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Darling, fesselst du schon mal die Kinder?: Das heimliche Tagebuch der Edna Fry

Darling, fesselst du schon mal die Kinder?: Das heimliche Tagebuch der Edna Fry

Titel: Darling, fesselst du schon mal die Kinder?: Das heimliche Tagebuch der Edna Fry
Autoren: Mrs. Stephen Fry
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ersten Stock. Das hörte sich vielleicht exotisch an! Leider gab es keinen Fahrstuhl, und der Hotelpage war wegen einer Franzosenkrankheit unpässlich, also mussten wir das Gepäck selbst hochtragen. Stephen merkte zum Glück rechtzeitig, dass er seine Invalidenrente aufs Spiel setzt, wenn er schwere Gegenstände schleppt, aber ich musste auch nur dreimal gehen. Unser Zimmer ist herrlich, etwas klein vielleicht, und ich war ein bisschen enttäuscht, dass es keine Suite war – seltsam, weil ich das immer für französisch gehalten hatte. Aber dafür gibt es ja das komfortableGemeinschaftsbad in Rosa oder Lavvie en Rose, wie Madame LaRue es nennt.
    Stephen hat anscheinend für fünf Nächte reserviert. Als Selbständiger kann er ja jederzeit freinehmen. Dieses Jahr macht das bis jetzt 26 Tage. Anfangs hab’ ich mir ein bisschen Sorgen gemacht, weil die Kinder jetzt ganz allein zu Hause sind, aber Stephen hat mich beruhigt: Er hat die Hausratversicherung erneuert, und außerdem haben sie mit dem Baby alle Hände voll zu tun.
    11. Februar, Freitag
     
    Wie herrlich, in Paris aufzuwachen! Mrs. Norton würde vor Eifersucht rasen, wenn sie das wüsste – ich muss ihr unbedingt eine Postkarte schreiben. Das Frühstück war köstlich, obwohl Stephen den Fauxpas beging, ein englisches Frühstück zu bestellen (immerhin kann Madame LaRue mit einer Bratpfanne umgehen, das muss ich ihr lassen). Ich orderte natürlich ein kontinentales – Croissants, Café au lait und eine Schale Sugar Puffs (anscheinend ist man bei den oberen Zehntausend von Paris durchaus
à la mode
).
    Nach dem Frühstück machten wir einen Spaziergang, und ich nahm überrascht zur Kenntnis, dass die Stadt einen Strand hat. Stephen sagt, sie legen an den Ufern der Seine jedes Jahr einen neuen an. Ich fand ihn wahnsinnig realistisch gemacht – als gäbe es ihn schon seit Jahren, mit all den Liegestühlen, Landungsstegen und dem Reiten auf den langohrigen französischen Ponys. Und die Seine ist viel breiter, als ich gedacht hätte.Ich konnte nicht mal die andere Seite sehen, und außerdem könnte ich schwören, dass ich am Horizont ein paar Öltanker gesehen habe. Leider konnten wir nicht lange am Strand bleiben – teils wegen des wirklich schneidenden Februarwetters, hauptsächlich aber, weil Stephen mit seinem Liegestuhl auf eine Urlauberfamilie losging, deren zweijähriger Sohn seine Sandburg zertrampelt hatte. Den Nachmittag verbrachten wir mit Besichtigungen in einer authentischen französischen Straßenbahn, die die Form einer Rakete hatte. Ich habe ja so viel gelernt. Ich hatte keine Ahnung, dass das Moulin Rouge eine Pommesbude ist oder dass die Mona Lisa in Wirklichkeit auf ein T-Shirt gemalt ist (und oben ohne – die Bücher über Kunstgeschichte werden ihr da gar nicht gerecht). Abends probierten wir die gastronomischen Spezialitäten des Landes –
chiens chauds
und natürlich einen Bausch der traditionellen Pariser Köstlichkeit
Watte de sucre.
Die Gaumenfreuden der Franzosen können die Engländer wirklich nur beschämen (oder jedenfalls die meisten von uns).
    12. Februar, Samstag
     
    Liebes Tagebuch, nachdem ich jahrelang davon geträumt habe, bin ich heute endlich auf dem Eiffelturm gewesen. Ehrlich gesagt, war ich etwas enttäuscht. Er kam mir viel kleiner vor, als ich erwartet hatte, aber Stephen sagt, das liegt daran, dass die Fundamente unter dem schieren Gewicht der Touristen eingesunken sind. Unerschrocken steuerte ich sofort den Fahrstuhl an. Stephen hat Höhenangst,also blieb er auf der
terra firma,
wie man das hier in Frankreich nennt. Rein zufällig fand er nur dreißig Meter weiter einen Pub im echt englischen Stil, und es machte ihm überhaupt nichts aus, dort auf mich zu warten.
    Die Sicht von der Turmspitze ist atemberaubend. Hat man mir jedenfalls versichert. Dummerweise blieb der Fahrstuhl auf halber Strecke stecken, und es dauerte zwei Stunden, bis sie ihn wieder flottbekamen. Der arme Stephen muss vor Angst um mich fast durchgedreht sein, aber es war typisch für ihn, dass er sich das nicht anmerken ließ, als ich ihn wiederfand, wie er gerade singend mit heruntergelassener Hose auf der Motorhaube eines Nissan Micra hockte. Trotz seiner offenkundigen Besorgnis schaffte er es noch, mit mir ein paar Runden durch den berühmten Ballsaal des Eiffelturms zu drehen. Ein paar himmlische Minuten lang war es wieder wie in unseren Flitterwochen – wir wiegten uns rhythmisch im Auf und Ab der Handorgel, bis alles viel zu schnell
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