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Das Böse unter der Sonne

Das Böse unter der Sonne

Titel: Das Böse unter der Sonne
Autoren: Agatha Christie
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runter. Es macht ihnen Spaß.»
    «Da kommt ja Mrs Redfern», rief Mr Lane. «Sie war beim Schwimmen.»
    «Sie wird Monsieur Poirot gefallen», bemerkte Miss Brewster. «Sie gehört nicht zu den Sonnenanbeterinnen.»
    Die junge Mrs Redfern hatte ihre Badekappe abgenommen und schüttelte ihr Haar aus. Sie war aschblond und besaß eine sehr helle Haut, wie sie Blondinen häufig haben. Arme und Beine waren sehr weiß.
    «Im Vergleich zu den andern sieht sie etwas ungekocht aus», stellte Major Barry fest und kicherte rau.
    Christine Redfern hüllte sich in einen bodenlangen Bademantel und kam die Treppe zur Terrasse herauf. Sie hatte ein helles, ernstes Gesicht, auf eine eher unattraktive Art hübsch, und zierliche Hände und Füße. Sie lächelte und ließ sich in einen Stuhl fallen, wobei sie den Bademantel enger um sich zog.
    «Sie haben von Monsieur Poirot ein Lob bekommen», bemerkte Miss Brewster. «Er mag die Massen nicht, die in der Sonne braten. Er behauptete, dass sie ihn an eine Fleischbeschau erinnerten, wie beim Metzger.»
    Christine Redfern lächelte bedauernd. «Ich wünschte, ich könnte mich in die Sonne legen. Aber ich werde nicht braun. Ich bekomme nur einen Sonnenbrand und überall Sommersprossen.»
    «Besser, als wenn Ihnen an Armen und Beinen Haare wüchsen, wie Mrs Gardeners Tochter Irene», antwortete Miss Brewster. Als sie Christines fragenden Blick bemerkte, fügte sie hinzu: «Mrs Gardener war heute Vormittag in Hochform. Nicht zu bremsen. Odell hier und Odell dort!» Sie schwieg einen Augenblick. «Ich wünschte, Monsieur Poirot, Sie hätten gute Miene zum bösen Spiel gemacht. Warum taten Sie es nicht? Warum erzählten Sie ihr nicht, dass Sie hergekommen seien, um einen besonders grauenvollen Mordfall aufzuklären? Dass der Täter, ein Verrückter, sich vermutlich unter den Hotelgästen befände?»
    Hercule Poirot seufzte. «Ich fürchte sehr, dass sie mir sogar geglaubt hätte.»
    Major Barry stieß ein leises keuchendes Lachen aus. «Davon bin ich überzeugt», sagte er.
    «Nein», protestierte Emily Brewster, «ich bin der Meinung, dass sogar Mrs Gardener einen Mord an einem Ort wie diesem für unmöglich hält. Hier findet man keine Leichen.»
    Hercule Poirot bewegte sich etwas in seinem Sessel. «Aber warum nicht, Mademoiselle?», fragte er. «Warum sollte es auf der Schmugglerinsel keine Toten geben?»
    «Das weiß ich nicht so genau», antwortete Miss Brewster. «Vermutlich sind gewisse Orte unglaubwürdiger als andere. Die Insel passt einfach nicht zu…» Sie brach ab. Offenbar fand sie es schwierig zu erklären, was sie meinte.
    «Sie ist romantisch, ja», stimmte Poirot zu. «Und friedlich. Die Sonne scheint – auf die Guten und die Schlechten. Das Meer ist blau. Aber Sie vergessen, Miss Brewster, dass überall auf der Welt das Böse lauert.»
    Der Pfarrer beugte sich interessiert vor. Seine stahlblauen Augen blitzten.
    «Oh, natürlich ist mir das klar!», rief Miss Brewster und zuckte die Achseln. «Trotzdem…»
    «Trotzdem erscheint Ihnen die Szenerie für ein Verbrechen ungeeignet? Dabei vergessen Sie etwas, Mademoiselle.»
    «Die menschliche Schwäche vermutlich?»
    «Ja, das auch. Das spielt auch eine Rolle. Aber ich wollte etwas anderes sagen. Ich wollte sagen, dass hier jeder ein Feriengast ist.»
    Emily Brewster blickte ihn erstaunt an. «Ich fürchte, ich verstehe nicht, was Sie meinen.»
    Hercule Poirot lächelte sie freundlich an und fuhr mit dem Zeigefinger nachdrücklich durch die Luft. «Nehmen wir mal an, Sie haben einen Feind. Wenn Sie ihn in seiner Wohnung treffen wollen, in seinem Büro, auf der Straße –, nun, da müssen Sie einen Grund haben, Sie müssen sich rechtfertigen. Aber hier am Meer ist so etwas überflüssig. Warum sind Sie nach Leathercombe gekommen? Wieso? Es ist August alle Welt fährt im August ans Meer – Sie sind zur Erholung hier. Das ist ganz normal, sehen Sie, dass Sie hier sind, oder Mr Lane oder Major Barry, oder Mrs Redfern und ihr Mann. Weil es in England üblich ist, im August ans Meer zu fahren.»
    «Nun», gab Miss Brewster zu, «das ist ganz gewiss eine geniale Idee. Aber was ist mit den Gardeners? Sie sind Amerikaner.»
    Poirot lächelte. «Sogar Mrs Gardener möchte sich erholen, wie sie mir selbst erzählt hat. Außerdem gehört zu einer Besichtigungsreise durch England auch ein vierzehntägiger Aufenthalt am Meer. Es macht ihr Spaß, andere Leute zu beobachten.»
    «Sie beobachten auch gern die Leute, nicht wahr?», murmelte
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