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Das 3. Buch Des Blutes - 3

Das 3. Buch Des Blutes - 3

Titel: Das 3. Buch Des Blutes - 3
Autoren: Clive Barker
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Blase um Hilfe zu laufen. Der Auftrag war sowieso zu klein. Er würde den Brocken selber ausgraben, genau wie es sein Vater gemacht hätte. Das hatte er sich vorgenommen. Jetzt, zweieinhalb Stunden später, bereute er seinen vorschnellen Entschluß.
    Die sich voll entfaltende Wärme des Nachmittags hatte mittlerweile einen schwefligen Beigeschmack, und die Luft, der der Wind fehlte, um sie durchzuwirbeln, war stickig geworden.
    Vom Hügelland kam ein stotterndes Donnerrollen herüber, und Thomas konnte spüren, wie ihm die statische Elektrizität den Nacken hinaufkroch und sich die kurzen Haare dort sträubten. Der Himmel über dem Feld war jetzt leer. Die Möwen waren zu launisch, um lange herumzuhängen, wenn der Spaß mal vorbei war, und hatten sich in irgendeinem nach Salz riechenden Aufwind davongemacht.
    Sogar die Erde, von der heute morgen beim Umpflügen ein süßlich-scharfes Aroma aufgestiegen war, roch jetzt unerfreulich; und während er das schwarze Erdreich um den Stein herum ausgrub, mußte er ständig daran denken, daß es die Verwesung war, die es so überaus fruchtbar machte. Unwillkürlich kreisten seine Gedanken um die zahllosen kleinen Tode auf jedem Spatenvoll Erdreich, das er aushob. Diese Art zu denken war er nicht gewohnt, und das Morbide daran bedrückte ihn. Er hielt einen Augenblick inne, lehnte sich über seinen Spaten und bereute das vierte Glas Guinness, das er sich zum Mittagessen genehmigt hatte. Normalerweise war das ein durchaus harmloses Quantum, aber heute schwappte es ihm im Bauch herum, er konnte es hören, so dunkel wie das Erdreich auf seinem Spaten, und es braute einen Sud aus Magensäure und halbverdautem Essen zusammen.
    Denk an was anderes, sagte er sich, oder du mußt demnächst kotzen. Um sich von seinem Bauch abzulenken, schaute er das Feld an. Es war keineswegs ungewöhnlich; nur ein unbearbeitetes, viereckiges Stück Land, umrandet von einer unbeschnittenen Weißdornhecke. Ein oder zwei tote Tiere, die im Weißdornschatten lagen, ein Star und noch etwas anderes, zu sehr verwest, um noch erkennbar zu sein. Ein Gefühl der Abwesenheit machte sich bemerkbar, aber das war nichts Besonderes.
    Bald war es Herbst, und der Sommer war zu lang gewesen, zu heiß, übers erträgliche Maß hinaus.
    Er blickte nach oben, über den Heckenrand, und sah zu, wie die mongoloidköpfige Wolke ein Blitzgeflacker gegen die Hügel entlud. Was die Helligkeit des Nachmittags gewesen war, war jetzt zu einer dünnen Linie Blau am Horizont zusammengepreßt. Bald Regen, dachte er, und der Gedanke war angenehm.
    Kühlender Regen, womöglich ein Guß wie tags zuvor. Vielleicht würde er diesmal die Atmosphäre so richtig gründlich reinigen.
    Thomas starrte wieder auf den unnachgiebigen Stein hinunter und versetzte ihm einen Schlag mit dem Spaten. Ein winziger weißer Flammenbogen flog weg.
    Laut und erfinderisch verfluchte er den Stein, sich selbst, das Feld. Der Stein saß einfach da, in dem Graben, den er ringsherum ausgehoben hatte, und trotzte ihm. Er war langsam am Ende seiner Möglichkeiten: die Erde um dieses Ding war sechzig Zentimeter tief ausgegraben worden; er hatte Pflöcke darunter eingespreizt, es mit einer Kette umwunden und dann den Traktor in Gang gesetzt, um es herauszuzerren. Ohne Erfolg. Offensichtlich mußte er den Graben tiefer ausheben, die Pflöcke noch weiter hineintreiben. Er würde sich doch von dem verdammten Ding nicht unterkriegen lassen.
    Mit wild entschlossenem Grunzen machte er sich wieder ans Graben. Ein Regentröpfchen landete auf seinem Handrücken, aber er nahm es kaum zur Kenntnis. Er wußte aus Erfahrung, daß eine Arbeit wie diese sture Konzentration erforderte: runter mit dem Kopf, von nichts ablenken lassen. Er blendete alles aus. Bloß die Erde war da, der Spaten, der Stein und sein Körper.
    Einstechen, ausschaufeln. Einstechen, ausschaufeln, der hypnotisierende Rhythmus der Anstrengung. Die Trance war so vollkommen, daß ihm nicht bewußt war, wie lange er arbeitete, bis der Stein endlich anfing, seine Lage zu verändern.
    Die Bewegung weckte ihn. Mit knackender Wirbelsäule richtete er sich auf, ohne sich ganz sicher zu sein, ob die Verlagerung überhaupt mehr war als nur ein Zucken in seinem Auge. Er stemmte sich mit dem Absatz gegen den Stein und drückte. Ja, er schaukelte in seinem Grab. Thomas war zu ausgepumpt, um zu lächeln, spürte aber den bevorstehenden Triumph. Er hatte den Sauhund.
    Der Regen kam jetzt allmählich heftiger herunter, er
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