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Das Auge des Basilisken

Das Auge des Basilisken

Titel: Das Auge des Basilisken
Autoren: Kingsley Amis
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abspielte.«
    Theodor stieß ein bitteres kurzes Lachen aus. Es war kaum Heiterkeit darin, aber es berührte Vanag. Der Blick, den er Theodor zuwarf, war nicht freundlich, aber auch nicht verächtlich oder ärgerlich; er anerkannte die innere Nähe, die zwischen ihnen entstanden war, weil sie an derselben Operation teilgenommen hatten, wenn auch auf verschiedenen Seiten. Er sprach ein Wort in die Gegensprechanlage auf seinem Schreibtisch und schien sich ein wenig zu entspannen.
    »Wenn es jemals einen Einfaltspinsel gab«, sagte er, »dann war es der verstorbene Alexander Petrowsky, den Sie mit solch überstürzter Bereitwilligkeit rekrutierten. Nur ein Dummkopf von erstaunlichen Ausmaßen würde sich auf ein Verhältnis mit dem Korotschenko-Weib einlassen. Ein bösartiges, launenhaftes und destruktives Kind, diese Frau. Aber sie hat ihre Verwendungen, wie Sie zugeben müssen.«
    »Das verstehe ich noch nicht. Sicherlich stand sie nicht unter einem Befehl, als sie sich Alexander an den Hals warf.«
    »Nein, nein, sie folgte ihren eigenen Neigungen, wie immer. Ein paar Tage später brachten diese Neigungen sie dazu, ihrem Mann von dem neuesten Abenteuer zu erzählen. Wahrscheinlich hatte er in irgendeiner Weise ihr Mißfallen erregt. Vielleicht aber auch nicht.«
    »Aber Sie … aber er hätte …«
    »Ihre Verwunderung verrät Ihre verheerende Unkenntnis der Welt und des menschlichen Charakters. Das offensichtliche Versagen des jungen Petrowsky, auch nur die Möglichkeit zu erwägen, daß sie ihn verraten könnte, weist auf eine noch krassere Unwissenheit hin. Wie er sich hätte denken können und erkennen müssen, war es gerade das, was ihr Spaß machte. Das heißt – unter anderem.«
    »Zuletzt vermutete er das. Als es zu spät war.«
    »Ganz recht. Tatsächlich wußte Korotschenko bereits über die Affäre zwischen ihr und Ihrem Freund Alexander, so daß sie nur dachte, sie betrüge ihn.«
    »Wer sagte es Korotschenko?«
    »Ich selbst. Es ist wichtig, daß ein stellvertretender Direktor der Sicherheitsabteilung davon informiert wird, wenn seine Frau sexuelle Beziehungen zu einem Konterrevolutionär unterhält. Ja, das Abendgespräch in der Offiziersmesse.«
    »Dieser Mann mit dem Muttermal«, sagte Theodor bitter. »Aber ich sah sorgfältig nach und fand nichts.«
    »Worauf Sie sich vor Lauschern völlig sicher fühlten, sicherer als wenn Sie nicht nachgesehen hätten, und natürlich stellten Sie keine weiteren Nachforschungen an. Das Vorgehen unseres Mannes war umsichtig und verdienstvoll.« Vanag machte eine Notiz auf seinem Block.
    »Haben Sie unser Gespräch im Freien aufgezeichnet? Oder war das unmöglich?«
    »Wir haben die Möglichkeit, jedes Gespräch aufzuzeichnen, wo immer es geführt wird, aber selbst nach all den Jahren ist die Technik für Einsätze im Freien immer noch ziemlich kompliziert und erfordert erfahrenes Bedienungspersonal. Daran herrscht bei uns chronischer Mangel, und so verwenden wir diese Leute nur zum Sammeln von wichtigerem Material.«
    »Gingen Sie nicht ein großes Risiko ein? Wir hätten den Diebstahl der Projektile schon für den nächsten Tag verabreden können.«
    Vanag lächelte. »Sie können nicht ernstlich darüber nachgedacht haben, so wenig wie über alles andere. Hätten Sie es getan, so müßte Ihnen aufgegangen sein, daß scharfe Projektile dieses Zerstörungspotentials nicht in jeder Waffenkammer verwahrt werden. Jeder weiß, welche Nachlässigkeiten in Friedenszeiten bei der Truppe vorkommen. Glauben Sie, ein Mann in meiner Position würde allein auf die Wachsamkeit gutmütiger Schwadronschefs und argloser Feldgendarmen vertrauen? Die sind auch nur Soldaten. Was Ihr Freund auf mich abgefeuert haben würde, waren Übungsgeschosse ohne scharfe Sprengköpfe.«
    »Aber irgendwo muß es die scharfen Projektile geben.«
    »Gewiß, und wo werden sie sein? Dort, wo auch das echte TK-Gas ist. In geheimen Lagern, die das Militär unter unserer Kontrolle verwaltet. Über jede Waffe wird genau Buch geführt. Wie es schon der KGB in vergangenen Zeiten getan hat. Aber davon werden Sie nichts wissen. Das ist das Deprimierende an Leuten wie Ihnen. Weil Sie nicht in der Gegenwart zu leben verstehen, haben Sie nicht das geringste Interesse an der Vergangenheit. Sie und ich, wir hatten einmal ein sehr kurzes Gespräch, eine Meinungsverschiedenheit über die Pazifizierung, über die Ereignisse, als wir Russen hierher kamen. Ich erinnere mich, wie Sie sagten, daß der organisierte
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