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Das Böse unter der Sonne

Das Böse unter der Sonne

Titel: Das Böse unter der Sonne
Autoren: Agatha Christie
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Arlena und Patrick Redfern. Plötzlich wandte er sich Poirot zu. In seinen Augen lag ein fanatisches Glimmen.
    «Die Frau ist durch und durch schlecht», rief er. «Zweifeln Sie etwa daran?»
    «Schwer zu beurteilen.»
    «Aber, mein lieber Mann, spüren Sie es denn nicht? Es liegt doch in der Luft. Der Pesthauch des Bösen!»
    Poirot nickte bedächtig.

2
     
    A ls Rosamund Darnley erschien und sich neben Poirot setzte, machte dieser kein Hehl daraus, dass er sich darüber freute.
    Er gab offen zu, dass er sie bewunderte wie kaum eine Frau, die er in seinem Leben bisher getroffen hatte. Er mochte ihre Vornehmheit, ihre anmutige Gestalt, die stolze Art, den Kopf zu drehen. Ihm gefiel ihr welliges dunkles Haar und ihr ironisches Lächeln.
    Sie trug ein Kleid aus irgendeinem dunkelblauen Stoff mit einem Hauch von Weiß. Es wirkte sehr einfach, wahrscheinlich gerade, weil es so gut geschnitten war. Rosamund Darnley gehörte das Atelier Rose Mond, einer der bekanntesten Modesalons von London.
    «Ich glaube, ich mag den Ort nicht», sagte sie. «Ich frage mich, warum ich hergekommen bin.»
    «Sie kannten das Hotel von früher, nicht wahr?»
    «Ja, vor zwei Jahren war ich schon mal hier, an Ostern. Damals waren nicht so viele Leute da.»
    Poirot musterte sie. «Irgendetwas macht Ihnen Sorgen», sagte er freundlich. «Habe ich Recht?»
    Sie nickte. Sie wippte mit dem Fuß und starrte auf den Schuh. «Ich bin einem Geist begegnet», sagte sie dann. «Das ist mein Problem.»
    «Einem Geist?»
    «Ja.»
    «Was für einem Geist?»
    «Meinem eigenen.»
    «Hat es sehr wehgetan?»
    «Seltsamerweise ja. Ich wurde zurückversetzt in meine Kinderjahre, wissen Sie…» Sie schwieg einen Augenblick und überlegte. «Erinnern Sie sich, wie es damals war? Nein, Sie sind ja kein Engländer.»
    «War Ihre Kindheit denn so typisch englisch?»
    «Ja, unglaublich englisch. Wir wohnten auf dem Land in einem großen alten Haus, mit Pferden und Hunden… Spaziergänge im Regen… Holzfeuer im Kamin… ein Obstgarten mit vielen Äpfeln… wenig Geld… alte Tweedmäntel… ein verwilderter Garten, wo im Herbst die Astern in Mengen blühten…»
    «Und Sie sehnen sich danach zurück?», fragte Poirot mitfühlend.
    Rosamund Darnley schüttelte den Kopf. «Man kann das Rad der Zeit nicht zurückdrehen. Trotzdem – ich hätte vieles anders gemacht.»
    «Tatsächlich?», fragte Poirot und fügte hinzu: «Als ich jung war – und das ist schon lange her –, war ein Spiel sehr beliebt, das hieß: Wer würdest du gern sein? Die Antwort schrieben sich die jungen Damen in ein Album mit Goldschnitt, in blaues Leder gebunden. Die Antwort, Mademoiselle, ist nicht einfach.»
    «Vermutlich nicht. Es wäre ein großes Risiko. Man will nicht gerade ein Politiker oder die Königin von England sein. Und was die Freunde angeht, so weiß man zu viel über sie. Allerdings fällt mir da etwas ein. Ich erinnere mich an ein besonders nettes Ehepaar. Sie waren so höflich und herzlich zueinander und schienen sich so gut zu vertragen – obwohl sie schon lange verheiratet waren –, dass ich die Frau sehr beneidete. Ich hätte sofort mit ihr getauscht. Später erzählte mir dann jemand, dass sie seit elf Jahren nicht mehr miteinander sprachen, wenn sie allein waren.» Sie lachte. «Was beweist, dass man nie sicher sein kann, nicht wahr?»
    Nach einem kurzen Augenblick des Schweigens meinte Poirot: «Sie werden sicherlich von vielen Leuten beneidet.»
    «O ja, natürlich», erwiderte Rosamund Darnley kühl. Sie überlegte kurz. Ihre Lippen verzogen sich zu einem ironischen Lächeln.
    «Ja, ich bin genau der Typ der erfolgreichen Frau. Ich genieße die Befriedigung, die es mir macht, schöpferisch zu sein und als Künstlerin Erfolg zu haben. Ich entwerfe gern Kleider. Dazu kommt der finanzielle Erfolg. Ich kann sorglos leben, habe eine gute Figur, ein annehmbares Gesicht und kein zu böses Mundwerk.» Ihr Lächeln wurde breiter. «Nur eines stimmt bei mir nicht – ich habe keinen Mann. Da habe ich versagt, nicht wahr, Monsieur Poirot?»
    «Wenn Sie nicht geheiratet haben, Mademoiselle, kommt es wohl daher, dass keiner meiner Geschlechtsgenossen Sie überzeugen konnte», erwiderte Poirot galant. «Es war Ihre freie Wahl, allein zu bleiben, kein von außen aufgezwungenes Muss.»
    «Trotzdem bin ich überzeugt, dass Sie im Grunde Ihres Herzens wie alle Männer glauben, eine Frau kann ohne Mann und Kinder nicht glücklich werden.»
    Poirot zuckte die Schultern. «Heiraten und
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