelm mit so tiefer Stimme, dass man es kaum verstehen konnte. »Oder ich erschieße den Staatssekretär auf der Stelle.«
    Neben Schambacher stöhnte einer der beiden Schupos vor Schmerzen.
    »O Gott«, keuchte er gepresst und voller Angst immer und immer wieder, »o Gott!« Sonst nichts.
    »Das Überfallkommando ist in acht Minuten da«, sagte Schambacher, »Sie haben keine Chance mehr zu entkommen, Kornfeld. Lilli«, wandte er sich dann an sie, »ist alles in Ordnung? Bist du verletzt?«
    Lilli schüttelte den Kopf. Wilhelm sah für einen Augenblick überrascht zwischen Lilli und Schambacher hin und her, und Schambacher merkte, dass er einen Fehler gemacht hatte.
    »Wilhelm«, flüsterte Lilli heiser vor Angst, »was … was machst du? Hör auf! Du hast doch schon die Diamanten!«
    »Ich kann nicht«, sagte Wilhelm nur, und dann: »Lilli. Komm her, bitte. Bitte.«
    Schambacher wusste nicht, ob er Lilli warnen sollte. Aber Paul van der Laan sagte schon:
    »Tu es nicht, Lilli … er ist … er ist nicht mehr derselbe. Er ist nicht mehr Wilhelm.«
    Von Schubert hielt sich ganz still. Er hatte noch immer die Pistole am Kopf. Lilli war plötzlich viel ruhiger geworden und ging nun tatsächlich ein paar Schritte zu Wilhelm hin. Es gab auf einmal eigentlich nur noch eins, das wichtig war.
    »Wilhelm«, fragte sie, als sie vor ihm stand, »hast du den Schwarzen umgebracht?«
    Wilhelm sah nur für den Bruchteil einer Sekunde zu ihr, dann hatte er wieder Schambacher und Paul im Blick.
    »Ich?«, fragte er voller Hohn. »Ich? Ich habe nur die Pistole bedient. Befehle befolgt. Ganz wie im Krieg. Umgebracht hat ihn der große Herr hier!«
    Er machte eine Kopfbewegung zu von Schubert hin.
    »Unsinn!«, sagte dieser. »Völliger Unsinn.«
    Von Schubert war sehr bleich, aber er hatte sich in der Gewalt.
    »Ach ja!«, schrie Wilhelm auf einmal los, schlug von Schubert mit dem Lauf grob über den Kopf, aber der ging nur kurz in die Knie und hielt sich dann die Stirn. Wilhelm presste die Pistole an sein Ohr. Wütend zischte er: »Kronacher, hieß es, wenn der Mann redet, wird es für uns alle unangenehm. Sorgen Sie dafür, dass er schweigt. War es nicht so? Bei dem Telephongespräch vor zehn Tagen, war es nicht so?«
    Von Schubert schüttelte trotz der Pistole den Kopf. Er blutete dort, wo Wilhelm ihn geschlagen hatte.
    »Natürlich sollte er schweigen«, sagte er rau, »aber doch nicht so! Sie hätten ihm Geld geben müssen!«
    »Ich?«, knirschte Wilhelm so wütend, dass man ihn kaum verstand. »Ich? Sie haben M’banga ein ums andere Mal vertröstet. Genauso wie mich. Das Diamantenschleifen dauert, haben Sie gesagt, wir können kein Bargeld auszahlen, wir müssen warten.«
    Lilli wusste nicht, was sie denken sollte, aber allmählich fing sie an zu verstehen. Sie war einen Schritt zurückgetreten, als Wilhelm von Schubert geschlagen hatte. Schambacher konnte nicht mehr schweigen.
    »Ist das so gewesen, Herr Staatssekretär?«, fragte er scharf.
    Wieder schüttelte von Schubert den Kopf.
    »Natürlich konnten wir kein Geld auszahlen. Aber ich habe niemals einen Befehl gegeben, ihn zu töten.«
    »Nein!«, sagte Wilhelm auf einmal gefährlich ruhig. »Natürlich nicht. Ihr befehlt nie. Ihr stellt uns an die Front und denkt, wir schießen dann schon, wenn wir angegriffen werden. Ihr da oben wart es nie. Ja«, sagte er dann zu Schambacher und zu Lilli, »ich habe ihn erschossen. Er hat nicht mit sich reden lassen. Er wollte Geld. Er dachte, ich hätte ihn betrogen. Wie immer. Der weiße Mann betrügt den Schwarzen um den Lohn. Wie in den alten Diamantengeschichten, nicht wahr, Paul?«
    Lilli sah zu Paul hin. Es war, als wären all ihre Gefühle eingefroren, als ob sie innerlich taub geworden wäre. Es war, als müsste nur noch alles zu irgendeinem Ende gebracht werden. Schambacher merkte, dass Kornfelds Aufmerksamkeit einen Augenblick nachließ. Er hob vorsichtig die Pistole. In einer locker fließenden Bewegung, die überhaupt nicht zu dem starren Gesicht passte, gab Wilhelm von Schubert überraschend frei und nahm Lilli
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