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Das Blut von Magenza

Das Blut von Magenza

Titel: Das Blut von Magenza
Autoren: Claudia Platz
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hatte.
    Haus des Tuchmachers
    Dithmar trauerte um seinen Vater. Zu Lebzeiten waren sie nicht immer einer Meinung gewesen, vor allem während der letzten Monate hatte es heftige Wortgefechte gegeben. Aber nun vermisste er ihn. Er war in seinen Armen gestorben und hatte in seinem Todeskampf noch Frieden mit seinem Sohn geschlossen, was Dithmar etwas tröstete. Seineletzten Worte würde er niemals vergessen. „Tu das Richtige!“, hatte er noch hervorgepresst, bevor er für immer die Augen schloss.
    Als er am Abend voller Trauer und mit Brandblasen an den Händen nach Hause kam, erwartete ihn Griseldis. Nachdem Hanno sie hinausgeworfen hatte, war sie in ihr Haus zurückgekehrt, wo sie vom Tod Bertolfs erfuhr. Sie war gekommen, um ihrem Verlobten ihr Beileid zu bekunden.
    Auch wenn sie ihre Worte aufrichtig meinte, schien es Dithmar, als höre er eine leise Genugtuung durchklingen. „Es tut mir sehr leid, dass du ihn so plötzlich verloren hast.“
    „Erst jetzt wird mir klar, was er mir tatsächlich bedeutete.“
    „Weißt du schon, wie es weitergehen wird?“
    „Sobald ich ihn beerdigt habe, eröffne ich unseren Laden und nehme den Tuchhandel wieder auf. Es kann sein, dass ich anfangs viel reisen muss, denn ich fürchte, die Geschäfte werden hier in nächster Zeit schleppender laufen, vor allem da der Erzbischof und fast alle Herren des Domkapitels die Stadt verlassen haben. Aber ich werde es schaffen“, meinte er überzeugt.
    „Brauchst du dazu nicht Hilfe?“
    „Ich nehme mir einen Lehrling.“
    „Und was ist mit mir?“, fragte sie ihn. „Ich würde dir zu gern beistehen.“
    Dithmar betrachtete sie lange. Noch immer brachten ihn ihre makellose Schönheit und ihre Anmut um den Verstand, aber er spürte auch eine Kälte, die von ihr ausging und die er bislang nicht wahrgenommen hatte. Er erschauerte und wich vor ihr zurück.
    Griseldis war seine Reaktion keineswegs entgangen. „Was ist mit dir?“
    „Ich habe das Gefühl, als kenne ich dich gar nicht. Ich kann nicht vergessen, wie du dich gegen deine Angreifer zur Wehr gesetzt hast. Seitdem erscheinst du mir wie eine Fremde.“
    Griseldis hatte dergleichen schon befürchtet. Da sie ihn aber nicht so einfach aufgeben wollte, rückte sie mit der Wahrheit heraus. Vielleicht verstand er sie ja und konnte ihr verzeihen. In aller Ruhe erklärte sie ihm, wer sie war und welche Aufgabe sie zu erfüllen hatte. Den Mord an Wolff verschwieg sie allerdings genauso wie das Liebesverhältnis zum Erzbischof.
    Dithmar unterbrach sie nicht einmal, aber seine Miene wurde immer verschlossener. Als sie fertig war, meinte er nur: „Mein Vater hatte recht, dir nicht zu trauen! Wie lange wolltest du das vor mir geheimhalten? Bis wir verheiratet sind? Oder wolltest du es mir niemals erzählen?“
    „Dithmar, du weißt jetzt alles über mich“, blieb sie ihm die Antwort schuldig. „Nun liegt es an dir, ob deine Liebe zu mir so groß ist, wie du immer behauptet hast, und du mich als die annehmen kannst, die ich bin.“
    Dithmar mied ihren Blick und stand auf. „Das kann ich nicht! Ich löse unsere Verlobung. Da keiner davon weiß, fällt kein Makel auf uns. Und nun verlass mein Haus“, sagte er mit brüchiger Stimme.

Ein Jahr später
    Mainz
    Conrad stand mit Widukind im Chorraum von St. Maria ad gradus und betrachtete die Madonna.
    „Du machst der Mutter Gottes alle Ehre.“
    „Ist das deine ehrliche Meinung?“
    „Ja. Sie ist anders als alle Figuren, die ich bisher gesehen habe. Sie wirkt so lebensecht und es scheint, als schaue sie tief in die Seele der Menschen. Ihr Gesicht ist beinah lebendig. Eine christliche Figur mit einem jüdischen Antlitz, habe ich recht?“, fragte er.
    „Dann ist dir die Ähnlichkeit zu Sara nicht entgangen?“
    „Keineswegs.“
    „Du bist der Einzige, der es bemerkte“, stellte Widukind fest.
    „Das ist wohl auch besser so. Weiß sie, dass sie Vorbild für deine Gottesmutter war?“
    „Nein, und da sie niemals eine Kirche betreten wird und ich es ihr nicht sagen werde, erfährt sie es auch nicht. Seit sie Mutter ist, ist sie anders. Trotz all dem Leid, das ihrem Volk widerfuhr, erscheint sie mir zufrieden. Sie konnte sogar Immanuel und ihren Vater überzeugen, in Magenza zu bleiben, damit sie am Neuaufbau der Gemeinde mitwirken. Es wird noch Jahre dauern, aber wie ich sie kenne, gibt sie nicht auf. Sie führt auch den Geldverleih fort und ist wohl recht erfolgreich damit.“
    „Und was ist mit dir, Widukind? Bist du glücklich?“,
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