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Das Bernstein-Teleskop

Das Bernstein-Teleskop

Titel: Das Bernstein-Teleskop
Autoren: Philip Pullman
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entschlossen.
    »- dann wärst du gut beraten, dich in die Obhut meiner guten Freundin Dame Hannah zu begeben. Sie kennt sich auf diesem Gebiet wie keine Zweite aus.«
    »Wenn ich dir einen Vorschlag machen darf«, schaltete sich Dame Hannah ein. »Du brauchst dich nicht sofort zu entscheiden, denke darüber in Ruhe nach. Mein College ist nicht so altehrwürdig wie Jordan und du bist in jedem Fall noch zu jung, um als Studentin aufgenommen zu werden. Aber vor ein paar Jahren haben wir ein großes Haus im Norden von Oxford erworben und darin ein Internat eingerichtet. Ich schlage dir vor, dass du einmal mit der Direktorin sprichst, um zu sehen, ob du dort gern Schülerin werden möchtest. Etwas, das du nun brauchst, ist die Freundschaft von Mädchen deines Alters. Manches lernt man in der Jugend im Umgang mit Gleichaltrigen, und ich glaube nicht, das Jordan College für alles sorgen kann. Die Direktorin ist eine kluge junge Frau, sehr freundlich und hat Ideen und Tatkraft. Wir sind sehr froh, sie als Leiterin zu haben. Du kannst mit ihr reden und wenn dir mein Vorschlag gefällt, darfst du St. Sophia zu deiner Schule wählen, so wie du Jordan zu deinem Zuhause gemacht hast. Und falls du das Alethiometer systematisch studieren möchtest, können wir beide uns zu ein paar Privatstunden treffen. Doch das hat Zeit, meine Gute, viel Zeit. Sage jetzt noch nichts. Lass die Entscheidung in dir reifen.«
    »Danke, Dame Hannah«, sagte Lyra, »ich werde es mir überlegen.«
     
     
    Der Rektor hatte Lyra einen eigenen Schlüssel für die Gartentür gegeben, so dass sie kommen und gehen konnte, wann sie wollte. Spät nachts, als der Pförtner gerade die Türen schloss, huschte sie zusammen mit Pantalaimon nach draußen und lief durch die dunklen Straßen, im Ohr den Klang aller Glocken von Oxford, die gerade Mitternacht schlugen.
    Kaum hatten sie den Botanischen Garten erreicht, jagte Pan einer Maus nach, verfolgte sie über den Rasen in Richtung auf die Mauer, ließ sie dann aber entkommen und sprang auf die mächtige Kiefer, die dort in der Nähe stand. Was für eine Freude, ihn so weit von ihr entfernt von Ast zu Ast hüpfen zu sehen. Nur mussten die beiden Acht geben, das nicht vor Zeugen zu machen; ihre schmerzvoll erworbene Hexenkunst, sich vom eigenen Daemon zu trennen, sollte ein Geheimnis bleiben.
    Früher hätte Lyra es sich nicht verkneifen können, vor ihren Freunden damit anzugeben und ihnen Schreckensschreie zu entlocken, doch seit sie Will kannte, wusste sie den Wert von Zurückhaltung und Verschwiegenheit zu schätzen.
    Das Mädchen setzte sich auf die Bank und wartete, bis Pan zurückkam. Er liebte es, sie zu überraschen, doch gewöhnlich entdeckte sie ihn immer schon, ehe er bei ihr ankam, und auch jetzt sah sie seinen Schatten am Flussufer entlanghuschen. Lyra schaute absichtlich in die andere Richtung und tat so, als hätte sie ihn nicht bemerkt. Als er dann auf die Bank sprang, schnappte sie ihn plötzlich.
    »Beinahe hätte ich es geschafft«, sagte er.
    »Du musst noch besser werden. Ich habe dich den ganzen Weg vom Tor her kommen hören.«
    Pan saß auf der Rückenlehne der Bank und stützte sich mit den Vorderpfoten auf ihrer Schulter ab.
    »Was werden wir der Dame sagen?«, fragte er.
    »Wir sagen ja«, entschied sie. »Zuerst geht es nur darum, mit dieser Direktorin zu sprechen, und noch nicht, die Schule zu besuchen.« 
    »Aber wir gehen doch, oder?«
    »Ja, wahrscheinlich schon.«
    »Das könnte doch ganz gut werden.«
    Lyra fragte sich, wie wohl die anderen Schülerinnen sein würden. Möglicherweise klüger und gewitzter als sie, sicherlich aber wussten sie mehr über alles, was für Mädchen ihres Alters wichtig war. Und sie wäre nicht in der Lage, ihnen auch nur den hundertsten Teil von dem zu erzählen, was sie wusste. Folglich mussten die anderen sie für einfältig und unerfahren halten.
    »Glaubst du, Dame Hannah kann wirklich das Alethiometer lesen?«, fragte Pantalaimon.
    »Mit Hilfe der Bücher bestimmt. Ich frage mich, wie viele Bücher es zu dem Thema gibt. Ich wette, wir könnten aus allen lernen und dann ohne sie auskommen. Stell dir bloß einmal vor, immer einen Stapel Bücher mit sich herumzuschleppen ... Pan?«
    »Ja?«
    »Verrätst du mir irgendwann einmal, was du und Wills Dæmon gemacht habt, als wir voneinander getrennt waren?«
    »Eines Tages«, versprach er ihr. »Und sie wird es Will auch eines Tages sagen. Wir waren uns einig, dass wir wissen werden, wann der Zeitpunkt
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