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Das Blut-Haus

Das Blut-Haus

Titel: Das Blut-Haus
Autoren: Jason Dark
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lebendigem Leibe begraben hatte, denn nur so konnten die Ankous entstehen, die Friedhofswächter. Aber die Menschen hatten einen Fehler begangen. Sie hätten sich eine andere Person als Ankou aussuchen sollen und keine, die bereits einen Kontakt zu den schwarzmagischen Kräften geknüpft hatte, zwar aussah wie ein Mensch, aber tatsächlich ein Ghoul war, der im Grab nicht verweste, sich sogar von den anderen Leichen ernähren konnte und so die lange Zeit überdauerte. Sein Geist hatte sich abgespaltet, so schrieben es die Gesetze vor, und dieser Geist nahm eben die Aufgabe als Wächter wahr.
    »Ich bin Geist und Körper«, erklärte er mir. »Ich werde weiter leben und irgendwann einmal, wenn ich nicht mehr will, meinen Körper aus der Erde nach draußen schicken.«
    Ja, das hatte ich erlebt. Ich unterdrückte eine Antwort und erkundigte mich nach den neuen Leichen.
    Da hatte ich das richtige Thema angesprochen, denn der Ghoul war rasch dabei. »Sie machen abermals einen Fehler«, erklärte er mir, »denn wiederum begraben sie die Falschen. Dieser Friedhof wird nicht zur Ruhe kommen, das kann ich dir versprechen. Die Toten sind Günstlinge der Hölle, sie können nicht getötet werden. Sie werden auch keine Nahrung für mich sein, denn sie bleiben als lebende Leichen in den Tiefen der Gräber liegen und werden erst wieder hervorkommen, wenn die Zeit reif ist. Dann werden sie den Menschen begreiflich machen, wer sie eigentlich sind, und die Menschen selbst werden die Hände vor ihre Gesichter schlagen, weil sie das Grauen nicht fassen können.«
    »Was ist, wenn ich dich vernichte?«
    Der Geist gab sich sehr sicher. »Das wirst du nicht schaffen. Keiner kann den Geist töten.«
    »Vielleicht«, gab ich zu. »Bestimmt nicht jetzt, doch es wird eine Zeit kommen, wo es anders aussieht.«
    Ob der Geist eines Ghouls verunsichert sein konnte, wußte ich nicht. Mir jedenfalls kam er so vor, weil es eine Weile dauerte, bis seine Antwort in meinen Gedankenapparat drang. »Du solltest dich hüten, mich anzugreifen. Es ist nicht gut, wenn jemand den Ankou vernichtet, denn er hält das Böse, das Schreckliche eines Friedhofs, unter Kontrolle. Denke daran, auch wenn du noch so mächtig bist und es schaffen könntest. Vernichte keinen Ankou, es wäre auch dein Untergang, denn die anderen Kräfte kämen frei.«
    Daß der Geist nicht gelogen hatte, war mir klar. Ich selbst hatte es am eigenen Leibe erlebt, denn in meiner Zeit hatte ich den Ghoul vernichtet und der Horde um Mondrian freie Bahn verschafft. Sollte ich dafür in der Vergangenheit büßen?
    Ich schaute den Geist an. Und plötzlich war mir klar, daß ich alles so lassen mußte. Auch wenn ich ihn hätte zerstören können, es wäre nicht gegangen.
    Die Lösung der Probleme fand ich nicht hier, nur in meiner Zeit. Dorthin mußte ich wieder zurück.
    Ich hob den linken Arm. Es war eine Geste, die einen Abschiedsgruß dokumentieren sollte. »Ich weiß, daß wir Feinde sind. Ich kann keinen Ghoul und auch nicht dessen Geist akzeptieren. Ich hätte dich vernichten müssen, aber es ist diesmal anders. Deinen Körper werde ich wiedersehen. Wie es mit dem Geist ist, weiß ich nicht.«
    Nach den letzten Worten zog ich mich zurück. Ich ging rückwärts. Auch der Geist des Ankou bewegte sich. Er huschte wie ein bleiches Leichentuch zur Seite, drang in ein Gebüsch ein und wurde von ihm verschluckt, als hätte es ihn nie gegeben. In guter Deckung blieb ich stehen, schaute schräg gegen den Himmel und dachte über die unheimliche Begegnung nach und auch darüber, daß ich immer wieder etwas Neues erlebte und die schwarzmagische Seite mit Überraschungen nicht sparte.
    Als ich die Stimmen der Söldner hörte, kam es mir vor, als wäre ich aus einem tiefen Traum gerissen worden. Ich atmete einige Male durch und dachte daran, daß es für mich Zeit wurde, wieder zurückzukehren. Hier hatte ich nichts mehr verloren.
    Zuvor jedoch wollte ich nachschauen, wie weit die Menschen aus Selsey mit ihrer makabren Arbeit fortgeschritten waren.
    Hören konnte ich sie, sie zu beobachten war schon schwieriger, denn ich mußte einen Bogen schlagen, um an sie heranzukommen. Dumpfe Geräusche irritieren mich.
    Wenig später erkannte ich den Grund. Männer und Frauen waren dabei, den Boden der zahlreichen Gräber mit den flachen Seiten ihrer Schaufeln plattzuschlagen.
    Die Söldner schauten zu. Manche hatten die Köpfe zusammengesteckt, flüsterten miteinander, wobei sie ihre Geräusche hin und wieder
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