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Das bisschen Kuchen: (K)ein Diät-Roman (German Edition)

Das bisschen Kuchen: (K)ein Diät-Roman (German Edition)

Titel: Das bisschen Kuchen: (K)ein Diät-Roman (German Edition)
Autoren: Ellen Berg
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riesige Kristalllüster, an den Wänden hingen buntfarbige Landschaftsgemälde. Die Fensterfront gewährte eine beeindruckende Aussicht auf den See, der im Morgenlicht glitzerte. Ein paar Segelboote glitten über die spiegelglatte Wasserfläche, die mit der Sonne flirtete.
    Sofort besserte sich ihre Laune. Früüühstück!, jubilierte es in ihr. Nach allem, was sie über Diäten wusste, durfte man morgens zulangen, bis die Schwarte krachte. Erst abends blühte einem eine Qual namens Dinner Cancelling, wie sie bei ihren ausgedehnten Recherchen im Internet erfahren hatte. Aber etwas fehlte hier. Niki kam nicht gleich drauf. Dann begriff sie: kein Kaffeeduft, kein Duft frischer Brötchen. Es roch eher nach Krankenhaus, eine Mischung aus Desinfektionsmitteln, Verzweiflung und Kamillentee.
    Voller Bedauern dachte Niki an die knusprigen Croissants, die sie jeden Morgen vom Bäcker holte, an die selbstgekochten Marmeladen, die brutzelnden Eier, die Wildschweinsalami, den Schinken, die Baguettes. Bei der Vorstellung, wie zu Hause dampfender Cappucino aus der italienischen Kaffeemaschine zischte, war ihr zum Weinen zumute.
    Entkräftet hockte sie sich an den nächstbesten Tisch und schaute sich um. Komisch. Die anderen Gäste waren eindeutig hyperaktiv. Dauernd stand jemand auf und verschwand hinter einer Schwingtür am anderen Ende des Speisesaals, um wenig später zurückzukehren. Dann wiederholte sich die Prozedur. Wer machte denn so was? War sie aus Versehen in einer Anstalt des Wahnsinns gelandet, eingesperrt mit verhaltensauffälligen Volltrotteln?
    »Einen schönen guten Morgen!«
    Niki sehnte den Tag herbei, an dem das stimmen würde. Sie sah auf und direkt in das hagere Gesicht einer Frau, die sie spontan an Heidis gruselige Gouvernante Fräulein Rottenmeier erinnerte. Ihr graues Haar hatte sie straff zu einem Knoten zusammengebunden. Das verhärmte Gesicht war blass und länglich, die spitze Nase und die stechenden Augen verrieten die Gnadenlosigkeit eines weiblichen Folterknechts. Wie die Mädchen an der Rezeption trug sie ein Dirndl.
    »Sie sind neu, richtig? Darf ich um den werten Namen bitten?«
    Die Stimme der Frau klang streng, dennoch atmete Niki auf. Schließlich war sie ein üppig zahlender Gast und dieseKellnerin quasi der Zugangscode zur Küche. Da sollte man besser Freundschaft schließen, selbst mit einem übellaunigen Drachen. Zum Glück hatte Niki ein paar Geldscheine in die Bademanteltasche gesteckt, bevor sie losgegangen war.
    »Michels«, antwortete sie. »Annika Michels.«
    Sie senkte ihre Stimme zu einem Raunen, während sie einen Zwanzigeuroschein herausfingerte, den sie dem Drachen unauffällig hinhielt. »Ich weiß, ich bin eigentlich zum Abnehmen hier, aber ich habe schrecklichen Hunger. Könnte ich bitte ein klitzekleines Rührei und einen Cappuccino haben? Fünf, sechs Rostbratwürstchen wären auch sehr schön. Und süßer Senf. Danach würde ich mich über einen Blaubeermuffin freuen.«
    Eine steile Falte erschien auf der Stirn der Frau. Sie ignorierte den Geldschein, holte einen Block aus der Schürzentasche ihres Dirndls und tippte mit dem Zeigefinger darauf.
    »Frau Annika Michels, soso. Sie haben gleich einen Termin bei Herrn Doktor Mannheimer. Nüchtern. Wissen Sie, was nüchtern bedeutet?«
    Niki druckste etwas Unverständliches. Kleinlaut stopfte sie den Schein in ihre Bademanteltasche zurück. Ihr Körper rebellierte. Er wollte etwas zu essen! Irgendwas! Gab es denn kein Erbarmen?
    »Ich heiße Inge-Gundula. Sie werden sich hier sehr wohlfühlen«, behauptete die Frau mit dem einschüchternden Tonfall einer Herbergsmutter.
    Ohne weitere Erklärung eilte sie davon und kam mit einem Glas Wasser zurück. »Sie haben eine Dreiviertelstunde zurDarmentleerung. Herr Doktor Mannheimer wird Ihnen dann einen Ernährungsplan zusammenstellen.«
    Ein Glas Wasser? Das war ja wohl ein schlechter Scherz. Für den Zaster, den Niki hier abdrückte, konnte sie Kaviar pfundweise verlangen. Doch Inge-Gundula war schon zum nächsten Tisch gegangen. Also gut. Niki trank einen großen Schluck und bereute es eine Sekunde später zutiefst. Was für ein Teufelszeug war das denn? Es schmeckte widerwärtig bitter und löste Brechreiz aus. Hustend setzte sie das Glas ab.
    Mit einem raubtierartigen Sprung war Inge-Gundula bei ihr. »Nein, Frau Michels, alles trinken!« Sie blieb stehen, um Niki zu überwachen.
    »Was – was ist das? Gift?«
    Ein schmallippiges Lächeln erschien auf dem Gesicht von Fräulein
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