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Das Bourne-Vermächtnis

Das Bourne-Vermächtnis

Titel: Das Bourne-Vermächtnis
Autoren: Robert Ludlum
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böse an. »Russische Kugeln werden ihn zerfetzen.«
    »Glaubst du das wirklich, Hassan? Dass Asnor dumm oder – noch schlimmer – leichtsinnig ist?«
    »Er ist nur ein Kind.«
    »Ist die Saat einmal ausgebracht, keimen die Triebe auch in kargstem Boden. So war’s schon immer, Hassan.
    Glaube und Mut jedes Einzelnen wachsen und vervielfältigen sich, bis aus diesem einen zehn, zwanzig, hundert, tausend Kämpfer geworden sind!«
    »Und in dieser ganzen Zeit wird unser Volk ermordet, vergewaltigt, verprügelt, ausgehungert, wie Vieh eingesperrt. Das reicht nicht, Chalid. Das ist nicht mal andeutungsweise genug!«
    »In dir steckt noch die Ungeduld der Jugend, Hassan.«
    Murat packte ihn an der Schulter. »Nun, das sollte mich nicht überraschen, stimmt’s?«
    Arsenow, der sich von Murat bemitleidet fühlte, biss die Zähne zusammen und wandte den Blick ab. Draußen machte der Schnee Luftwirbel sichtbar, die wie tschetschenische Derwische in ekstatischer Trance über die Straße wirbelten. Murat hielt das anscheinend für eine Bestätigung der Bedeutsamkeit dessen, was er eben getan hatte, was er zu sagen im Begriff stand. »Du musst Vertrauen haben«, sagte in besänftigendem, weihevollem Tonfall, »zu Allah und zu diesem mutigen Jungen.«
    Zehn Minuten später hielt die Kolonne vor dem Krankenhaus Nummer neun. Arsenow sah auf seine Uhr. »Es ist fast soweit«, sagte er. Dass die beiden im selben Fahrzeug saßen, war ein Verstoß gegen die üblichen Sicherheitsbestimmungen, der sich nur mit der extremen Wichtigkeit des Anrufs, den sie erwarteten, rechtfertigen ließ.
    Murat beugte sich nach vorn und drückte auf einen Knopf, und zwischen ihnen und dem Fahrer und den
    vier Leibwächtern fuhr eine schalldichte Trennwand in die Höhe. Die fünf Männer waren gut ausgebildet; sie starrten weiter nach vorn durch die Panzerglasscheibe.
    »Erzähl mir, welche Bedenken du hegst, Chalid, da nun der Augenblick der Wahrheit bevorsteht.«
    Murat zog seine buschigen Augenbrauen nach Arsenows Meinung übertrieben verständnislos hoch. »Bedenken?«
    »Willst du nicht, was uns rechtmäßig zusteht, Chalid, was Allah uns bestimmt hat?«
    »Du bist sehr impulsiv, mein Freund. Das weiß ich nur zu gut. Wir haben oft Seite an Seite gekämpft – wir haben gemeinsam getötet, und wir verdanken einander unser Leben, nicht wahr? Nun hör mir zu. Ich leide mit unserem Volk. Seine Qualen erfüllen mich mit Zorn, den ich kaum beherrschen kann. Das weißt du vermutlich besser als jeder andere. Aber die Geschichte warnt vor dem, was man am liebsten täte. Die Folgen dessen, was uns vorgeschlagen wird …«
    »Was wir selbst geplant haben!«
    »Ja, geplant haben«, bestätigte Murat. »Aber die Folgen müssen bedacht werden.«
    »Vorsicht«, sagte Arsenow verbittert. »Immer Vorsicht!«
    »Mein Freund.« Chalid Murat lächelte, als er den anderen an der Schulter packte. »Ich will nicht irregeführt werden. Ein leichtsinniger Gegner ist schnell besiegt. Du musst lernen, aus Geduld eine Tugend zu machen.«
    »Geduld!«, knurrte Arsenow. »Dem Jungen von vorhin hast du keine Geduld ans Herz gelegt. Du hast ihm Geld gegeben und ihm gesagt, wo er Munition kaufen kann.
    Du hast ihn auf die Russen gehetzt. Jeder Tag, den wir vergeuden, ist ein Tag, an dem dieser Junge und tausend andere wie er ihr Leben riskieren. Ich sage dir, die gesamte Zukunft Tschetscheniens hängt davon ab, wie wir uns entscheiden.«
    Murat rieb sich mit kreisenden Bewegungen seiner
    Daumen die Augen. »Es gibt andere Wege, Hassan. Es gibt immer andere Wege. Vielleicht sollten wir überlegen, ob …«
    »Dafür ist keine Zeit mehr. Die Ankündigung ist erfolgt, das Datum festgelegt. Der Scheich hat Recht.«
    »Der Scheich, ja.« Chalid Murat schüttelte den Kopf.
    »Immer der Scheich.«
    In diesem Augenblick klingelte das Autotelefon. Murat sah zu seinem treuen Gefährten hinüber, dann schaltete er ruhig den Lautsprecher ein. »Ja, Scheich«, sagte er in ehrerbietigem Ton. »Hassan und ich sind beide hier.
    Wir erwarten deine Befehle.«
    Hoch über der Straße, auf der die Schützenpanzer mit laufenden Motoren standen, kauerte auf einem Flachdach eine Gestalt, die ihre Ellbogen auf die niedrige Brüstung gestützt hatte. Hinter der Brüstung lag ein Sako TRG-41, ein finnisches Scharfschützengewehr mit Drehkammerverschluss – eine der vielen Waffen, die der Mann selbst modifiziert hatte. Ihr Schaft aus Aluminium und Polyurethan machte sie ebenso leicht wie tödlich
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