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Das Blut der Medusa

Das Blut der Medusa

Titel: Das Blut der Medusa
Autoren: Jason Dark
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Handballen in Höhe des Nasenbeins vor das Gesicht.
    Nur seine Augen waren noch deutlich zu erkennen. Jedoch auch sie veränderten sich und schienen sich aufzulösen.
    »Du… du…«, würgte er hervor. »Du weißt es. Das Bild… sie haben es zerstört. Sie haben es vernichtet und mich auch, verdammt…« Er ließ seine Hand sinken.
    Im gleichen Augenblick rutschte auch die Rechte von Clarissas Handfläche ab. Als sie, durch den eigenen Schwung geführt, gegen den Körper des Mannes prallte, wirkte dies in etwa wie eine Initialzündung. Plötzlich rieselte die Haut wie trockener Staub dem Boden entgegen. Clarissa hörte das Knacken. Seine Knochen brachen, als bestünden sie aus dünnem Glas.
    De Greco konnte sich keine Sekunde mehr länger auf den Beinen halten. Er sackte zusammen, fiel quer über den Korbsessel, riß diesen noch mit um und polterte mit ihm zusammen auf den Steinboden. Zwischen dem Korbgeflecht der Sitzfläche hingen Reste von ihm. Knochensplitter und auch Hautstücke. Er selbst verging.
    Ein Mann, der längst hätte tot sein müssen, fand nun sein wirkliches Ende.
    Das Bild und die Kraft der Medusa hatten ihn am Leben erhalten. Jetzt war das Gemälde zerstört worden und damit der unselige Lebensfaden des Malers auch gerissen.
    Er lag auf dem Bauch, dicht vor Clarissas Füßen. Noch einmal versuchte er, den Kopf zu heben. Das kostete ihn Kraft, und es war ein vergebliches Unterfangen.
    Eine Fingerhöhe bekam er ihn noch vom Boden hoch, dann fiel der Kopf wieder zurück, dessen Knochen morsch und alt geworden waren. Clarissa hörte es knirschen.
    Danach war es still.
    Sie ging zur Seite. Am liebsten wäre sie weggelaufen, weit weg, aber das war nicht möglich. Sie schaffte es einfach nicht, das Zimmer zu verlassen, und sie hatte auch Angst vor diesem gefährlichen Garten, in dem das Unheil lauerte.
    De Greco, der Maler, war gestorben. Jemand, den Clarissa nicht kannte, mußte sein Meisterwerk zerstört haben, mit dem er sich so verbunden fühlte.
    Doch die anderen existierten noch. Vier Medusen und auch ihre Anführerin, die sich Flora nannte, getreu nach der Göttin der Blumen. Weder John noch Clarissa hatten sie je zu Gesicht bekommen. Trotzdem glaubte das Mädchen nicht daran, daß es sich bei Flora um ein Hirngespinst handelte. Sie mußte sich hier irgendwo versteckt halten. Clarissa kostete es Überwindung, auf die Balkontür zuzugehen. Sie drückte sich an dem Toten vorbei. Ihre Gehbewegungen besaßen dabei etwas Roboterhaftes, über ihren Rücken rann ein kalter Schauer, und sie fürchtete sich vor dem, was sie möglicherweise unten im Garten erwartete, wenn sie über den Tod des Malers berichtete. Helles Licht füllte das Zimmer. Die Sonne meinte es wieder sehr gut. Der Schein drang von der Galerie her in den Raum, zeichnete alles sehr deutlich nach, und Clarissa kam sich vor wie auf dem Präsentierteller. Die letzten Schritte bis zum Ziel legte sie noch langsamer zurück. Dann stand sie direkt vor dem Balkon, drückte ihren Kopf nach vorn und konnte bereits in den Garten schauen.
    Sie sah einen Teil des Pools. Es war nur ein kleiner Ausschnitt, aber sie erkannte auch die dunkelhäutige Mona, die einen Trinkbecher an die Lippen setzte.
    Obwohl Clarissa die Flüssigkeit darin nicht erkennen konnte, glaubte sie daran, daß Mona das Blut der Medusa schlürfen würde. Ihr wurde fast übel, als sie sich mit diesem Gedanken beschäftigte. Wie konnte man nur Blut trinken, auch wenn es angeblich ein besonderer Saft war?
    Mona setzte den Becher ab, und Clarissa vernahm einen Satz, der sie regelrecht elektrisierte.
    »Wer sie ansieht, wird zu Stein!«
    Sie warf sich zurück, taumelte durch das Zimmer, wankte in den Flur und dachte daran, daß sie John Sinclair möglicherweise als Steinfigur wiedertreffen würde…
    ***
    Daran dachte auch ich!
    Mir war alles erlaubt, ich durfte nur nicht in die Gesichter der vier Medusen schauen, dann war ich verloren.
    Zwar trennte uns der Pool, aber diese Entfernung war lächerlich gering. Sie schwächte die magische Wirkung nicht. Die Luft war noch immer klar, selbst der Boden atmete die Frische. Das alles tat dem Grauen keinen Abbruch.
    Es hatte sich manifestiert, die Kraft der Medusa, getankt durch das Blut, sollte eine fürchterliche Rachetour einleiten.
    Natürlich hütete ich mich davor, mich umzudrehen. Selbstmörder war ich nicht, deshalb schaute ich nur in den Spiegel und bewegte ihn auch, um die vier Medusen im Blick zu behalten.
    Es begann bei den Haaren,
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