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Das Buch ohne Staben - Anonymus: Buch ohne Staben - The Eye of the Moon

Titel: Das Buch ohne Staben - Anonymus: Buch ohne Staben - The Eye of the Moon
Autoren: Anonymus
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weiß, es klingt verrückt. Deswegen hab ich ja zuerst Sie angerufen und nicht die Polizei. Ich glaube, wer auch immer sich da ausgewickelt hat, er hat gerade eben den Kollegen erledigt.«
    »Mit wem haben Sie heute Nacht Dienst?«
    »Carter Bradley.«
    »Sie meinen Carlton Buckley?«
    »Wie auch immer. Ich bin nicht sicher, ob er mir einen Streich zu spielen versucht oder nicht. Aber wenn es kein Streich ist, dann hat er echte Probleme. Richtig echte Probleme, meine ich.«
    »Warum denn? Was ist passiert?« Der Professor war jetzt hellwach. Er schwieg eine Sekunde, um sich zu sammeln, dann sagte er: »Was genau haben Sie gesehen, Joel? Fakten, mein Junge – ich brauche Fakten. Verzeihen Sie, wenn ich das sage, aber Sie reden nicht gerade vernünftig daher, und ich bin hundemüde.«
    Während des Gesprächs mit dem Professor war Joel weiter den breiten, schwach erleuchteten Korridor hinuntergegangen, und jetzt – schneller, als ihm lieb war – hatte er das Ende erreicht. Er atmete tief durch, dann bog er nach rechts ab in die weite, offene Galerie, die als Lincoln Hall bekannt war. Das war der Moment, in dem er die Musik hörte. Eine leichte Klaviermelodie, sanft und traurig, nicht unähnlich dem Lonely-Man- Thema, das am Ende von Der unglaubliche Hulk gespielt wurde, der Fernsehserie aus den Siebzigern, die er als Kind so geliebt hatte. Er wusste zwar, dass irgendwo hier unten ein Flügel stand, aber wer zum Teufel spielte darauf? Und so verdammt schlecht obendrein …
    »Warten Sie, eine Sekunde, Professor Crumpler. Das werden Sie nicht glauben, aber ich höre ein Klavier spielen. Ich stecke mein Handy für einen Moment in die Tasche. Warten Sie, und ich sage Ihnen gleich, was ich sehe.«
    Rockwell schob sein kleines Handy in die Brusttasche seines grauen Uniformhemds und zog den Gummiknüppel aus der Schlaufe an seinem Gürtel. Dann betrat er die große Halle, um sich weiter umzusehen.
    Der Flügel befand sich hinter einer sandfarbenen Wand zu seiner Linken, die sich bis zur Hälfte der Halle zog. Auf der gesamten Länge hingen Gemälde berühmter Musiker. Er ignorierte die Musik für eine Sekunde und richtete seine Aufmerksamkeit auf die ägyptische Ausstellung zu seiner Rechten, ein Diorama mit Namen »Das Grab der Mumie«. Es war verwüstet. Überall lagen Glasscherben am Boden, wo die schützende umlaufende Scheibe eingeschlagen worden war. Mehr noch, die Glasscherben lagen in Lachen voll Blut. Jeder Menge Blut.
    Insbesondere war der goldene Sarkophag geöffnet, der aufrecht in der Mitte des Dioramas stand. Der Deckel lag auf dem Boden, und die mumifizierten Überreste des verstorbenen Bewohners waren verschwunden. Rockwell wusste, dass der Professor diese Ausstellung ganz besonders liebte. Er würde mächtig aufgebracht reagieren, wenn er erfuhr, dass seine wertvolle Prise gestohlen worden war oder jemand sich daran zu schaffen gemacht hatte. Es war das Herzstück des Museums, das seltenste und wertvollste Objekt in der gesamten gewaltigen Sammlung. Und jetzt fehlte ausgerechnet der beste Teil davon.
    Rockwell dachte an das, was er auf dem Bildschirm im Sicherheitsbüro zu sehen geglaubt hatte, und schüttelte verwirrt den Kopf. Seither waren erst ein paar Minuten vergangen, und doch fing er schon an zu glauben, dass der Angriff auf Buckley nur Einbildung gewesen war. Das war doch sicher ein dummer Streich, oder nicht? Der Zeitpunkt war alles andere als gut gewählt, angesichts der vielen Morde in Santa Mondega und Umgebung – total geschmacklos, ehrlich, falls jemand sich für Joels Meinung interessierte –, aber nichtsdestotrotz ein Streich. Und was war überhaupt los mit dem verdammten Flügel? Verdammt, nimm Klavierunterricht, wer auch immer du bist! , dachte er mit einer selbst für jemanden wie ihn atemberaubenden Folgewidrigkeit.
    Um zum Flügel zu gelangen – der, falls die Gerüchte stimmten, einst einem berühmten Komponisten gehört hatte –, musste er irgendwie um die Sauerei aus Blut und Glas herum und an einer riesigen Statue des griechischen Helden Achill vorbei bis zu einem kleinen Alkoven auf der anderen Seite der langen, sandfarbenen Wand. Wenn er sich recht erinnerte, saß eine lebensgroße Holzpuppe an dem Instrument, die so geschminkt und gekleidet war, dass sie dem ursprünglichen Besitzer ähnelte. Wer war das noch mal? , sinnierte er. Beethoven? Mozart? Manilow? Es war nicht wichtig genug, um sich darüber den Kopf zu zerbrechen, und abgesehen davon würde er bald seine
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