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Das Auge der Fatima

Das Auge der Fatima

Titel: Das Auge der Fatima
Autoren: Franziska Wulf
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...?« Beatrices Mutter riss vor Entsetzen die Augen auf. »Glaubst du etwa, Michelle hat deinen Schmuck hinuntergeschluckt? Aber sie ist doch eigentlich schon zu groß, um ...«
    »Bei Kindern weiß man nie«, erwiderte Beatrice heiser. Ihre Gedanken rasten. So abwegig es auch klingen mochte, die Steine der Fatima konnten so manches an Michelles rätselhaftem Zustand erklären.
    »Ich muss nach Hause fahren«, sagte sie und erhob sich.
    »Was?« Auf dem Gesicht ihrer Mutter zeigte sich deutlich Empörung. »Dieses blöde Stückchen Glas ist dir wichtiger als deine Tochter? Wie kannst du nur so hartherzig sein! Ausgerechnet jetzt, wo das Kind ...«
    Doch ihr Vater kam Beatrice zu Hilfe.
    »Lass sie, Martha«, sagte er und legte seiner Frau eine Hand auf den Arm. »Ich bin sicher, Beatrice weiß, was sie tut. Vermutlich hat sie eine Idee, die den Ärzten helfen könnte, Michelle wieder gesund zu machen.«
    Er warf Beatrice einen so hoffnungsvollen Blick zu, dass es ihr fast ins Herz schnitt.
    »Ja, Papa«, sagte sie, während sie ihre Tasche schulterte und in dem darin herrschenden heillosen Durcheinander nach dem Autoschlüssel suchte. »Ich glaube, ich weiß, weshalb Michelle im Koma liegt. Aber ich muss erst ganz sicher sein. Deshalb fahre ich jetzt nach Hause. Sobald ich herausgefunden habe, was ich wissen will, rufe ich hier auf der Station an. Und dann komme ich wieder.«
    Ohne ein weiteres Wort abzuwarten, verließ sie den Raum. Beatrice rannte förmlich zum Parkplatz. Ohne dass sie sich erklären konnte, weshalb, hatte sie das Gefühl, es käme nun auf jede Sekunde an.
    Hastig schloss Beatrice die Tür zu ihrem Haus auf und schlug sie hinter sich zu. Auf dem Weg zu ihrem Schlafzimmer im ersten Stock konnte sie nur noch an eines denken - an die
    Steine der Fatima. Bereits im Auto war Beatrice zu der Erkenntnis gelangt, dass es gar nicht anders sein konnte. Michelle musste in ihrem Kleiderschrank den Kasten entdeckt und mit den Steinen der Fatima gespielt haben. Und aus irgendeinem Grund, vielleicht auch durch puren Zufall, war einer der Steine aktiviert worden und hatte Michelle in ein anderes Zeitalter entführt. Die normalen Laborwerte, das seltsame EEG - alles sprach für diese Theorie. Jetzt brauchte sie nur noch einen Beweis - den Holzkasten mit den Steinen.
    Mit weichen Knien betrat Beatrice ihr Schlafzimmer. Ihre Eltern mussten in aller Hast aufgebrochen sein, denn die Türen des Kleiderschranks standen immer noch weit offen, und direkt davor auf dem Boden lag er - der kleine schlichte Kasten aus dunklem, fast schwarzem Holz, den sie vor drei Jahren in einer indischen Boutique gekauft hatte. Sie konnte sich noch gut daran erinnern, wie sie an einem Nachmittag auf dem Weg vom Krankenhaus an dem Geschäft vorbeigekommen war und den mit Samt ausgeschlagenen Kasten im Schaufenster gesehen hatte. Sofort hatte sie gewusst, dass er genau der richtige Aufbewahrungsort für ihre Steine der Fatima war - ein unscheinbares, unauffälliges und trotzdem würdevolles Versteck.
    Ihre Hände zitterten, als sie jetzt den Kasten aufhob und öffnete. Auf dem dunklen Samt lag ein Saphir. Er strahlte und leuchtete in seiner vollkommenen Schönheit. Der Anblick hatte sie bisher jedes Mal getröstet und beruhigt. Aber nicht heute. Ein Stein fehlte. Sie hatte es geahnt, gewusst, befürchtet. Und was jetzt?
    Doch Beatrice gab nicht auf. Noch wollte sie sich mit dem aberwitzigen Gedanken, dass ihre nicht einmal vierjährige Tochter durch die Zeit irrte, nicht anfreunden. Vielleicht gab es ja eine ganz simple Erklärung? Vielleicht war der Stein beim Spielen einfach unter das Bett oder den Schrank gerollt? Sofort begann sie mit der Suche. Auf allen vieren kroch sie durch das Haus, treppauf und treppab. Sie schaute in jeden Winkel und unter jedem Schrank nach. Sogar den Keller suchte sie ab. Als sie sich schließlich nach mehr als einer Stunde wieder erhob, war sie nicht nur staubig, sondern auch schweißgebadet. Doch ihre schlimmsten Befürchtungen schienen sich zu bestätigen. Der Saphir, der Stein der Fatima, war und blieb verschwunden.
    Erschöpft nahm Beatrice den Kasten mit dem verbliebenen Stein und ließ sich im Wohnzimmer auf das Sofa sinken. Natürlich. Sie hatte es ja schließlich schon vorher gewusst, dass der Stein mit Michelles rätselhaftem Zustand etwas zu tun haben musste. Trotzdem weigerte sie sich immer noch, daran zu glauben. Es war einfach zu absurd. Vielleicht hatte sich ein Dieb in das Haus geschlichen und den
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