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Das Dekameron

Das Dekameron

Titel: Das Dekameron
Autoren: Giovanni Boccacio
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Stunde erschienen, Euern Glauben an meine Ware zu festigen, wie ich beim Abschied sagte, daß es wohl noch geschehen könne.« Als Herr Torello dieses hörte, ward er äußerst froh und fing doch auch zugleich an, sich zu schämen; froh war er, daß er einen solchen Gast bewirtet hatte, er schämte sich aber, weil es ihm schien, daß er ihn nur ärmlich empfangen habe. Doch Saladin sprach zu ihm: »Herr Torello, weil Gott mir Euch denn hierher gesandt hat, so denkt, daß nicht ich, sondern Ihr der Herr hier seid.« Und nachdem sie sich nun gegenseitig ihre große Freude bezeigt, ließ er ihn in fürstliche Gewänder kleiden, führte ihn zu seinen vornehmsten Vasallen hinaus, sprach zu diesen viel zum Lobe seiner Trefflichkeit und gebot, daß jeder, dem seine Gnade wert wäre, ihn ebenso ehren sollte wie seine eigene Person. Dies tat fortan ein jeder, mehr noch als die ändern aber die beiden Herren, die Saladins Begleiter in seinem Hause gewesen waren.
     
    Der unverhoffte große Glanz, in dem er sich nun befand, lenkte Herrn Torellos Gedanken ein wenig von der Lombardei ab, vor allem deshalb, weil er mit Sicherheit hoffte, daß seine Briefe an seinen Oheim gelangt wären. Allein im Lager oder im Heer der Christen war an dem Tag, da dieses von Saladin gefangen ward, ein provenzalischer Ritter von geringem Ansehen, dessen Name Herr Torei von Dignes war, gestorben und begraben worden, und weil Herr Torello d'Istria durch seinen Adel im ganzen Herr bekannt war, so glaubte ein jeder, der sagen hörte: »Herr Torello ist tot«, der aus Pavia und nicht der aus Dignes sei gemeint. Die Gefangennahme, welche dazugekommen war, verhinderte die Aufklärung des Irrtums, weshalb denn viele Italiener mit dieser Kunde zurückkehrten, unter denen einige so zuversichtlich waren, daß sie zu behaupten wagten, sie hätten ihn tot gesehen und wären bei seinem Begräbnis zugegen gewesen.
    Als diese Nachricht zu seiner Frau und zu seinen Verwandten gelangte, erweckte sie nicht nur in ihnen unsäglichen Schmerz, sondern in allen, die ihn gekannt hatten. Zu lang wäre es, vom Schmerz, der Trauer und der Klage seiner Gattin zu berichten, welche, nachdem sie einige Monate in beständiger Trauer verlebt hatte und allmählich etwas weniger laut klagte, sogleich von den vornehmsten Männern der Lombardei begehrt und bald auch von ihren Brüdern und den übrigen Verwandten aufgefordert wurde, sich wieder zu vermählen. Dies hatte sie nun zwar oft und unter häufigen Tränen abgeschlagen, endlich aber sah sie sich gezwungen, in das zu willigen, was ihre Verwandten begehrten, jedoch unter der Bedingung, daß sie, ohne sich zu vermählen, so lange warten dürfte, wie sie es Herrn Torello versprochen hatte.
    Während zu Pavia die Angelegenheiten der Dame also standen und vielleicht nur noch acht Tage an der Frist fehlten, wo sie zu einem neuen Gemahl ziehen sollte, begab es sich, daß Herr Torello in Alexandrien einen Mann erblickte, den er vorher mit den genuesischen Abgesandten die Galeere hatte besteigen sehen, welche nach Genua segelte. Er ließ ihn also rufen und fragte ihn, was sie für eine Reise gehabt hätten und wann sie in Genua angekommen wären. Dieser antwortete ihm: »Herr, eine üble Reise machte die Galeere, wie ich in Kreta vernahm, wo ich zurückgeblieben bin. Denn als sie Sizilien nahe war, erhob sich ein entsetzlicher Nordsturm, der sie auf die Sandbänke der Berberei warf, so daß keine Seele mit dem Leben davonkam und unter anderm auch zwei meiner Brüder umkamen.«
    Herr Torello glaubte diesen Worten, die auch wirklich zutrafen, und da er sich erinnerte, daß die Frist, die er von seiner Gattin begehrt hatte, in wenigen Tagen ablaufen müsse, und vermutete, daß man von seinen Schicksalen in Pavia nichts erfahren haben werde, so hielt er es für gewiß, seine Gattin sei wieder vermählt. Hierüber verfiel er in solche Traurigkeit, daß er alle Eßlust verlor, sich krank niederlegte und zu sterben entschlossen war. Als Saladin, der ihn über alles liebte, dies erfuhr, kam er zu ihm, und nachdem er auf viele und inständige Bitten hin, die er an Herrn Torello richtete, die Ursache seines Kummers und seiner Krankheit erfahren hatte, tadelte er ihn heftig, daß er ihm dies nicht zuvor mitgeteilt, beschwor ihn dann, sich zu trösten, und beteuerte ihm, wenn er dies tue, so wolle er Sorge tragen, daß er zu der bestimmten Frist in Pavia sei, und zugleich sagte er ihm wie.
     
    Herr Torello traute Saladins Worten, und da er häufig
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