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Das 4. Buch des Blutes - 4

Das 4. Buch des Blutes - 4

Titel: Das 4. Buch des Blutes - 4
Autoren: Clive Barker
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française fallen, die er sich eben gekauft hatte, und lief zur Tür. Es war nicht das erstemal, daß ihn seine Naschhaftigkeit von seinem Posten weggelockt hatte, aber wenn er sich nicht beeilte, den Schaden zu beheben, könnte dies sehr leicht sein letztes Mal sein. Es kamen schreckliche Geräusche vom Treppenflur. Er raste die Stiege hinauf. Das Schauspiel, das sich seinen Augen bot, war in jeder Hinsicht schlimmer, als es sich seine Einbildungskraft ausgemalt hatte. Simone war neben ihrer Tür gegen die Wand festgenagelt: ein Mann klebte im Clinch auf ihr drauf. Blut sickerte zwischen ihnen heraus; woher es kam, konnte er nicht erkennen.
    Isaiah schrie gellend auf. Jerome, die Hände blutig, schaute von seiner Plackerei auf, als ein Riese in einem Savile-Row-Anzug nach ihm langte. Es kostete Jerome entscheidende Sekunden, sich aus der Furche loszureißen -und schon war der Mann auch über ihm. Isaiah packte ihn und zerrte ihn von der Frau weg. Schluchzend suchte sie in ihrem Zimmer Schutz.
    »Du kranker Sauhund«, sagte Isaiah und feuerte eine Breitseite von Fausthieben ab. Jerome geriet ins Wanken. Aber er stand in Brand und hatte keine Angst. Mit einem Moment Verzögerung sprang er seinen Mann an wie ein aufgebrachter Pavian. Isaiah, von der Attacke überrascht, verlor das Gleichgewicht und krachte rückwärts gegen eine der Türen, die unter seinem Gewicht nachgab. Er stürzte in eine verwahrloste Toilette und schlug beim Zubodengehen mit dem Kopf gegen den Rand der Klosettschüssel. Der Aufprall brachte ihn aus dem Konzept, und er lag stöhnend auf dem verdreckten Linoleum, die Beine seitlich abgespreizt. Jerome konnte sein Blut hören, voller Ungeduld in seinen Adern; konnte Zucker in seinem Atem schmecken. Das verlockte ihn zu bleiben. Aber sein Selbsterhaltungstrieb riet ihm etwas anderes; Isaiah unternahm bereits einen Versuch, wieder aufzustehen. Bevor er sich hochrappeln konnte, drehte Jerome ihm den Rücken zu und machte sich die Treppe hinunter aus dem Staub.
    An der Haustürschwelle nahm ihn der Hundstag in Empfang, und Jerome lächelte. Die Straße war mehr auf ihn aus als die Frau im Treppenflur, und er war ihr liebend gern gefällig.
    Ungeachtet seiner noch immer aus der Hose drängenden Erektion steuerte er auf den Gehsteig hinaus. Hinter sich hörte er den Riesen die Treppe hinunterstampfen. Lachend gab er Fersengeld. Das Feuer in ihm war noch immer nicht bezähmt, und es verlieh seinen Füßen Schnelligkeit; er rannte die Straße entlang, unbekümmert, ob Mr. Zuckeratem ihm folgte oder nicht.
    Fußgänger, in diesem leidenschaftslosen Zeitalter abgeneigt, mehr als ein beiläufiges Interesse an dem blutbespritzten Satyr zu zeigen, traten zur Seite, um ihn vorbeizulassen. Einige deuteten mit dem Finger auf ihn, vielleicht in der Annahme, er sei ein Schauspieler. Die meisten nahmen ihn überhaupt nicht zur Kenntnis. Durch ein Labyrinth von Seitenstraßen bahnte er sich seinen Weg, sich durchaus im klaren, ohne erst nachsehen zu müssen, daß ihm Isaiah noch immer auf den Fersen war.
    Vielleicht war es der Zufall, der ihn zu dem Straßenmarkt führte; vielleicht, und wahrscheinlicher, verhielt es sich so: die Schwüle trug das Duftgemisch von Fleisch und Obst zu seinen Nasenlöchern, und er wollte in ihm baden. Die schmale Passage war vollgepfercht mit Käufern, Schaulustigen und Ständen, auf denen sich die Waren häuften. Selig tauchte er in die Menge, streifte dabei gegen Hinterbacke und Schenkel, begegnete ringsum dem peinigenden Gestarr brüderlichen Fleisches. Was für ein Tag! Er und sein Schwanz konnten ihr Glück kaum fassen.
    Hinter sich hörte er Isaiah brüllen. Er beschleunigte seinen Schritt und steuerte auf die am dichtesten bevölkerten Zonen des Marktes los, wo er sich in dem heißen Menschengedränge verlieren konnte. Jede Berührung versetzte ihn in schmerzhaften Taumel. Jeder Höhepunkt – und er hatte einen nach dem anderen, während er sich durch die Menge drängte –
    durchbeutelte ihn mit einem trockenen Spasmus. Der Rücken tat ihm weh, die Eier taten ihm weh; aber was war jetzt sein Körper schon? Bloß ein Sockel für dieses einzigartige Monument, seinen Schwanz. Kopf zählte nichts; Verstand zählte nichts. Seine Arme waren nur dazu da, ihm die Liebe nahezubringen, seine Beine, um die fordernde Rute überall hinzutragen, wo sie Befriedigung finden mochte. Er sah sich selbst als wandelnde Erektion, der ringsum die Welt entgegenklaffte: Fleisch, Ziegel, Stahl – ihm
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