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Das Babylon-Virus

Das Babylon-Virus

Titel: Das Babylon-Virus
Autoren: Stephan M. Rother
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Niccolosi.«
    »Durch Fabio Niccolosi«, bestätigte Amadeo. »Deshalb haben sie uns zur Spitze des Turms geführt. Das aber musste bedeuten …«
    »Dass Herr Görlitz und Sie, die beiden Männer, die die Rätsel des Turms gemeinsam gelöst hatten, den Energieschild gefahrlos durchqueren konnten. Die Elektrizität wurde ja an der Spitze gebraucht.«
    »Genau.« Amadeo nickte. »Wahrscheinlich hat sich der Turm unsere DNA gemerkt, unseren genetischen Fingerabdruck, was weiß ich. Stoltenbeck hat genau das Falsche getan, als er plötzlich auftauchte und den Energieschild zum Kollabieren brachte. Doch so weit hätte ich nie gedacht. Ich wäre nie auf die Idee gekommen, da einfach durchzulaufen.«
    »Das wäre Herr Görlitz vermutlich auch nicht mehr, falls es Sie zerbritzelt hätte. Sind Sie auf den Gedanken schon mal gekommen?«
    Amadeo nickte. Das war er. Doch wie sollte er dem Professor erklären, dass da noch mehr war als die Dankbarkeit für die Rettung seines Lebens? Wie sollte er erklären, was er gefühlt hatte, als sich Rebecca an Bord des Transporthubschraubers
an ihn geschmiegt hatte und er im Begriff gewesen war, den Arm um sie zu legen - und sich in diesem Moment sein Blick mit Görlitz’ Blick getroffen hatte?
    Amadeos Bewegung war eingefroren, für einen Moment, der ewig zu dauern schien oder vielleicht doch so kurz war wie der Flügelschlag einer Libelle.
    Ich habe kein Anrecht mehr auf sie, war ihm durch den Kopf geschossen. Görlitz hatte ihm das Schlimmste angetan, was ein Mann einem anderen nur antun konnte: Er hatte ihm Rebecca nicht einfach weggenommen, o nein: Er hatte Amadeos Wort, dass der Restaurator sie ihm freiwillig ausliefern würde!
    Doch jetzt, an Bord des Helikopters, hatte der Mann mit dem Narbengesicht ganz kurz den Kopf geschüttelt. Behalt sie. Ihr beide gehört zusammen. In seinen Augen hatte ein Ausdruck gelegen, den Amadeo niemals vergessen würde: Neid, Verzweiflung, Resignation. Welches dieser Gefühle am stärksten gewesen war, hätte Amadeo nicht sagen können. Er wusste nur eins: Nein, Görlitz war nicht wahnsinnig. Und er wusste sehr genau, in welcher Situation er sich befand. Die Hölle. Narbenvisage hatte mindestens so viel auf dem Kasten wie Amadeo selbst. Die babylonischen Rätsel hatten sie beide gemeinsam gelöst - einen Sieger gab es nicht. Und doch hatte Görlitz verloren. Alles verloren. Ein ganzes Leben.
    Und das war nicht fair.
    Und deshalb hatte Amadeo den Vertrag aufgesetzt.
    Wenn er Görlitz jetzt die Chance gab, noch einmal neu anzufangen, als Mitarbeiter in der officina di Tomasi - mussten sie dann nicht nach menschlichem Ermessen quitt sein? Ein Leben für ein Leben. Der Vertrag war vorbereitet. Es fehlte nur noch Görlitz’ Unterschrift.
    »Eine zweite Chance«, murmelte Amadeo leise. »Es fühlt sich noch immer so unwirklich an, auch jetzt noch, nach …«
    »Nächste Woche haben wir Weihnachten«, half Helmbrecht.
    »Nach mehr als sechs Wochen.« Amadeo nickte. »Eine zweite Chance für die Menschheit. Elektrische Stimulation von Nervenbahnen, überall auf der Welt zu machen, wenn man die richtigen Punkte kennt, das exakte Maß der elektrischen Spannung. Keine monatelangen Verzögerungen, weil die Labors nicht nachkommen. … Wussten Sie, dass sie in den Vereinigten Staaten sogar schon auf der richtigen Spur waren?«
    »Ein paar Yogis und Verrückte!«
    »Die Universität von Berkeley, Kalifornien!«
    »Ein paar Yogis und Verrückte«, bestätigte Helmbrecht. Er seufzte. »Die Gesundbeter dieser Welt wird’s freuen: ganzheitliche Methode.«
    »Das muss nicht die schlechteste sein«, widersprach Amadeo. »Ich habe viel nachgedacht in letzter Zeit. Was war als Erstes da, habe ich überlegt. Die Henne - oder das Ei?«
    Ein Klopfen an der Bürotür.
    »Herein«, sagte Helmbrecht, bevor der Restaurator den Mund öffnen konnte. »Frau Steinmann, würden Sie einem alten Mann einen frischen caffè bringen?« Ohne sich umzusehen, streckte er ihr seine leere Tasse entgegen. »Niemand vermag das mit einer solchen Eleganz.«
    Rebecca hob die Augenbrauen, nahm die Tasse aber entgegen. Sekunden später war das sanfte Brummen der Espressomaschine zu hören, das die gedämpften Unterhaltungen in der Werkstatt übertönte.
    »Henne oder Ei?«, schnarrte der Professor in Richtung Amadeo. »Wer hat Ihnen so einen Bockmist in den Kopf gesetzt? Vor der Henne und dem Ei war der Saurier, und vor Ihnen und mir waren Einstein, Goethe und Konsorten, und vor denen waren die
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