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Das Burggespenst von Schreckenstein

Das Burggespenst von Schreckenstein

Titel: Das Burggespenst von Schreckenstein
Autoren: Oliver Hassencamp
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ließ sich nachholen, ebenso Geschichte bei Doktor Waldmann und auch — falls es so lang dauern sollte — Französisch beim Rex. Eine Fremdenführung auf Schloss Rosenfels aber war unwiederbringlich. Die Brillenschlange wollte das Mädchen- Internat besichtigen, und so musste ja jemand mit, der sich auskannte. Außerdem gab es während der Überfahrt allerlei Interessantes zu hören.
    „Ich liebe diese Burgatmosphäre!“ lobte die zweite Dame, die mit dabei war. „Es ist gewissermaßen eine Erholung von der Zivilisation. Und dann das herrliche Essen...“
    „Ich bin auch schon zehn Tage hier“, bekannte die Brillenschlange. „Aber im Winter mit Ofenheizung und ohne fließendes Wasser...“, unkte der zaundürre Kahle.
    Jetzt können wir ja noch im See baden!“ rief einer aus dem Nachbarkahn.
    „Wir haben fließendes Wasser“, ließ sich da Pummel vernehmen, „und Sie auch. Unter dem Rittersaal ist ein großer Duschraum.“
    Die Hotelgäste lachten schallend.
    „Das fehlt noch, dass wir uns hier waschen wie in einer Jugendherberge!“ rief die Brillenschlange.
    Von Boot zu Boot sahen die beiden Ritter einander an.
    „Dann sind wir ja in sechs Wochen schon wieder allein. Wenn die Herbstnebel kommen...“ Dolfs Stimme klang, als bedaure er das zutiefst. Die je drei Personen im Boot machten sich in den Oberarmen bemerkbar. Aber der Gedanke an die Gesichter der Mädchen und vor allem an das ihrer Rektorin, Fräulein Doktor Horn, versöhnte sie mit der ungewohnten Anstrengung.
    „Puh!“ stöhnte auch die Brillenschlange. Die Gruppe trat nach dem steilen Weg vom Hafen herauf unter den Bäumen hervor. „Das ist also Schloss Rosenfels!“
    Friedlich lag das rosa Gebäude mit den bauchigen Ecktürmen in der Morgensonne. Keine Menschenseele war zu sehen, kein Laut zu hören. Automatisch schauten Pummel und Dolf hinauf zu den Fenstern von Fräulein Doktor Horns Wohnung. Sie waren geschlossen.
    „Wie sie sehen, ein typischer Renaissancebau!“ erklärte Pummel.
    „Wann ungefähr erbaut?“ fragte ein älterer Herr mit englischem Akzent, der bisher geschwiegen hatte.
    Jetzt ging es Pummel wie gestern Stephan. Du darfst die Schule nicht blamieren! sagte er sich. Dabei fiel ihm die rettende Antwort ein: „Kurz nach der Gotik.“
    „Well“, meinte der Herr.
    „So about fumpfzehnfumpfzig ?“
    „Ziemlich exactly “, bestätigte Dolf und deutete damit seine Sprachkenntnisse an.
    Die Brillenschlange, wieder bei Atem, wurde ungeduldig. „Wo geht’s denn hinein?“
    Pummel deutete um den Nordostturm und antwortete, als sei Englisch ansteckend: „Hier around !“ Er ging voraus.
    Dolf kam neben ihn und flüsterte: „Willst du tatsächlich...?“
    Pummel nickte. „Wenn wir schon keine Streiche gegen die Hotelgäste machen sollen, dann eben mit ihnen.“
    Von oben aus den Klassenzimmern hörten sie Stimmen. Die Hotelgäste folgten mit Begeisterungsgemurmel: „Allerliebst! — Zauberhaft! — Wonderful ! — Schönes Fleckchen Erde!“
    Das Tor stand offen. Die Glastür zur Treppe war geschlossen, jedoch nicht abgesperrt. Pummel ließ die Gäste eintreten. „Ist das eine Public school ?“ fragte der ältere Herr. „Was heißt denn Public?“ raunte Dolf Pummel zu. „Öffentlich!“ antwortete der und rannte die Treppe hinauf, denn die Brillenschlange hatte sich selbständig gemacht und öffnete bereits die nächste Glastür zum Wohntrakt der Mädchen.
    „Nein“, erklärte Dolf darauf dem älteren Herrn. „Da darf man nicht rein. Nur wenn wir dabei sind.“
    „Und wo wohnen die Mädchen?“ fragte oben im ersten Stock die Brillenschlange.
    „Hier.“ Pummel öffnete eine Tür. Sechs Betten standen in dem lichten Raum mit der schwungvollen Stuckdecke, dazwischen sechs kleine Tische mit typischem Mädchenkrimskrams: Stofftiere, Fotos, Andenken. „Allerliebst!“ befand die Brillenschlange. Auch die andern kamen herein und äußerten sich ähnlich freudig.
    Jemand zog Pummel am Ärmel. Es war Dolf. Er deutete auf einen der Tische. „Kennst du den?“
    Ein gerahmtes Bild stand da. Pummel lachte. „Ottokar! Dann ist das Sophies Platz.“
    Die Brillenschlange hatte das Zimmer schon wieder verlassen. Pummel lief ihr nach und sah, wie sie gerade die Tür zum nächsten Mädchenzimmer öffnete. Drin stand Ingrid, Mückes Schwester, und wunderte sich: „Wer sind Sie denn?“
    „Hotelgäste!“ rief Pummel hinein. „Wir besichtigen grade Schloss Rosenfels.“
    „So ist es.“ Die Brillenschlange
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