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Das Blut des Skorpions

Das Blut des Skorpions

Titel: Das Blut des Skorpions
Autoren: Massimo Marcotullio
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gewandt, »ich habe Euch schon mit Sorge erwartet. Habt Ihr vom Zustand des armen Pater Wiedenmann gehört?«
    Der Bischof nickte. »Zum Ausgleich ist nun wenigstens der Skorpion zu seinen Ahnen gegangen beziehungsweise schmort im untersten Kreis der Hölle. Seine Komplizen sind festgenommen und werden streng bewacht. Hat die Königin von den Vorfällen erfahren?«
    »Sie stand nur wenige Schritte entfernt, als es zu dem kleinen Gefecht gekommen ist. Sie hat sich gleichgültig gegeben, aber ich glaube, sie war sehr erschrocken.«
    »Wir müssen das Eisen schmieden, solange es heiß ist. Erzählt ihr, dass gerade ein Attentat auf sie vereitelt worden ist. Sagt, dass der Skorpion persönlich auf sie angesetzt worden war, zeigt ihr seine Leiche. Christine weiß, von wem die Rede ist, und wird einen Heidenschreck bekommen, der sie vielleicht endlich dazu bringt, die Reise nach Schweden anzutreten.«
    »Eine ausgezeichnete Idee. Wir müssen allerdings auch noch diese andere Angelegenheit regeln«, flüsterte der Kardinal und deutete auf den Maler, der gemeinsam mit Melchiorri und Beatrice den ungeheuren Luxus bestaunte, den die Königin aufgeboten hatte.
    »Das kann bis nach dem Essen warten, Eminenz. Lassen wir sie noch das Bankett genießen, sie haben es sich verdient.«
    Ein paar Kammerdiener geleiteten die neuen Gäste an ihre Plätze, während die letzten Nachzügler in den Saal drängten, die – nach ihrem zerzausten, atemlosen Äußeren zu urteilen – aus irgendeinem Alkoven kamen, wo sie sich eine pikante Vorspeise gegönnt hatten. Azzolini nahm neben der Königin Platz und de Simara neben ihm. Die übrigen drei Plätze wurden der Reihe nach an den Großmeister, die strahlend schöne Beatrice und Fulminacci vergeben, der seine Kleidung wieder vervollständigt hatte, bevor er das Laboratorium verließ.
    Die Gänge, die nun nacheinander aufgetragen wurden, schienen direkt aus dem Schlaraffenland zu kommen: Austern aus der Adria, serviert mit einem leichten, moussierenden französischen Weißwein, den der Maler noch nie gekostet hatte. In hauchfeinen Speck gewickelte Krebse, Seebarsch in süß-saurer Soße, mit Jungfischen gefüllte Langusten und weitere ähnliche Köstlichkeiten. Auf die Gaben des Meeres folgten die der Erde: Stockenten pastete, Krickentensülze mit getrüffelten Äpfeln, Foiegras im Teigmantel mit einem Kompott aus süßen Zwiebeln, Wild vom Spieß mit karamellisierten Pflaumen und Johannisbeersoße.
    Die Weine, die jeden Gang begleiteten, waren vom Besten, was man bekommen konnte: trockene Weißweine von der Mosel, würzige Tropfen aus dem Elsass, vollmundige, blutrote Nektare aus dem Médoc, dem Burgund, aus Alicante, honigsüße Weine, fachmännisch gereift in den kühlen, feuchten Kellern Siziliens, Spaniens und der Provence.
    Auf die Fleischgänge folgte ein Apfelsorbet, das perfekt begleitet von einem Schnaps namens Calvados eingenommen wurde und den Gästen erlaubte, mit frischem Elan dem triumphalen Einzug der süßen Nachspeisen entgegenzusehen: geeister sizilianischer Ricottakuchen mit Schokolade und kandierten Früchten, lauwarme normannische Apfeltartes mit Zabaione und als würdiger Abschluss die überwältigenden Wundergebilde aus Zucker, die den Stolz jedes namhaften Konditors darstellten.
    Ganze Trupps von Bediensteten schleppten große, elegante Tabletts herein, auf denen diese Meisterwerke des Zuckerbäckerhandwerks angerichtet waren: filigrane, hohe Konstruktionen in Form der Spitztürmchen gotischer Kathedralen, luftige Brücken und schließlich die größte und verblüffendste Kreation: ein riesiger Thron aus gesponnenem Zucker, auf den der unvergleichliche Bartolomeo Stefani, der Koch der Könige, sein ganzes Können verwandt hatte. Während die vorhergehenden, schon sehr erstaunlichen Werke nur aus einfarbigem, leicht karamellisiertem Zucker bestanden, war dieses in den unverkennbaren Farben der Vasa gehalten: Himmelblau und Gold. Als Huldigung an den Papst, welcher der schwedischen Königin so wohlwollend seine Gastfreundschaft gewährte, war in der Mitte des Throns, an der Stelle, wo die Königin ihren Nacken angelehnt hätte, das aus Zuckerwerk nachgebildete Wappen der heiligen römisch-katholischen und apostolischen Kirche zu sehen.
    Dieses letzte Meisterwerk wurde von den Speisenden mit lautem Applaus empfangen, auf den eine ausgedehnte Ovation an Christine folgte, die allerkatholischste Königin von Schweden, wenn auch zur Zeit ohne Thron, sowie an den Heiligen Vater
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