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Darling, fesselst du schon mal die Kinder?: Das heimliche Tagebuch der Edna Fry

Darling, fesselst du schon mal die Kinder?: Das heimliche Tagebuch der Edna Fry

Titel: Darling, fesselst du schon mal die Kinder?: Das heimliche Tagebuch der Edna Fry
Autoren: Mrs. Stephen Fry
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vorbei war.
    13. Februar, Sonntag
     
    Stephen war heute Morgen noch etwas mitgenommen von den gestrigen Erschütterungen, also wagte ich mich allein in die Stadt hinaus, einzig bewaffnet mit dem sommerlicheren meiner Hüte und meinem Schulfranzösisch. Mademoiselle Depardieu muss ihren Schützlingen damals bedauerlicherweise irgendeinen Provinzdialekt beigebracht haben, denn jedes Mal, wenn ich nach dem Weg zum Arc de Triomphe fragte, erntete ich nur ausdruckslose Blicke. Wobei Paris den Bedürfnissen englischerTouristen wohlgemerkt weit mehr entgegenkommt als London denen der Franzosen. Nicht nur fast alle Schilder sind englisch, sondern auch die Zeitungen, Zeitschriften und komischen Hüte. Weil ich mich vollständig der französischen
joie de vivre
hingeben will, musste ich mit einem Filzstift nachhelfen. Ich glaube, die Einheimischen staunen nicht schlecht, wenn sie das »Baise-moi vite!« auf meinem Sonnenhut lesen.
    Zwei Poster stachen mir ins Auge, als ich durch die Straßen flanierte – das eine kündigte die Lesung eines Gastautors in einem örtlichen Theater an. Blöderweise war das Poster zum Teil von einem anderen überklebt, das für das Karaoke-Regionalfinale Nordwest warb, und ich konnte nur »Ste« entziffern. Mensch, dachte ich, kann das echt sein, dass Stephen King hier auftritt? Ein Jammer, dass es um den Abend vom Valentinstag ging – dafür hatte sich Stephen garantiert etwas Besonderes ausgedacht, und so eine Lesung wäre nun gar nicht sein Ding. Er wäre eher bei der Veranstaltung auf dem anderen Poster anzutreffen, die ebenfalls am 14. stattfand.
    Meine Versuche, den Arc de Triomphe zu finden, blieben leider vergebens, aber trotzdem war es herrlich, ziellos durch die Straßen von Paris zu laufen. Die haben einfach dieses gewisse Etwas. Wenn ich bloß wüsste, was
je ne sais quoi
auf Französisch heißt.
    14. Februar, Montag
     
    Das Frühstück war heute Morgen ein herrlicher Schmaus. Madame LaRue ließ uns in den Genuss einer emotionsgeladenenDarbietung von »Je ne regrette rien« kommen und setzte dann zu einem dramatischen Potpourri von Serge-Gainsbourg-Hits an, während sie uns Frühstücksteller und kontinentalen Kaffee brachte. Es war eine ganz außergewöhnliche Vorstellung, vor allem dank ihrer ausdrucksvollen – und überraschend großen – Hände. Nach dem Frühstück kündigte sie den Gästen an, dass sie heute Abend im Sacha-Distel-Speisesaal, der sonst als Gästefernsehzimmer sein Dasein fristet, ihr jährliches »Stadt der Liebe«-Valentinsdiner ausrichtet. Ich warf Stephen einen Blick zu. Sein Gesicht war wie versteinert. Offenbar sollte ich nicht wissen, dass er uns für den Abend einen Tisch reserviert hat. Im Grunde seines Herzens ist er ja ein alter Romantiker. Manchmal bin ich fast froh, dass ich ihn geheiratet habe. Ich kann den Abend gar nicht erwarten …
     
    Liebes Tagebuch, verzeih die Tränen, aber ich bin am Boden zerstört. Wie konnte er mir das nur antun? Diese Enttäuschung, diese Erniedrigung … Das werde ich ihm nie verzeihen. Niemals!
    Und dabei war der Nachmittag noch so schön. Eine erholsame Schlenderei entlang den »1,609344 kilomètres d’Or«, ein Imbiss im »Folies Burger«, und als ich zurückkam, war Stephen aufgestanden und zog sich sogar schon den Abendanzug samt Binder an. Ich huschte natürlich sofort ins Badezimmer, um das Abendkleid anzuziehen, das ich das letzte Mal getragen habe, als wir uns ein kultiviertes Abendessen gegönnt haben. Aus irgendwelchen Gründen dauerte das Anziehen diesmal länger, aber ich glaube, gute Stoffe neigen einfach zum Schrumpfen,zumal nach sechzehn Jahren. Schließlich tauchte ich aus dem Badezimmer wieder auf wie ein traumhaft schöner Schwan mit Hut. Stephen war völlig von den Socken, wenn das Eigenlob gestattet ist. Er war mehrere Minuten lang sprachlos, bevor er mich endlich sanft auf die Wange küsste, »Bis gleich« sagte und eilends das Zimmer verließ.
    Stephens Blase hat auch schon bessere Tage gesehen, also ging ich schon nach unten, um im Speisesaal auf ihn zu warten. Madame LaRue tat überrascht, als sie mich sah – zweifelsohne hatte Stephen sie in sein kleines Täuschungsmanöver eingeweiht –, und führte mich zum einzigen freien Tisch in einer abgedunkelten Saalecke (wahrscheinlich ihrem romantischsten Tisch). Ich bestellte eine Flasche des exotisch klingenden
Vin de Maison
und wartete …
    Die dritte Flasche
Vin de Maison
war vielleicht sogar noch leckerer als die ersten beiden, und als
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