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Das Dämonentor

Das Dämonentor

Titel: Das Dämonentor
Autoren: Hubert Haensel
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Prinz warf ihr einen abschätzenden Blick zu.
    »Über meine Zukunft wird entschieden«, sagte er. »Deshalb gehe ich als erster. Ich habe Vertrauen zu Cronim.«
    Das Wasser war längst nicht so kalt, wie sie geglaubt hatten. Auch kam von irgendwoher ein fahles rötliches Leuchten.
    Als Mythor nach dem Prinzen als zweiter in dem engen Stollen auftauchte, schlug ihm schale, abgestandene Luft entgegen. Hier herrschte ein eigenartiges Zwielicht. Spiegelungen der Wasseroberfläche zauberten helle Schlieren auf die nackten Felswände.
    Es war regelrecht warm. Mythor nahm an, daß nicht allzu weit entfernt eine Verbindung zur Unterwelt bestand. Heiße Quellen mochten in der Grotte aufsteigen. Das hätte auch den Feuerschein erklärt.
    Cronim führte sie durch ein Gewirr von Gängen tiefer in den Fels hinein. Wenn sie stehenblieben und lauschten, vernahmen sie nichts anderes als ihre eigenen hastigen Atemzüge.
    Der Gang mündete vor einer Wand. Als Gerrek mit dem Heft seines Kurzschwerts dagegen klopfte, gab es nur ein dumpfes Geräusch.
    »Sieht so aus, als wären wir wieder am Ende angelangt«, bemerkte der Beuteldrache zerknirscht.
    Cronim achtete nicht auf ihn. Vielmehr zerrte er mit beiden Händen an einem kopfgroßen Stein, der zwischen zwei schräg übereinanderliegenden Platten eingekeilt war. Irgendwann einmal mochte ein Teil dieser Höhle eingestürzt sein. So jedenfalls bot es sich den forschenden Blicken der Carlumer dar.
    Kaum hatte der Stein sich gelöst, schwang auch schon die untere der beiden Platten knirschend zur Seite. Ein Spalt öffnete sich, gerade groß genüg, daß ein einzelner Mensch sich hindurchzwängen konnte.
    Man hatte die Verliese des Königspalasts erreicht. Ratten und allerlei Ungeziefer huschten durch die weitläufigen Gewölbe. Dicker Staub lag. Eisenhaken in den Wänden und Teile schwerer Ketten verrieten, daß da einst Gefangene in diesen düsteren Mauern verschmachtet waren.
    Allerlei Folterwerkzeuge standen herum. Stinkender Unrat fand sich überall. In einigen Nischen lag noch verfaultes Stroh.
    »Selbst hier zeigt sich schon, was aus dem Königspalast geworden ist, der einst als Prunkstück von Tata galt.« Cronim schüttelte den Kopf, als könne er nicht fassen, wie die Zeit die Dinge verändert hatte. »Heute ist alles eine Bastion der Finsternis, verwahrlost, voller magischer Fallen und unheimlicher Gefahren. Ich war einmal oben, vor wenigen Jahren, deshalb weiß ich, was euch erwartet.« Der Blick des Alten wanderte von Mythor zu Fronja und blieb schließlich an Gerrek hängen, der sich sichtlich unwohl fühlte. »Ich beneide euch nicht, aber ihr müßt hinauf in den Palast, um Taremus zu seinem Recht zu verhelfen. Denn sonst werdet ihr Carlumen nie wiedersehen.«
    »Hä«, machte Gerrek überrascht. »Ich glaube, dir sollte man das Fell über die Ohren…«
    »Du hast richtig gehört«, nickte Cronim. »Euch bleibt keine andere Wahl.«
    »Du mieser Verräter.« Berbus wirbelte seine Streitaxt hoch und hätte wohl zugeschlagen, hätte nicht Mythors scharfer Zuruf ihn daran gehindert.
    Den Totenwächter ließ das alles unberührt. Er zuckte nicht einmal, als der Hepton verächtlich ausspie.
    »Du bist vernünftig, Kometensohn«, sagte er. »Ich habe mir gedacht, daß meine Argumente dich überzeugen werden.«
    »Laß das Geschwätz«, winkte Mythor ab. »Ich kann mir vorstellen, daß du uns nicht vor vollendete Tatsachen stellst, ohne einen Trumpf in der Hand zu halten. Also heraus mit der Sprache.«
    »Sehr richtig«, nickte Cronim. »Ich habe die Wasservorräte in den Zisternen der fliegenden Stadt mit jener Essenz vermengt, die zum Scheintod führt. Da jeder Carlumer trinken muß, werden mittlerweile alle erstarrt sein, so wie Taremus es 48 lange Jahre war. Versagst du, Mythor, wird Carlumen die Toteninsel nie wieder verlassen.«
    In Gedanken schalt der Sohn des Kometen sich einen verblendeten Narren. Weshalb hatte er sich von Cronims scheinheiliger Verehrung so täuschen lassen?
    Aber vielleicht war noch nicht alles verloren. Zumindest einen Punkt hatte der Totenwächter übersehen.
    »Erwarte dir keinen Vorteil davon, wenn du Taremus als Geisel nimmst«, sagte der Alte da, als wisse er nur zu genau, welche Gedanken Mythor hegte. »Der Prinz hat ohnehin nur dann noch eine Daseinsberechtigung, wenn er den Thron von Tata einnimmt – und zwar bald, denn das Letzte Jahr hat begonnen, und wenn er nicht die Macht erlangt und die Insel nicht von Catrox befreit wird, werden nach
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