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Das bisschen Kuchen: (K)ein Diät-Roman (German Edition)

Das bisschen Kuchen: (K)ein Diät-Roman (German Edition)

Titel: Das bisschen Kuchen: (K)ein Diät-Roman (German Edition)
Autoren: Ellen Berg
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Peggy. Dann überlegte sie es sich anders und verbannte Wolfgang zurück in den Koffer. Sein selbstgefälliges Erobererlachen war schwer zu ertragen. Es hatte ihm immerhin ein außereheliches Testosteronhoch verschafft, das Niki soeben die dunkelsten Stunden ihres Lebens bescherte.
    Morgen würde sie sich bei ihm melden. Oder übermorgen. Sie würde sich schön Zeit lassen. Es schadete überhaupt nicht, wenn er ein bisschen vor sich hin schmorte. Sollte er doch glauben, sie sei auf offener Straße an einem Hamburger erstickt. Oder man hätte sie in einen orientalischenHarem verschleppt, wo Kingsize-Frauen als ultimativer erotischer Kick galten.
    Seufzend dachte sie an den Mann, mit dem sie fünfundzwanzig Jahre ihres Lebens verbracht hatte. Wolfgang bedeutete ihr alles. Ein Leben ohne ihn war schlicht nicht vorstellbar. Sicher, im Bett lief nichts mehr, aber das würde sich ändern. Sie erinnerte sich noch gut daran, wie sehr sie seine Nähe genossen hatte, seine Hände auf ihrem Busen, seine zärtlich gemurmelten Worte an ihrem Ohr. Und wie schön es gewesen war, in seinen Armen einzuschlafen.
    Niki stülpte sich das lächerliche rosa Hängerchen über den Kopf und setzte sich aufs Bett. Achtundneunzig Kilo. Um bei einer Größe von einem Meter vierundsechzig auch nur entfernt an eine leichtfüßige Gazelle zu erinnern, musste sie sich halbieren. Diese Erkenntnis war so schockierend, dass sie dringend einen Amaretto brauchte. Sie stand auf und öffnete die Minibar. Doch die war nur randvoll mit Wasserflaschen.
    Ärgerlich trat Niki die Tür der Minibar zu. Wenn sie jetzt daheim gewesen wäre, hätte sie sich einen schönen Rotwein eingeschenkt und sich mit einer Schachtel Pralinen aufs Sofa gelegt. Dann hätte sie einen Liebesfilm mit sicherem Happy End eingeworfen und einen gemütlichen Couchabend verbracht. Sehnsuchtsvoll dachte sie an ihr Zuhause. Abgesehen von den unguten Entwicklungen, was Wolfgang betraf, hätte sie sich über nichts den Kopf zerbrechen müssen. Im Kühlschrank warteten stets ausgesuchte Köstlichkeiten auf sie. Der Gedanke daran, dass sie jetzt einen frischgebackenenApfelkuchen mit Vanilleeis essen könnte, brachte sie fast um den Verstand.
    Sie trat ans Fenster, doch die Aussicht auf den trübseligen Innenhof voller Mülltonnen machte alles nur noch schlimmer. Sie hatte Hunger. Sie wollte einen Amaretto. Das Zimmer war eine Katastrophe, ihre Ehe vorläufig am Ende. Ein schreckliches Schicksal hatte beschlossen, sie heimzusuchen. Und sie konnte nicht mal eine Freundin anrufen – ihr Handy lag unter einer dicken Schicht Asche daheim im Kamin.

 
    Als der Morgen graute, war Niki am Ende. Die Nacht war ein Desaster gewesen. Schweißnass hatte sie sich auf dem Bett hin und her gewälzt wie ihr eigener Alptraum. Der Anblick von Wolfgang und seiner Geliebten hatte sich so unauslöschlich in ihre Netzhaut gefräst wie ein Brandzeichen auf das Fell einer Kuh. So ein Schuft. Leider liebte sie diesen Schuft.
    An Schlaf war sowieso nicht zu denken gewesen. Vom Innenhof drangen unablässig Geräusche ins Zimmer: rumpelnde Waschmaschinen, klappernde Mülltonnen, Autos, die mit aufheulenden Motoren einparkten und wegfuhren. Aber sie hatte nun einmal die unterste Kategorie gebucht. Da konnte man keinen schalldichten Ballsaal erwarten.
    Fast wäre sie schwach geworden und hätte die Rezeption angerufen, um doch noch das Doppelzimmer zu verlangen. Unglücklich mit Seeblick war immer noch besser als deprimiert im Wohnklo. Die Erinnerung an Walburgas prolligen Dampframmenstil hatte sie jedoch davon abgehalten. Wenngleich eine Tafel Schokolade aus Walburgas Vorrat hilfreich beim Einschlafen gewesen wäre …
    Missmutig hievte Niki ihren müden Körper aus dem Bett. Sie duschte und zog den weißen Hotelbademantel über, aufdem in Hellgrün der Schriftzug »Beauty Resort Vitalis« eingestickt war. Dann wählte sie ein Paar ausgelatschte Badeschlappen und machte sich auf die Suche nach dem Speisesaal. Ein Mordshunger beutelte sie. Sie hätte töten können für ein Marmeladenbrötchen. Und für Rühreier mit Rostbratwürstchen hätte sie ohne mit der Wimper zu zucken eine mittlere Kleinstadt ausgelöscht.
    Auf den Gängen war bereits Betrieb wie in der Fußgängerzone zur Weihnachtszeit. Übernächtigte Gestalten in Bademänteln schlichen Schulter an Schulter die Flure entlang. Niki folgte ihnen und gelangte zu einem großen zitronengelb gestrichenen Raum mit weiß gedeckten Tischen. Von den Stuckdecken baumelten
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