Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Das blaue Feuer - Roman

Titel: Das blaue Feuer - Roman
Autoren: Bastei Lübbe
Vom Netzwerk:
brannte. Schreckliche Schmerzen trafen mich wieder und immer wieder.
    Es geht um die Kontrolle, Nya-Schatz, hatte Papa gesagt, wenn er das blauheiße Pynvium mit seinen Zangen und dem Hammer bearbeitete. Wenn du es zu sehr zwingst, geht dein Auslöser los, ehe es fertig ist. Zu zaghaft, dann blitzt es vielleicht nie. Du musst das Gleichgewicht zwischen Zwang und Betteln finden. Bitte es einfach zu tun, was du von ihm willst. Beim Zaubern geht es darum, mit dem Pynvium zu arbeiten, nicht dagegen.
    »Nein.«
    »Du bist der Auslöser. Tu, was ich sage, und hör auf zu blitzen.«
    Das Bedürfnis zu blitzen war so überwältigend, dass ich befürchtete, es könnte mich zerreißen. So viel stärker als das Bedürfnis zu gehorchen. Ich griff in die Scheibe und zog die Schmerzen heraus, sodass nichts mehr übrig war, um zu blitzen. Das Pynvium jammerte, wie ein Schrei in meinem Kopf. Ich wollte die Schmerzen haben, die mir gehörten. Wollte die Kontrolle wiedererlangen.
    Hilf mir, du riesiger Brocken aus blauem Metall. Hilf mir, dann gewinnen wir beide.
    Das Bedürfnis zu gehorchen konnte nicht gewinnen. Dem Bedürfnis zu blitzen war ich auf halbem Weg entgegengekommen. Ich war einen Kompromiss eingegangen, damit die Scheibe und die Schmerzen bekommen würden, was sie wollten, und mich in Ruhe ließen. Ich malte mir winzige Löwenzahndolden aus, die aus silberblauen Metallhandschellen wuchsen. Ich blies ganz behutsam, damit nur wenige davonflogen.
    Peng!
    Die Schmerzlöser schrien auf. Das Jammern des Pynviums wurde lauter, die Vibrationen unter meinen Füßen stärker.
    »Herr, ganz ruhig, wir schaffen Euch fort von hier!«
    Füße in Stiefeln traten auf Stein. Körper schleppten sich dahin. Türen knallten.
    Ich presste die Hände gegen das Pynvium. Die Schmerzlöser waren jetzt wach und betrachteten alles mit großen, verängstigten Augen. Sie zerrten an den Handschellen. Das Bedürfnis zu blitzen kam wieder in mir hoch. Ich konzentrierte mich auf das Metall, das uns an die Scheibe fesselte.
    Peng!
    Löser schrien und zerrten an den Handschellen. Einige fielen zu Boden, als die Fesseln zerbrachen.
    »Lauft!«, sagte ich durch zusammengebissene Zähne und bekämpfte den Wunsch, noch mal zu blitzen. Damit unterdrückte ich auch das Bedürfnis zu gehorchen - dem Herzog, Vinnot, sogar mir selbst. Die Löser stolperten umher und wirkten verloren. Einige gingen zur Tür, andere taumelten und fielen zu Boden.
    Ich drückte meine Handflächen ins Pynvium. Die Scheibe leuchtete tiefblau unter dem Metall, das darauf geschweißt worden war, wie die Geheimzeichen in der Schmiede. Darüber schimmerte die Luft, darunter grollte die Erde. Das Metall sah zu heiß aus, als dass man sich ihm nähern konnte, aber das Pynvium war nicht heißer als ein Stein im Sommer. Warm, aber es versengte einen nicht.
    Zumindest mich versengte es nicht.
    Schmerzen entströmten der Scheibe und umwirbelten mich, versuchten die Kontrolle wiederzuerlangen, mich gefügig zu machen. Mich quälte das Verlangen, mehr als nur einen winzigen Ausbruch zu blitzen, aber die Löser hatten noch nicht alle den Raum verlassen. Meine Haut prickelte, als würde mein Körper von Nadeln zerstochen. Das Jammern wurde lauter, als flehe es mich an, es herauszulassen. Immer noch zirkulierten die Schmerzen, aber jetzt hatten sie außer mir keinen Ort mehr, an den sie gehen konnten.
    Ich musste die Schmerzen herauslassen. Es war mir ein dringendes Bedürfnis, obgleich mir mein Verstand zuschrie, es nicht zu tun. PENG!
    Meine zerrissene, blutige Kleidung verschwand. Schreie hallten nach, dann Stille.
    PENG!
    Die Wände barsten. Der Stein unter meinen Knien verwandelte sich in feinen Kies. Das silberblaue Metall zerbröckelte und flog fort. Pynviumsand floss von der Wunderwaffe, als sich das unreine Metall auflöste. Ein Klang in meinem Kopf - Stein auf Stein. Dann ... änderte sich etwas in mir. Nein, nicht allein ich, auch die Scheibe. Eine Welle von ... etwas ... rollte zwischen mir und der Scheibe, mahlend, sich bewegend, sich windend.
    Ich sank inmitten des Pynviumsands, der auf mich herabregnete, auf die Knie und kroch davon. Der Boden mit den Rissen schnitt in Handflächen und Knie. Ich kroch vorbei an fallengelassenen Schwertern und rotem Nebel.
    Mein Magen zitterte und verkrampfte sich schlimmer, als ich es je zuvor gefühlt hatte. Ich zwang mich auf die Knie. Dann schaute ich zurück zu dem, von dem ich wusste, dass ich es sehen würde.
    Pynvium mit Zauberzeichen.
    Und
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher