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Darling, fesselst du schon mal die Kinder?: Das heimliche Tagebuch der Edna Fry

Darling, fesselst du schon mal die Kinder?: Das heimliche Tagebuch der Edna Fry

Titel: Darling, fesselst du schon mal die Kinder?: Das heimliche Tagebuch der Edna Fry
Autoren: Mrs. Stephen Fry
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Als ich mit dem Staub, den Spinnweben und den alten Ausgaben von
Frau & Erdbeerwoche
endlich fertig war, gingen mir die Augen auf. Mein erster Fund war ein riesiges, uraltes Porträt von jemandem, der wohl Stephens Urgroßvater ist, obwohl er den nie erwähnt hat. Jedenfalls sah er Stephen total ähnlich, nur eben fünfzig Jahre älter.
    Außerdem bin ich auf ein paar hundert Meter Spielzeugeisenbahn- und Carrera-Gleise, unzählige Murmeln, mehrere Action-Man-Figuren ohne Finger und Dutzende von Panini-Bilderalben gestoßen, aber das Aufregendste war eine große Holzkiste. Sie stand in der Dachbodenecke, verdeckt von einem Stapel Alben der Bay CityRollers und einem Hüpfball, und war eindeutig seit Jahrzehnten nicht mehr angerührt worden. Ich frage mich, was um Himmels willen da drin sein mag. Ein Haufen wertvoller Antiquitäten? Eine Leiche – oder Schlimmeres? Leider kam ich nicht dazu, es herauszufinden, denn unten brach die Hölle aus. Seltsam, denn normalerweise hat Brangelina ihren Musikunterricht am Mittwoch.
    27. Februar, Sonntag
     
    Konnte mich Stephens Sonntagsgefummel erfolgreich entziehen und bin direktemang auf den Dachboden hoch, um den Inhalt der alten Kiste zu erforschen. Das Schloss war verrostet, aber ein energischer Hieb mit Stephens Sammlerminiaturausgabe des Flying Scotsman, Spurweite 00, reichte, um sie aufzubekommen.
    Aufgeregt warf ich einen Blick hinein und sah eine außergewöhnliche Sammlung – Briefbündel, Photographien und alle möglichen offiziell aussehenden Dokumente. Stundenlang vertiefte ich mich in den Inhalt. Zum Teil waren es profane Schriftstücke – Gaskostenaufstellungen, Schnapsquittungen und Quartalsrechnungen vom Stadtbordell. Zum Teil waren sie auch romantischer Natur – ein Briefbündel mit rosa Schleife erinnerte mich an Stephens und meine Liebesbriefe. (Stephen bewahrt meine jugendlichen Ergüsse bis heute in einem Schuhkarton unter dem Bett auf, und ich habe immer noch die Zigarettenpackung, auf die er seinen gekritzelt hat.) Wieder andere waren weit trauriger – ich gebe hier die Nachricht wieder, die meine Urgroßmutter 1916 vomVerteidigungsministerium erhielt, geschrieben von dem gefeierten Kriegspostkartendichter Eric Roosunft.

     
    Ich muss zugeben, dass mir das Wasser in die Augen stieg, als ich das las. Zum Glück lag in einer Schachtel ganz in der Nähe der Nachweis, dass Stephen den Idiotentest fürs Radfahren bestanden hat, und der erwies sich als überraschend saugfähig. Alles in allem war es ein verblüffender Fund. Wenn ich mir vorstelle, wie viele Kapitel meiner Familiengeschichte fast ein Jahrhundert lang ungestört da oben verborgen lagen. Meine Entdeckung war zugleich erheiternd und erschöpfend. Enthüllte so viel und warf so viele neue Fragen auf. Werwar die geheimnisvolle »Victoria«, die meine Urgroßmutter in ihrem Tagebuch ihre »leibliche Mutter« nannte? Worum handelt es sich bei dieser Freimaurer- und Bauklötzeloge, mit deren Zeichen die Krawatte meines Urgroßvaters bestickt war? Wie viel bringt das bei Ebay? Ich beschloss auf der Stelle, mehr darüber herauszufinden, und gleich morgen mach’ ich mich zur Stadtbibliothek auf. Vielleicht kann ich ja etwas in Erfahrung bringen.
    28. Februar, Montag
     
    Bibliothek geschlossen. Wie frustrierend! Kann erst morgen hin (anscheinend von 14:00–14:30).
     
    Fish & Chips zum Abendessen. Und eine Halbliterdose Fanta. Stephen und ich müssen vielleicht hier und da knapsen, aber uns bleibt immer Blackpool.

März
     
     
    1. März, Dienstag
     
    In der Bibliothek herrschte heute Nachmittag ein einziges Kommen und Gehen. Brian de Sade, ein Kinderbuchautor aus der Gegend, las aus seinem neuen Buch
Daddy kommt vom Mars, Mummy von der Venus.
Ich war überrascht, ihn dort zu sehen, nachdem er letztes Jahr aus
Die kleine Raupe Immergeil
gelesen und das Loch auf Seite 12 so kreativ verwendet hatte.
    Ich konnte mich nicht besonders gut konzentrieren, weil scharenweise Kinder zwischen den Regalen herumrannten, viele davon meine eigenen, aber Mrs. Blessed, die Bibliothekarin, war wahnsinnig hilfsbereit. Sie brachte mich in einen kleinen Archivlesesaal, wo die Bibliothek über hundert Jahrgänge des Stadtblatts namens
Stadtblatt
aufbewahrt.
    Es war faszinierend, in den staubigen Zeitungen zu schmökern. Aufrüttelnde Schlagzeilen beschworen Schauergeschichten aus grauer Vorzeit herauf – »Ortsansässiger vermutlich bei
Titanic
-Katastrophe ertrunken«, »Ortsansässiger verliert Glied bei
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