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Das Dekameron

Das Dekameron

Titel: Das Dekameron
Autoren: Giovanni Boccacio
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sagen gehört hatte, daß dergleichen möglich und schon öfter geschehen sei, fing er an sich zu trösten und bat jenen dringend, die notwendigen Schritte zu unternehmen. Saladin gebot einem seiner Nekromanten, dessen Kunst er schon erprobt hatte, Mittel zu finden, wie Herr Torello auf seinem Bett in einer Nacht nach Pavia geschafft werden könnte. Der Nekromant erwiderte ihm, daß dies geschehen solle, allein daß er ihn zu seinem eigenen Besten zuvor in Schlaf bringen müsse. Als dies nun angeordnet war, kehrte Saladin zu Herrn Torello zurück, den er völlig entschlossen fand, zur bestimmten Frist in Pavia sein zu wollen, wenn dies irgend möglich wäre, wenn es aber nicht sein könnte, zu sterben.
    »Herr Torello«, sprach er zu ihm, »wenn Ihr Eure Gattin so zärtlich liebt und fürchtet, daß sie eines ändern werde, so weiß es Gott, daß ich Euch auf keine Weise deshalb zu tadeln wüßte; denn von allen Frauen, die ich je sah, ist sie es, wie ich meine, deren Sitten, Wesen und ganzes Betragen mir, abgesehen von der Schönheit, die eine schnell vergängliche Blume ist, am meisten Lob und Preis zu verdienen scheinen. Freilich wäre es mir sehr lieb gewesen, wenn wir, da Euch ein günstiges Geschick hierhergeführt hatte, die Zeit, die wir beide noch zu leben haben, gemeinsam als Herren in der Regierung des Reiches, das ich besitze, zugebracht hätten. Doch da mir dies einmal von Gott nicht bewilligt werden sollte und Ihr den festen Entschluß gefaßt habt, entweder zu sterben oder zur bestimmten Frist in Pavia einzutreffen, so hätte ich wenigstens sehr gewünscht, dies zur rechten Zeit erfahren zu haben, um Euch mit der Ehre, dem Anstand und der Begleitung, die Euren Verdiensten angemessen sind, nach Eurer Heimat zurückführen lassen zu können. Doch da mir auch dies nicht gewährt ist und Ihr nur begehrt, sogleich dort zu sein, so will ich Euch, so wie ich es vermag und in der Weise, wie ich es Euch gesagt habe, dorthin senden.« »Mein Gebieter«, entgegnete ihm Herr Torello hierauf, »auch ohne Eure Worte haben Taten mir Euer Wohlwollen genugsam bewiesen, das ich in diesem Übermaß nie verdient habe, und ich wäre von dem, was Ihr mir gesagt habt, im Leben und Sterben auch dann überzeugt, wenn Ihr es mir nicht versichertet. Doch da ich einmal so beschlossen habe, so bitte ich Euch, daß das, was Ihr tun wollt, schnell geschehe; denn morgen ist der letzte Tag, wo man noch meiner wartet.« Saladin versicherte, daß dies ohne Fehl besorgt sei.
    Am nächsten Tag ließ Saladin, da er beschlossen hatte, ihn in der kommenden Nacht zurückzusenden, in einem großen Saale ein schönes und reiches Lager von Matratzen herrichten, die alle nach der dortigen Sitte mit Samt und Goldstoff überzogen waren, und darüber eine Decke legen, die in zierlichen Mustern mit großen Perlen und kostbaren Edelsteinen bestickt war, so daß man sie nachher bei uns für einen unermeßlichen Schatz erachtete, und darüber zwei Kopfkissen, wie sie zu einem solchen Bette paßten. Als dies geschehen war, befahl er, daß Herrn Torello, der sich schon wieder stark fühlte, ein Gewand nach Sarazenenart angelegt würde, so reich und schön, wie es noch nie jemand gesehen hatte, und um sein Haupt ließ er ihm nach dortiger Sitte einen seiner stattlichsten Turbane wickeln. Da es nun spät ward, trat Saladin mit vielen seiner Großen in das Gemach, wo Herr Torello sich befand, setzte sich an seiner Seite nieder und fing schier unter Tränen also zu reden an:
     
    »Herr Torello, die Stunde, die mich von Euch trennen soll, naht. Da ich Euch wegen der Beschaffenheit des Weges, den Ihr zurückzulegen habt, weder selbst begleiten noch begleiten lassen kann, so muß ich hier in Eurem Gemach von Euch Abschied nehmen, und um ihn zu nehmen, bin ich gekommen. So bitte ich Euch denn, bevor ich Euch Gott empfehle, bei der Liebe und Freundschaft, die unter uns besteht, daß Ihr meiner gedenkt und, wenn es Euch möglich ist, ehe unsere Tage enden, nachdem Ihr Eure Angelegenheiten in der Lombardei geordnet habt, wenigstens noch einmal mich zu besuchen kommt, damit mir dann nicht nur die Freude werde, Euch wiederzusehen, sondern daß ich auch den Fehler wiedergutmachen könne, in den ich jetzt um Eurer Eile willen verfallen muß. Bis dies aber geschieht, falle es Euch nicht lästig, mich in Briefen zu besuchen und von mir zu fordern, was Euch irgend gefallen wird; denn wahrlich, lieber als für irgendeinen ändern lebenden Menschen will ich für Euch das
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