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Das Buch der Gaben - Tommy Garcia ; Band 1

Das Buch der Gaben - Tommy Garcia ; Band 1

Titel: Das Buch der Gaben - Tommy Garcia ; Band 1
Autoren: Bastei Lübbe
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andere Dinge, aber ich kam nicht dazu, denn Tommy war bereits in die Falle gegangen.
    »Klar. Vielleicht können wir erst zum Bungee und danach noch ins Kino. Was meinst du, Joe?«
    Was ich meinte, sagte ich ihm lieber nicht, aber ich nickte lahm.
    »Warum nicht. Wenn Sanne nicht noch stundenlang braucht, um sich zu schminken.«
    Meine Mutter machte ein besorgtes Gesicht.
    »Sagt mal, ihr wollt doch nicht etwa selber springen? Das erlaube ich dir auf keinen Fall, Josef.«
    Ich tat völlig entrüstet.
    »Nein, Mutti. Mach dir keine Sorgen. Ich spring auf keinen Fall, aber wenn Sanne … «
    »Ich werd’s ausprobieren«, sagte Tommy, und alle schauten ihn entgeistert an. Mein Vater ließ die Zeitung sinken, in die er sich vertieft hatte, und blickte sichtlich verärgert auf. Meine Hoffnung auf einen schönen Zuschuss fürs Kino schwand dahin. Mein alter Herr war in letzter Zeit dauernd schlecht gelaunt und mürrisch. Aber keiner wusste, warum, und was er hatte.
    »Tommy, ich möchte nicht, dass meine Kinder durch dich leichtsinnig werden. Und ich glaube auch nicht, dass deine Eltern von der Idee begeistert wären.«
    »Herr Seefeld, machen Sie sich keine Sorgen. Meine Eltern vertrauen mir. Mein Vater ist … «, er machte eine Pause und nur ich wusste, was in ihm vorging, »… er war ein mutiger Mann und niemals leichtsinnig, und das bin ich auch nicht. Das kann ich Ihnen versprechen.«
    Was Tommy sagte, schien meinen Vater nicht sonderlich zu beeindrucken. Er blickte uns durchdringend an.
    »Ihr seid ja Gott sei Dank keine Draufgänger. Ich hoffe, ich kann mich auf euch verlassen.«
    Mit einem vorwurfsvollen Blick zu meiner Mutter, die schon ihr Portemonnaie herausgeholt hatte, verschanzte er sich wieder grummelnd hinter seiner Zeitung. Ich atmete auf, nahm den Zwanziger, den Mutter mir gutmütig lächelnd hinhielt, und wir machten, dass wir aus dem Wohnzimmer kamen.
    Als wir dann an der Bushaltestelle standen und Tommy unsere Straße rauf- und runterschaute, war es mir richtigpeinlich, in so einer gutbürgerlichen Gegend zu wohnen. Hier steppte nicht der Bär, hier sprang höchstens mal ein Eichhörnchen rum.
    Und dann stellte Tommy die Frage, die unser Leben verändern sollte. Doch an dieser Haltestelle an jenem Samstagnachmittag konnte ich ja wahrlich nicht wissen, was aus dieser Frage und aus allem, was danach passierte, noch resultieren sollte.
    »Was macht ihr denn sonst so am Wochenende? Ich meine, ohne dass man den Bus nehmen muss. Gibt’s denn hier nichts in der Umgebung, wo man was erleben kann?«
    »Nein«, sagte Sanne. »Wenn du was machen willst, musst du in die Stadt fahren. Wir haben hier nur ein kleines Café am Platz und das Jugendhaus. Aber da sind zu viele Hirnis. Da geh ich nicht mehr hin.«
    »Hirnis?«, fragte Tommy irritiert.
    »Na Idioten«, erklärte ich und dachte, wieder mal was, was er nicht wusste. Es schien, als hätte er bisher nicht allzu viel Zeit mit Gleichaltrigen verbracht. Ich hatte ihn noch gar nicht gefragt, ob er da, wo er herkam, einen 1A-Freund gehabt hatte. Und bei dem, was Sanne erzählte, verzog ich das Gesicht. Das war Weiberkram. Im Café sitzen und endlos rumlabern. Ich dachte, Tommy wollte was Spannendes machen, und überlegte fieberhaft, was ihn wohl reizen konnte. Und dann kam mir eine Idee.
    »Mit meinem Freund Andi habe ich mal ein Baumhaus im Wald gebaut. Am Ende unserer Straße fängt der Wald an. AchMensch, das weißt du ja! Da, wo auch das Hundeauslaufgebiet ist. Und wenn wir genug davon hatten, die Leute zu beobachten, sind wir immer auf dieses riesige Grundstück gegangen. Da steht seit Jahren ein Abrisshaus, das keinen Eingang hat. Manchmal haben wir dort den ganzen Tag gespielt, bis uns die Nachbarn verjagt haben. Das ist absolut toll da, alles zugewuchert mit Brombeeren und Sträuchern und all so’n Zeug. Wie geschaffen für Indiana Jones.«
    Tommy schaute mich an, und ich wusste, ich hatte einen Treffer gelandet.
    »Seid ihr nie in das Haus gegangen?«, fragte er.
    »Na klar wollten wir das. Aber die Fenster sind ziemlich hoch, da wären wir nur mit einer Leiter reingekommen, aber einschlagen wollten wir keins.«
    »Keine Tür? Sie werden sie zugemauert haben, damit niemand reinkommt.«
    »Keine Tür«, bestätigte ich. Ich konnte mich auch nicht entsinnen, dass ich eine Stelle gesehen hätte, die an eine früher vorhandene Tür erinnerte. Merkwürdig, warum zum Teufel hatten wir keine Stelle gesucht, die zugemauert schien? Ganz sicher musste es dort
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