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Das bisschen Kuchen: (K)ein Diät-Roman (German Edition)

Das bisschen Kuchen: (K)ein Diät-Roman (German Edition)

Titel: Das bisschen Kuchen: (K)ein Diät-Roman (German Edition)
Autoren: Ellen Berg
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aufgewärmtem Heu gefüllt, zur Entgiftung, wie das Mädchen erläuterte. Anschließend wurde Niki zum Kneippraum geführt, wo sie ihre Füße abwechselnd in heißes und kaltes Wasser tauchen musste. Es folgte ein Sprudelbad in einer Wanne mit eingebauterLichtshow. Das blubbernde Wasser färbte sich gelb, blau, dann violett, während psychedelische Musik aus verborgenen Lautsprechern waberte. Es war wie in musikalischen Seifenblasen paddeln. Für so einen Trip zogen sich andere Leute Drogen rein.
    Zur Mittagszeit fühlte Niki sich wie ein nasses Handtuch im Schleudergang. Sie hatte weder Lust auf das gestrenge Fräulein Rottenmeier noch auf den schwabbelnden Leo Holst. Auch auf eine weitere Begegnung mit Walburga verzichtete sie gern. Also ließ sie sich das Mittagessen aufs Zimmer bringen. Es bestand aus einer staubtrockenen Reiswaffel und einem armseligen Häufchen gekochten Gemüses. Widerwillig gabelte sie das faserige Etwas in sich hinein. Warum tat sie sich das an? Sie musste vollkommen verrückt sein.
    Nachdem Niki dann noch eine ziemlich grobe Rückenmassage, eine geschlagene Viertelstunde Laufband, eine Stretchinglektion und eine erneute Kneippanwendung durchgestanden hatte, war sie so müde, als hätte sie den Mount Everest bestiegen. Ohne Sauerstoffgerät. Sie hatte nicht einmal mehr die Kraft, das Abendessen aufs Zimmer zu bestellen, sondern schlief einfach im Bademantel auf dem Bett ein.
    Ein schwerer Fehler, wie sie feststellte, als sie Stunden später erwachte. Ihre Uhr zeigte Mitternacht. Der Hunger wütete in ihrem Magen wie ein wildes Tier. Ein unerträglicher Kopfschmerz hämmerte in ihren Schläfen. Wenn sie nicht sofort etwas zu essen bekam, würde sie die Tapetenvon den Wänden kratzen. Nikis Hände zitterten, als sie die Nummer der Rezeption wählte.
    »Könnten Sie mir freundlicherweise sagen, in welchem Zimmer Frau Walburga Maletzke untergebracht ist?«
    »Einen Moment, bitte.«
    Sie wartete voller Ungeduld. Die Vision einer Tafel Vollmilchschokolade mit ganzen Nüssen quälte sie so heftig, dass sie sich zusammenreißen musste, das verschlafene Mädel an der Rezeption nicht wüst zu beschimpfen.
    »Zimmer zweihundertvier.«
    Jetzt gab es kein Halten mehr. Das Tor zum Schlemmerparadies stand weit offen! Niki musste nur noch das Zimmer finden, bei Walburga zu Kreuze kriechen, und schon würde sie den himmlischen Geschmack schmelzender Schokolade und zart knackender Nüsse auf der Zunge spüren.
    Von irren Hungerfantasien getrieben, hastete sie durch die leeren Gänge, bis sie die erlösende 204 erblickte. Doch sie klopfte vergeblich. Entweder schlief Walburga tief und fest, oder sie hatte einfach keine Lust auf Besuch zur Geisterstunde.
    »Walburga«, rief Niki leise. »Mach auf! Ich bin’s!«
    Keine Reaktion. Nikis Vorfreude sank in sich zusammen wie ein angestochener Luftballon. Fieberhaft überlegte sie, was zu tun war. Bis sie sich angezogen, ein Taxi bestellt hatte und in die Innenstadt gefahren war, hatten die Restaurants sicher schon geschlossen. Also musste sie ihre Schritte dorthin lenken, wo die naheliegende Quelle der Genüsse war: indie Küche. Sie befand sich direkt neben dem Speisesaal, wie Niki sich erinnerte. Heimlich wie ein Dieb schlich sie los.
    Im Speisesaal war alles dunkel. Ihr Herz klopfte, als sie die Klinke der Küchentür herunterdrückte. Die Tür war unverschlossen. Innerlich frohlockend, schob Niki sie auf. Dann wich sie erschrocken zurück.
    Das konnte nicht wahr sein! Und doch gab es keinen Zweifel: Im flackernden Licht einer Kerze saßen drei Frauen auf dem gekachelten Fußboden und aßen Spaghetti. Walburga und die zwei vormals eleganten Damen, die jetzt statt ihrer Cocktailkleider bunt bedruckte Baumwollnachthemden trugen. Mit großen Augen starrten sie Niki an.
    Sie sammelte sich. »Das ist ekelhaft! Das ist unmoralisch! Ich will mitmachen!«
    Sekunden später schlang sie die Spaghetti direkt aus dem Topf in sich hinein. Mit den Fingern. Gierig zermalmten ihre Zähne die rettende Pasta. Sie wollte nur noch essen, essen, essen. Ihr gebadeter, massierter, gekneteter, ausgehungerter Körper bebte. Alles drehte sich vor ihren Augen.
    Es dauerte eine Weile, bis ihr Magen Entwarnung gab. Mit dem Handrücken wischte sie sich die herrlich fettige Sauce vom Kinn. Seufzend richtete sie sich auf. Und blickte in drei erstaunte Augenpaare.
    »’schuldigung«, sagte sie. »Normalerweise habe ich bessere Tischmanieren.«
    Walburga lachte dröhnend. »Sieh mal an. Da
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