Das Buch ohne Namen - Anonymus: Buch ohne Namen - The Book With No Name
Zum Glück hatte Marcus die Geistesgegenwart besessen, sich Studleys Scheintasche anzueignen sowie die drei Dollar, die Spider in der Hemdentasche getragen hatte. Die Scheintasche war voller Banknoten, und so verfügte er über genügend Geld, um ein paar Tage lang die Getränkerechnungen zu bezahlen.
Am frühen Abend war Jefe sehr betrunken, und weder er noch Marcus hatten bemerkt, dass es in der Tapioca Bar ziemlich voll geworden war. Es gab noch immer reichlich freie Hocker und Tische, doch es gab auch zahlreiche Gäste – Stammgäste –, die sich in den Schatten herumtrieben. Irgendwie hatte sich herumgesprochen, dass Jefe etwas bei sich trug, das eine Menge Geld wert war. Er hatte sich einen Ruf als ein Mann erworben, den man fürchten musste, doch er war nicht besonders bekannt in dieser Gegend. Und er war inzwischen sehr betrunken, was ihn zu einem vorzüglichen Kandidaten für all die Halsabschneider und Diebe machte, die in der Tapioca Bar verkehrten.
Wie sich herausstellte, sollte das, was Jefe später in jener Nacht zustieß, der Katalysator für sämtliche sich daran anschließenden Ereignisse sein. Hauptsächlich jede Menge Mord und Totschlag.
Vier
Detective Miles Jensens Ruf eilte ihm voraus, als er in Santa Mondega eintraf. Die anderen Cops mochten ihn schon vor ihrer ersten Begegnung nicht. Für sie war er einer jener schicken New-Age-Detectives. Wahrscheinlich hatte er in seinem ganzen Leben nicht einen Tag echte Action gesehen. Sie irrten sich selbstverständlich, doch er hatte Besseres zu tun, als seine Zeit damit zu verschwenden, seine Stellung gegenüber einer Bande inzestuöser Drecksäcke wie den Cops auf der Wache von Santa Mondega zu rechtfertigen. Der Grund, warum sie ihn für einen Hochstapler hielten, lag wohl hauptsächlich in seinem Titel begründet: Chief Detective Inspector für Übernatürliche Ermittlungen. Die reinste Verschwendung von Steuerzahlergeld, wenn es je eine gegeben hatte. Es wäre kein Problem gewesen, wenn er auf einer anderen Wache gewesen wäre, doch er war auf ihrer, und er verdiente wahrscheinlich eine Wagenladung mehr Geld als die meisten von ihnen. Doch es gab nichts, was sie dagegen hätten tun können, und sie wussten es. Jensen war von der Regierung der Vereinigten Staaten nach Santa Mondega geschickt worden. Normalerweise hätte die Regierung einen Dreck auf das gegeben, was in Santa Mondega vorging, doch vor Kurzem war etwas passiert, und ein paar Leute hatten interessiert aufgehorcht.
Dieses »Etwas« war eine Serie von fünf grauenvollen Morden, und obwohl ein Mord in dieser Gegend der Welt nichts Neues war, hatte die Art und Weise, wie die fünf Opfer getötet worden waren, eine besondere Signifikanz. Alle fünf Opfer waren auf die gleiche, ritualistische Weise getötet worden. Morde wie diese waren nicht mehr gesehen worden seit dem legendären »Bourbon Kid Massaker« fünf Jahre zuvor. Normalerweise starben Mordopfer in Santa Mondega durch Revolverhelden oder messerschwingende Irre, doch nicht diese fünf. Diese fünf waren durch etwas anderes getötet worden. Etwas, das nicht ganz menschlich zu sein schien. Diese Tatsache hatte dazu geführt, dass Miles Jensen mit der Lösung des Falles beauftragt worden war, und zwar ganz allein, ohne Hilfe von Seiten Dritter.
Wie so viele andere Gebäude im Stadtzentrum war auch das Polizeihauptquartier eine verfallende Ruine. Es sah aus wie jedes beliebige Gebäude aus dem frühen zwanzigsten Jahrhundert, das ohne Zweifel in seinen Tagen der Stolz der Stadt gewesen war. Im Vergleich zu den übrigen Polizeihauptquartieren, die Jensen während seiner Laufbahn besucht hatte, war es eher recht erbärmlich.
Wenigstens das Innere war in einem gewissen Rahmen modernisiert worden. Statt frühes zwanzigstes Jahrhundert, wie das Äußere, sah alles nach Anfang der neunzehnhundertachtziger Jahre aus. Der Grundriss entsprach mehr oder weniger dem, was man in einer alten Krimiserie wie Hill Street Blues zu sehen erwartete. Er war alles andere als ideal, doch Jensen musste zugeben, dass er schon reichlich Schlimmeres gesehen hatte.
Die Anmeldung am Empfang – häufig schmerzhaft langwierig, seiner Erfahrung nach – verlief in diesem neuen Revier bemerkenswert einfach. Die junge Rezeptionistin warf lediglich einen flüchtigen Blick auf sein Abzeichen und sein Versetzungsschreiben und empfahl ihm sodann, sich nach oben zum Büro von Captain Rockwell zu begeben. Sie beschrieb ihm unbekümmert den Weg. Es war immer
Weitere Kostenlose Bücher