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Das blaue Feuer - Roman

Titel: Das blaue Feuer - Roman
Autoren: Bastei Lübbe
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vorzustellen, aber meine Gedanken konzentrierten sich einfach nicht genug. Ich konnte es tun. Ich musste es tun. Ich musste nur das Pynvium blitzen. Konzentriere dich. Einfach ...
    ... sovielschmerz-sovielschmerz-sovielschmerz ...

Sechsundzwanzigstes Kapitel
 
    S chmerzen wurden zu Feuer, das Feuer wurde zu Eis, Eis verwandelte sich wieder in Schmerzen. Unter den Schmerzen, der Hitze und dem Eis konnte ich etwas spüren, das sich drehte und wand; etwas, das schrie.
    Schließlich fand ich heraus, dass ich selbst das war.
    Ich heulte in meinem Kopf, aber die anderen waren still. Ich konnte sie aber wahrnehmen. Verzweiflung, Höllenqualen, Todesangst. Unterwerfung. Ich schrie mit ihnen, als die Schmerzen wieder und wieder und wieder durch uns rasten, damit wir aufgaben und uns unterwarfen.
    Ein Stimme drang durch die Schmerzen.
    »Du bist mein Auslöser.«
    Eine Stimme, die ich hasste. Ich schüttelte den Kopf, aber ich spürte nicht, dass mein Körper sich bewegte. Ich schrie »Nein«, aber kein Laut kam heraus.
    »Herr, vielleicht solltet Ihr das Gerät noch ein Weilchen an ihr arbeiten lassen. Wir wollen nicht, dass sie blitzt, bis wir sicher sind, die Kontrolle zu haben.«
    »Ich habe Kontrolle. Schau sie dir doch an.«
    »Bleibt wenigstens hinter der Schutzwand.«
    Wut stieg höher als die Schmerzen, und - wie zuvor - klärten sich meine Gedanken. Ich hatte keinen Körper mehr, aber ich verfügte noch über meinen Verstand, und der wehrte sich gegen den Befehl, sich zu ergeben und zu tun, was der Herzog wollte. Ich sammelte mein Ich in dem kleinen Platz zwischen Herz und Eingeweiden, wo ich immer die Schmerzen trug, die ich schiftete. Es war nicht viel, aber es war alles, was von mir noch übrig war.
    Ich hortete die Schmerzen.
 
    Die Stimme ertönte wieder. »Du bist mein Auslöser.«
    Ich sagte nichts, gab nichts preis. Dabei wollte ich mit »Ja« antworten und alles preisgeben. Das Bedürfnis zuzustimmen, zu dienen, zerrte an mir, als könne es mein Einverständnis so leicht herausziehen wie die Schmerzen, die durch mich hindurchflossen.
    Ich ließ zu, dass die Schmerzen über mich hinwegspülten. Ich würde mich nicht beugen. Sie konnten mich nicht gefügig machen. Mein Verstand war stark.
    Mein Verstand gehörte mir.
 
    »Du bist mein Auslöser.«
    Ich sehnte mich danach, dem zuzustimmen, aber die Wut, welche die Stimme in mir weckte, ließ mich stumm bleiben.
    »Warum sträubt sie sich immer noch?«
    »Herr, ich habe Euch gewarnt, dass es seine Zeit braucht.«
    »Nicht so viel Zeit. Die Rebellionen werden schlimmer. Das ist die perfekte Gelegenheit zu einem vollständigen Test.«
    »Wir sollten wirklich nicht so starken Druck auf sie ausüben, bis wir wissen, dass wir ...«
    »Du bist mein Auslöser! Du gehörst mir, hörst du mich? Mir!«
    Ich ließ mich mit den Schmerzen treiben und lächelte.
 
    Die Schmerzen hielten an. Das Prickeln in meinen Händen und Füßen war ständig präsent, aber ein dumpfes Pochen war neu. Es fühlte sich nicht wie die Irritationen an, die in starkem Gedränge entstanden, wenn man wie eine Puppe herumgestoßen wurde, oder wie die Momente der Stille, ehe die Schmerzen wieder einsetzten. Das Pochen kam und ging, ebenso die Schreie.
    Die Scheibe wollte mich verschlingen. Sie hämmerte gegen meinen Verstand und meine Seele und verlangte, eingelassen zu werden.
    Nein!
    Ich kämpfte gegen die pochenden Schmerzen an und bot meine Willenskraft auf, meine Finger loszuschicken und zu blitzen, um die aufzuhalten, die mich ständig bedrängten, Dinge zu tun, die ich nicht tun wollte. Einen Moment lang spürte ich, wie ich mich bewegte.
    Nein, nicht bewegte. Druck auf meinen Schultern. Vor und zurück. Schütteln.
    »Du bist mein Auslöser! Sag es! Du bist mein Auslöser! Du. Bist. Mein. Auslöser.«
    Schmerzen wogten. Ich kämpfte, aber sie drangen nach innen durch und umspülten mich. Der Druck zu gehorchen wurde stärker als die Wut, die mir Sicherheit gegeben hatte. Es wird länger bei ihr dauern, bis sie gefügig ist ... Nicht viel länger. Mein Wille wurde schwächer. Jede Schmerzwelle nahm etwas von ihm weg, bis - »Ich ... bin ... dein ... Auslöser.«
    »Endlich!«
    »Wir sollten sie noch ein bisschen länger schmoren lassen, wie man so sagt. Um sicherzustellen, dass sie so gefügig wie möglich ist.«
    Vinnot. Der Herzog.
    In meinem Kopf barsten Bilder, Gesichter und Orte. Tali, blass und schwitzend in einem Raum in einem Turm. Aylin, die mich durch Gitterstäbe anschaute.
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