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Das Dante-Ritual (German Edition)

Das Dante-Ritual (German Edition)

Titel: Das Dante-Ritual (German Edition)
Autoren: André Lütke-Bohmert
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aller Ängste. Ich riss den Mund auf und schnappte hektisch nach Luft. Presste die Ellenbogen gegen den Sargdeckel, doch der gab nicht nach. Ich wollte die Beine zur Hilfe nehmen. Sie gehorchten mir nicht. Warum gehorchten sie nicht? Ich schlug auf meine Oberschenkel ein und spürte es nicht einmal.
    „Meine Beine!“, schrie ich, doch die Worte wurden von den samtenen Polstern verschluckt.
    Der Schweiß brach mir aus. Mir war kotzübel und schwindelig. Verzweifelt trommelte ich mit den Fäusten gegen die Sargwände.
    „Lasst mich hier raus!“
    Niemand antwortete.
    Beruhige dich!
    Einatmen. Ausatmen.
    Es ist nur ein Spiel!
    Einatmen. Ausatmen.
    Du lebst!
    Einen der Mörder hatte ich erkannt. Vor meinem geistigen Auge sah ich seine Gesichtszüge. Aber wo war der Zusammenhang? Wieso er ? Gut, er war begabt. Er war hochintelligent, okay. Dass er der Bruderschaft angehörte, war nicht wirklich überraschend. Aber warum war er zum Mörder geworden?
    Und wer waren die anderen?
    Wer war der Unbekannte mit der markanten Stimme, der mich auf der Promenade angegriffen und in der Psychiatrie aus Mickys Zimmer gelockt hatte? War er der Drahtzieher?
    Nein! Irgendetwas in mir sperrte sich gegen diesen Gedanken. Eine innere Stimme schien mir zuzuflüstern, dass ich dem wahren Teufel noch gar nicht begegnet war.
    Meine Haut juckte. Meine Arme fühlten sich an, wie von Millionen winziger Insekten befallen. Der Sauerstoff in meinem Mikrokosmos wurde immer knapper. Die Drogen in meinem Körper taten ein Übriges. Ich konnte mich kaum noch konzentrieren. Hinter meiner Stirn hämmerte ein beängstigend schneller Pulsschlag.
    Plötzlich hörte ich Geräusche. Gedämpft und weit entfernt. Es klang wie Musik. Harmonische Melodien. Vor meinem geistigen Auge bildeten sich Collagen. Ein strahlend blauer Himmel. Glitzernder Tau auf unschuldigen Wiesen. Vögel mit buntem Gefieder.
    Die Musik passte nicht zu diesem entsetzlichen Ort.
    Nichts passte zu diesem entsetzlichen Ort.
    Nur die Angst.
    „Stellt das ab!“
    Als hätte jemand Mitleid mit mir, verstummte die Musik. Doch war sie nur die Ouvertüre zu meiner Folter gewesen. Etwas kratzte an den Wänden meines Sarges wie Fingernägel auf einer Tafel. Zaghaft zunächst, dann immer lauter. Ich zuckte zusammen. Presste die Handflächen an die Ohren. Ein Murmeln setzt ein. Ein Choral dumpfer Stimmen. Sie umkreisten mich. Verhöhnten mich. Rezitierten Worte, die ich nicht verstand.
    Wer bist du, der du kommst vor deinen Tagen?
    Wer warst du, der aus so viel Wunden du Worte hauchst der Pein, mit Blut genetzt?
    Aus dem Kratzen wurde ein Trommeln. Eine donnernde Kakophonie. Der Sarg wurde angehoben und fortgetragen. Ich fand keinen Halt. Rollte hilflos von einer Seite zur anderen
    Was tust du hier in dieses Schachts Verließ?
    Hab Acht! Hab Acht!
    Verdammt zum Fraße für die Feuerbrände!
    Nach wenigen Metern wurde mein Gefängnis wieder zu Boden gelassen. Unter mir knackte und knisterte es bedrohlich. Ich roch verbranntes Holz. Es wurde heiß. Unerträglich heiß. Ich schrie aus Leibeskräften. Hämmerte mit den Fäusten in alle Richtungen.
    Wasser tropfte auf mich hinab. Es schmeckte salzig. Die Kleidung klebte mir an der Haut. Mein Brustkorb hob und senkte sich schneller und schneller. Ich schloss die Augen. Versuchte zu zählen. Das Fremde aus meinem Körper zu vertreiben. Schaffte es nicht.
    Ich bekam keine Luft mehr. Meine Lungen brannten. Ich griff mir an den Hals. Riss die Augen auf, bis sie aus ihren Höhlen zu platzen drohten.
    Der Sargdeckel wurde hochgerissen. Ein Farbenmeer schlug über mir zusammen. Lichtblitze prasselten auf meine Netzhaut nieder. Über mir zog ein blutroter Drache seine Bahnen. Giftgrüne Schlangen regneten auf mich herab. Wanden sich über mein Gesicht. Schnürten mir die Kehle zu.
    Ich schlug wie ein Wahnsinniger um mich.
    Schwarze Gestalten mit bizarren Tiermasken umkreisten meinen Sarg. Beugten sich über mich. Gierten mich an. Streckten ihre Klauen nach mir aus.
    Die eigenen markerschütternden Schreie gellten mir in den Ohren.
    Die Farben rotierten.
    Die Stimmen wurden lauter und lauter.
    Welch Teufel reitet dich?
    Auf meinen Lippen bildete sich körniger Schaum.
    Zum Tod mit ihm!
    Ich spuckte und hustete. Verdrehte die Augen.
    Zum Tod!

Die Masken fallen
     
    Rensing konnte die Detonationen in seinem Kopf nicht einordnen. Sie schienen einem Rhythmus zu folgen. Einer verborgenen Melodie. Er öffnete die Augen. Die plötzliche Helligkeit ließ ihn
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