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 Das Abkommen

Das Abkommen

Titel: Das Abkommen
Autoren: Kyle Mills
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Serviette über den Mund. »Sie haben sie zu gut versteckt.«
    Stan leitete ein kleines Marketingteam, dass firmenintern nur Ministerium für Irreführung genannt wurde. Der Aufgabenbereich des Ministeriums war eng begrenzt, aber außerordentlich folgenreich. Da es immer schwieriger wurde, die dreihunderttausend Rauchertoten pro Jahr einfach unter den Teppich zu kehren, hatte man beschlossen, stattdessen die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit auf andere Gefahren zu lenken.
    Stan hatte den Auftrag, ein allgemeines Bewusstsein für die sonstigen Widrigkeiten des Lebens zu schaffen: Handfeuerwaffen, Alkohol, Bleifarbe, von Handys verursachte Gehirntumore – solche Sachen. Er verbrachte seine Tage damit, die etwas militanteren Verbraucherschützer des Landes anzustacheln, ihnen Zugang zu Terras beträchtlichem Marketing-Know-how zu verschaffen (selbstverständlich über Tochtergesellschaften mit harmlos klingenden Namen) und seine Kontakte zu nutzen, um in sämtlichen Fernsehsendern des Landes die von solch gemeingefährlichen Dingen wie rutschigen Badewannen und Airbags angerichteten Gemetzel breittreten zu lassen.
    Jedes Mal, wenn es eine Schießerei in einer Schule gegeben hatte und alle sich erkundigten, wie viele Kinder verletzt worden waren, wollte Stan als Erstes wissen, ob die Schützen betrunken gewesen waren. Waffen, Alkohol und tote Kinder zur selben Zeit und am selben Ort waren für einen Mann in seiner Position so etwas wie der Heilige Gral.
    Zwischen den Gästen an der Theke entstand eine Lücke, die mir den mehr oder weniger direkten Weg zur Toilette frei machte. Ich nutzte diesen strategisch günstigen Moment und trank tapfer einen großen Schluck Bier. In meinem Magen rumorte es ein wenig, aber das war auch schon alles.
    »Bist du noch mit diesem Mädchen zusammen?«, fragte Stan, der zwischen seinen Zähnen nach einem Rest Roastbeef stocherte.
    »Wen meinst du?« Ich trank noch einen Schluck von meinem Bier. Dieses Mal machte sich mein Magen-Darm-Trakt überhaupt nicht bemerkbar.
    »Die dürre Blondine. Sie hatte so einen intellektuellen Namen …«
    »Morgan.«
    Er fuhr sich mit der Zunge über die Lippen. Zweifellos stellte er sich gerade vor, wie sich ihr graziler Körper nackt zwischen seidenen Laken räkelte.
    »Ich will dir ja nicht zu nahe treten, Trevor, aber ich muss es einfach wissen. Wie ist sie denn so? Du weißt schon …«
    Stan gehörte zwar nicht zur Spezies der Zweireihigen Aufgeplusterten Bürohühner, aber auch er hatte eine nette Frau und niedliche Kinder und war fest davon überzeugt, dass ich das Leben eines Rockstars führte. Ich gab ihm keine Antwort, sondern trank den dritten Schluck aus der Flasche in meiner Hand. Dieses Mal sorgte die eiskalte Flüssigkeit, die durch meine Kehle rann, doch tatsächlich dafür, dass es mir besser ging.
    »Komm schon, Trevor. Ich schwöre, dass ich dich so etwas nie wieder fragen werde, aber ich muss es wissen.«
    Die Wahrheit war, dass der Sex mit Morgan so ziemlich das Sterilste gewesen war, das ich bis jetzt erlebt hatte. Aber Stan verlangte nicht viel von mir, und ich wäre mir ein Verräter vorgekommen, wenn ich ihn enttäuscht hätte. »Wahnsinn, Mann. Der totale Wahnsinn.«
    »Ich wusste es. Es sind immer die arroganten Zi…« Er brach ab, bevor er »Zicken« sagte. »Jedenfalls muss das was mit der vielen aufgestauten Energie zu tun haben … Und? Bist du noch mit ihr zusammen? Ist es was Ernstes?«
    Ehrlich gesagt bin ich mir gar nicht sicher, ob wir je »zusammen« waren. Sie hatte den Aufstand geprobt, und ich als das schwarze Schaf einer »guten« Südstaatenfamilie war so unkonventionell, dass ihr Daddy wütend geworden war, aber doch nicht so unkonventionell, dass es zu fuchsteufelswild gereicht hätte. Als klar geworden war, dass es ihm eigentlich egal war, hatte sie ziemlich schnell die Lust an mir verloren.
    »Ich hab das nicht durchgehalten«, sagte ich. »Im Ernst. Sie hat mich sieben Tage die Woche bis drei Uhr morgens wach gehalten. So langsam hatte ich Schwierigkeiten, morgens aus dem Bett zu kommen.«
    Seine fetten Backen blähten sich wieder auf, als ein breites Grinsen auf seinem Gesicht erschien. Ich zündete mir eine Zigarette an und machte einen leichten Zug.
    »Und was hast du über Montana gehört?«, fragte er mich zum rekordverdächtigen siebten Mal an diesem Tag. »Was erzählen sich die Insider?«
    Ich zuckte mit den Achseln. Er beugte sich vor und senkte die Stimme, um sicher zu sein, dass keiner der anderen
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