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Das Dach kommt spaeter

Das Dach kommt spaeter

Titel: Das Dach kommt spaeter
Autoren: Murat Topal
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Dings, Koschwitz, legen Sie umgehend den Keller trocken. Herr Topal, wir beide treffen uns so bald wie möglich mit diesem Marvin und seinem Chef. Da gibt es Gesprächsbedarf. Vereinbaren Sie einen Termin in meinem Büro. Sollten die Herren widerspenstig sein, drohen Sie ihnen saftige Klagen an. Solche Dilettanten werden bestimmt nicht das erste Mal mit rechtlichen Ansprüchen konfrontiert und haben sicher Abwehrstrategien entwickelt. Nicht abwimmeln lassen und kräftig mit dem Krummschwert rasseln, das hilft. Ich werde derweil ein neues Bodengutachten erstellen lassen. Selbst Stevie Wonder hätte gesehen, dass Ihr Grundstück extrem lehmhaltig ist und das Regenwasser deshalb schlecht versickert. Hier scheinen völlig falsche Entscheidungen getroffen worden zu sein. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit, und nun, meine Herren, frisch ans Werk.«
    »Musst du salutiere, Murat«, sagte Baba in einer Mischung aus Furcht und Hochachtung, als Herr Pfleiderer, so schnell ihn seine kurzen Beine trugen, den Raum verlassen hatte.
    »Napoleon-Syndrom«, erläuterte ich fachmännisch und machte mich auf den Weg nach Neukölln, um die Kontaktdaten von Schmuh & Sohn herauszusuchen.
     
    Tatsächlich hatte mein Anwalt-Architekt die Brandenburger Pampaklitsche richtig eingeschätzt. Der Vorzimmerpudel versuchte sofort, die Abwimmeltaktik der Hebbel-Zentrale zu imitieren. Nein, die Familie Schmuh sei in einem sehr langen, »wohlverdienten« Urlaub und Herr Marvin schwer erkrankt, »Turbokoluse«, wie sie, medizinisch nicht ganz korrekt, fabulierte. Nicht mit mir, mein Lehrmeister Hammelsack hatte mich auf alle Eventualitäten vorbereitet.
    »Frau Adorno, Sie erinnern sich noch an mich und meinen gut trainierten Oberkörper? Freunde nennen mich gern die ›politisch korrekte Antwort auf Schwarzenegger‹. Das ist insofern nicht ganz richtig, weil meine politische Korrektheit schnell an ihre natürlichen Grenzen stößt. Entweder rufen mich die Herren bis spätestens morgen Vormittag zurück, oder ich statte Ihrem Container in den nächsten Tagen einen freundschaftlichen Besuch ab und zeige Ihnen zusammen mit meinen Türkenkumpels von der Vierundvierziger-Gang, was man aus Aluminium alles Schönes basteln kann.«
    Keine zehn Minuten später vibrierte mein Handy. Aus dem Hörer schallte es rostig.
    »Herr Topas, lange nicht gehört. Zufällig kam ich auf dem Weg in den Urlaub noch im Büro vorbei und hörte, Sie wollen mich dringend sprechen?«
    »Sorry, Herr Schmuh, Ihren Urlaub müssen Sie leider ein paar Tage verschieben. Wir zwei plus Ihr Kollege Marvin sind nächste Woche erst einmal mit meinem Anwalt verabredet.«
    »Was Sie nicht sagen. Kann es sein, dass meine Sekretärin vorhin zufällig mitgeschnitten hat, wie Sie uns Gewalt androhen? Unser Anwalt nennt so etwas, glaube ich, ›Nötigung‹.«
    »Netter Versuch, Herr Schmuh. Aber ich habe Ihnen lediglich eine kostenlose Umbaumaßnahme in Aussicht gestellt, nach Büroschluss und ganz ohne Formalitäten. Davon abgesehen ist Ihre putzige Pudeldame nie und nimmer in der Lage, einen Anruf mitzuschneiden. Also, Treffen nächste Woche. Ich maile Ihnen noch Termin und Adresse. Zur Anreise nutzen Sie vielleicht die Turbokoluse von Herrn Marvin, dann geht’s sicher schneller.«
    Ich war so begeistert von mir, dass ich mir nach dem Gespräch am liebsten selbst auf die Schulter geklopft hätte. Dem Blender hatte ich Zunder gegeben, ohne mich von meiner natürlichen Neigung zur Verbindlichkeit bremsen zu lassen. So ging’s also auch. Zum vollendeten Glück fehlte nur jemand, der mir
sagte,
wie toll ich sei. Eigenlob stimmt, wie ich in Abwandlung einer bekannten Redensart gern behaupte, ist aber dennoch nur halb so schön wie das von anderen. Was mich daran erinnerte, dass ich mit meinem Textbuch für das Ann-Marie-Wiedereroberungstelefonat noch kein Stück weiter gekommen war. In dieser Sache war ich ähnlich blockiert wie seinerzeit beim Grundriss. Man muss mir allerdings zugutehalten, dass es auch schwer war, die nötige Ruhe dafür zu finden. Da sich das Berliner Wetter durch den Klimawandel immer mehr den tropischen Verhältnissen vom Amazonas näherte, waren wir aus einer längeren Trockenperiode direkt in die Regenzeit gefallen. Es goss, pladderte und schüttete nahezu täglich, so dass ich inzwischen ernsthaft überlegte, ob ich, wie von Kosewitz angeregt, den geplanten Garten-Pool nicht besser durch das von selbst entstehende Keller-Hallenbad ersetzen sollte. Bis zu meiner
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