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Darkyn: Dunkle Erinnerung (German Edition)

Darkyn: Dunkle Erinnerung (German Edition)

Titel: Darkyn: Dunkle Erinnerung (German Edition)
Autoren: Lynn Viehl
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gegründeten und immer noch namenlosen Jardins und extrem gehasster Außenseiter unter seinesgleichen, blickte hinaus in die zunehmende Dunkelheit. Trotz der mehr als sieben Jahrhunderte, die er jetzt auf der Erde lebte, zuerst als Mensch und dann als eine Kreatur, die Menschen jagte, hatte Lucan nur wenig Zeit in den Tropen verbracht. Hier kam die Nacht so wie ein heimlicher Liebhaber auf einen Balkon, kletterte über das Wolkengitter hinauf, um die pastellfarbene Unschuld des Tages in seinen Mitternachtsmantel zu hüllen.
    Wie leicht es wäre, in diese pechschwarze Dunkelheit zu gehen, ihr um die Welt zu folgen und für immer in ihr zu bleiben.
    Bevor er sein besonderes Talent dazu nutzte, die Feinde des Highlords zu eliminieren, hatte Lucan mit dem Gedanken an ein solches Leben gespielt. Für viele Jahrzehnte nach seiner Rückkehr als Darkyn war er ziellos und frei herumgewandert, hatte die unsterblichen Angehörigen seiner Art gemieden und Menschen nur als Nahrungsquelle genutzt. Er war nicht glücklich gewesen, aber man hatte ihn in Ruhe gelassen. Jetzt war er weiter aufgestiegen, als er es jemals für möglich gehalten hätte, und dennoch war er der, den alle mieden, den alle verachteten und dem niemand traute – und genauso geplagt von Menschen und Darkyn wie jener Pharao, der das jüdische Volk versklavte und ihrem Gott trotzte. Er wusste, dass er hier nicht willkommener sein würde als irgendwo sonst, wo er versucht hatte, sich eine Heimat zu schaffen.
    Das war grotesk. Das passte. Das ließ in ihm den Wunsch aufkeimen, etwas zu töten.
    »Mylord, da ist etwas für Euch abgegeben worden.«
    Lucan roch mentholhaltige Hustenbonbons und drehte sich weg von der Fensterfront in seiner Suite, von der aus man aufs Meer hinausblickte, zu jemandem, den er noch nicht tot sehen wollte: seinem neu angestellten Tresora . »Wie ich dir schon ungefähr zweitausendmal erklärt habe, musst du mich nicht mit ›Mylord‹ anreden, Burke. Das tun die Kyn, nicht du.«
    »Verzeiht.« Herbert Burke war ein dünner, kleiner Mann mit einem ängstlichen Gesichtsausdruck. Geplagt von Allergien dünstete er den Geruch eines Krankenzimmers aus und trug eine Fülle von Taschentüchern, Nasensprays und anderen medizinischen Utensilien mit sich herum, um seinen chronischen Schnupfen zu behandeln. »Das, was da für Euch abgegeben wurde, ist ein bisschen merkwürdig.«
    Lucans silbrigblonde Brauen hoben sich. »Ist es eine Frau?«
    »Nein, Myl… nein.«
    Es war nie eine, leider. Niemand schien mehr zu wissen, was einem neu ernannten Suzerän zustand. »Dann stell es ins Büro, und ich kümmere mich später darum.«
    »Danke, Mylord.« Burke wurde blass, als er seinen Fehler bemerkte, und floh.
    »Guter Gott. Ich weiß nicht, was ich getan habe, dass ich diesem Menschen eine solche Angst einjage.« Lucans Blick glitt zu dem dunkelhaarigen Mann, der im Sessel saß und einen Stapel Post durchging. »Weißt du, was es ist?«
    Sein Seneschall hörte nicht auf zu lesen. »Es könnte Euer Ruf unter den Tresori sein, Mylord.«
    »Ich habe seit zweihundert Jahren kein Blut eines menschlichen Dieners mehr getrunken.« Und er würde es auch nicht tun, wenn er die Wahl hatte. Er spürte, wie sich Neugier in ihm regte. »Was sagen sie denn über mich?«
    Rafael sah auf. »Dass Ihr einen Mann tötet und verspeist, nur weil er Euch auf die Nerven fällt.«
    »Hannibal Lecter tut so etwas«, meinte Lucan. »Ich reiße ihm nur die Kehle heraus und trinke sein Blut.«
    Sein Seneschall legte den Brief beiseite, den er gelesen hatte. »Vor drei Nächten, als Ihr wütend auf Burke wart, weil er etwas Wein vergossen hatte, während er Euch bediente …«
    »Das war sehr guter Wein«, rechtfertigte sich Lucan.
    »… habt Ihr laut darüber spekuliert, wie schwierig es wohl wäre, einen Menschen in einer Badewanne zu ertränken, die mit seinem eigenen Urin gefüllt ist.« Rafaels leerer Gesichtsausdruck wurde ein klein wenig missbilligend. »Burke hatte Angst.«
    »Burke ist ein Idiot. Es würde doch viel zu lange dauern, bis er die Badewanne so weit mit seinem Urin gefüllt hätte, dass man ihn darin ertränken könnte.« Er gähnte. »Besser, ich nehme dazu den Auswurf, den er ständig spuckt und hustet.«
    »Ich würde Euch bitten, etwas toleranter zu sein, Mylord.« Rafael öffnete einen Umschlag und zog ein dickes Vertragsformular heraus. »Er hat noch nie aktiv einem Suzerän der Darkyn gedient. Er weiß nicht, dass Ihr nur scherzt. Tatsächlich macht Ihr
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