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Das bisschen Kuchen: (K)ein Diät-Roman (German Edition)

Das bisschen Kuchen: (K)ein Diät-Roman (German Edition)

Titel: Das bisschen Kuchen: (K)ein Diät-Roman (German Edition)
Autoren: Ellen Berg
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beobachtete sie, wie Walburga eine Tafel Schokolade aus ihrer Lederjacke holte und ihre Zähne hineingrub.
    »Henkersmahlzeit«, sagte sie kauend. »Willst du auch was?«
    Entrüstet wehrte Niki ab. »Auf keinen Fall. Schon mal was von Ernährungsumstellung gehört?«
    Dabei lief ihr das Wasser im Mund zusammen. Es war genau die Sorte Schokolade, der sie nicht widerstehen konnte. Vollmilch mit ganzen Haselnüssen. Ein Brüller.
    »Ich hab einen ganzen Vorrat dabei«, verkündete Walburga. Das letzte Stückchen Schokolade verschwand zwischen ihren lila bemalten Lippen wie eine Maus im Rachen eines Löwen. »Kannst jederzeit drauf zurückkommen, Dummerchen.«
    Dummerchen? Jetzt wurde es Niki zu viel. »Nur fürs Protokoll: Ich habe einen ziemlich hohen IQ.«
    Walburga zuckte die Schultern. »Davon wird die Küche auch nicht sauber.«
    Eine feindselige Stille trat ein, während Niki sich vornahm, Walburga in den kommenden vier Wochen konsequent zu schneiden. Die jedoch schien völlig resistent gegen Nikis unnahbare Haltung zu sein.
    »Schätzchen, sei froh, dass du mich getroffen hast. Sonst wärst du komplett ahnungslos beim Erstkontakt. Nimm dich in Acht vor Doktor Mannheimer. Der ist Hardcore. Er hat beim Mossad trainiert. Wenn er dich beim heimlichen Essen erwischt, erledigt er dich notfalls auch mit einem Knopf seines Arztkittels. Geh lieber zu Frau Doktor König, die ist ein Cremeschnittchen und drückt auch mal ein Auge zu.«
    Niki fixierte einen unsichtbaren Punkt an der Frontscheibe.
    »Vorsicht beim Shiatsutrainer«, setzte Walburga ihre ungebetenen Erläuterungen fort. »Mario hat mehr Sex im kleinen Finger als George Clooney in der Hose.« Sie grinste. »Es sei denn, du stehst auf die schnelle Nummer. Er hat mich mal ins Koma massiert. Als ich aufwachte, lag er auf mir. ›Du denkst doch nicht ernsthaft über einen Quickie nach?‹, fragte ich. Und er: ›Hab ich schon. Das Ergebnis war positiv.‹«
    Entgeistert sah Niki Walburga an. Auch der Fahrer schenkte ihr mittlerweile mehr Aufmerksamkeit als dem Straßenverkehr.
    »Hey«, lachte Walburga. »So was ist gut fürs Immunsystem. Dicke Frauen haben zu wenig Sex. Das ist bekannt.«
    Niki fand es erschreckend, dass Walburga solche Sachen wusste. Sie war nicht prüde, aber Walburgas lose Sprüche gingen ihr gewaltig auf die Nerven.
    »Ich will kein Sexabenteuer, nur abnehmen«, sagte sie kalt. »Entschlacken und entgiften. Das ist alles.«
    Kopfschüttelnd holte Walburga eine zweite Tafel Schokolade heraus. »Träum weiter. Das Vitalis wird dein Leben verändern. Und zwar komplett.«
    Niki kniff die Lippen aufeinander. Sie wollte kein anderes Leben. Sie wollte Wolfgang zurückhaben. Und dann sollte alles wieder so sein wie früher. Tapfer schluckte sie ihre Tränen hinunter.
     
    Die Website hatte nicht zu viel versprochen. Das Beauty Resort Vitalis verströmte schon von weitem den gediegenen Luxus eines klassischen Grandhotels. Der mehrstöckige Bau mit schlanken weißen Säulen lag direkt am Wasser, in einem weitläufigen Park, der mit bunten Glühbirnen illuminiert war. In der Ferne ließen blinkende Lichter das gegenüberliegende Ufer des Sees erahnen.
    Im Schritttempo fuhr das Taxi über den knirschenden Kies der Auffahrt, bis es vor dem hellerleuchteten Eingang hielt. Zwei beleibte Frauen in extravaganten Cocktailkleidern standen dort und hielten Wasserflaschen in den Händen, offenbar das angesagteste Accessoire der hiesigen Diätszene. Neugierig musterten sie die Neuankömmlinge, die sich aus dem Taxi schraubten.
    Niki hatte alles in ihren Koffer geworfen, was ihr gerade noch passte. Viel war es nicht: farbenfrohe Frotteekittel, die sie vornehm »Hauskleider« nannte, T-Shirts, in denen ganze Großfamilien Platz gefunden hätten, fluffige Umstandshosenmit Gummizug. Eine Garderobe, die diesen Namen verdiente, besaß sie schon lange nicht mehr. Von Cocktailkleidern ganz zu schweigen.
    »Die beiden Doppelrahmschnecken da sind Dauerkunden«, flüsterte Walburga und nickte den Frauen zu. »Tamara und Alexis, voll die Diätjunkies. Jojo de luxe. Sobald sie ein paar Gramm abgespeckt haben, geht’s ab in die Fresstempel – um schwuppdiwupp wieder hier zu landen. So wie ich. Willkommen im Club«
    Nein, so hatte sich Niki das nicht gedacht. Vier Wochen mussten reichen, um aus ihr jene begehrenswerte Frau zu machen, die sie einmal gewesen war. Für Wiederholungen fehlte es schlicht an Geld. Die Hypothek des Einfamilienhauses war noch nicht abbezahlt, sie
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