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Darkover 06 - Die Flamme von Hali

Titel: Darkover 06 - Die Flamme von Hali
Autoren: Marion Zimmer Bradley / Deborah J. Ross
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vernichten!«
   Die Gestalt drehte sich um, und eine Spur menschlicher Emotion zeigte sich auf dem schädelweißen Gesicht. »Du wirst feststellen, dass das nicht so einfach ist. Einiges kann, nachdem es erst einmal in Gang gesetzt wurde, so schnell nicht mehr aufgehalten werden.«
   »Wenn du einen Tod haben musst, dann nimm mich, aber lass sie am Leben! Lass sie alle leben - sogar ihn - und es dabei bewenden.«
   »Du hast einen Schwur geleistet, so häufig, dass es in deine Seele eingraviert ist.«
   »Dann werde ich ihn brechen.« Seine Stimme hallte vor Entschlossenheit und gleichzeitig vor Verzweiflung. »Ich gebe es auf, jetzt und für immer!«
   »Ah!« Die Frau in dem Umhang schauderte, als wäre sie verwundet. Im gleichen Augenblick zog sich der Himmel zusammen. Böen fegten über die graue Landschaft und wurden schnell heftiger.
   Dyannis schlich sich vorwärts. Sie erkannte die Gestalt nun. Es war Naotalba, Zandrus Braut, die manche für ein Symbol edelmütigen Opfers hielten, andere jedoch für ein schlechtes Vorzeichen. Wie war es dazu gekommen, dass Eduin einen Handel mit einer Halbgöttin abgeschlossen hatte?
   Ich habe dich geschaffen , hatte er gesagt. Hier in der Überwelt war die einzige Realität die der Gedanken, und er war einmal ein mächtiger Laranzu gewesen. Hatte er tatsächlich ein mythisches Bild heraufbeschworen und es seinen Wünschen entsprechend geformt?
   Nun stand er da, die Beine gespreizt, in herausfordernder Pose. Dyannis wagte nicht, seine Konzentration zu brechen, obwohl ihr tausend Fragen durch den Kopf schossen. In einer seltsamen Veränderung ihres Blickfelds sah sie plötzlich, was Eduin und Naotalba verband. Strähnen von psychischem Material, einige so fein wie Spinnenseide, andere rau und verknotet, verliefen zwischen ihnen. Einige pulsierten in der Farbe von geronnenem Blut, wie verstopfte Laran -Kanäle. An einigen Stellen verbanden sie sich miteinander und bildeten Netze und Knoten von Dunkelheit.
   Diese Strähnen, dick oder dünn, hatten alle ihren Anfang in der zerfetzten Wunde in Eduins Bauch und zogen sich an einer einzigen Stelle tief in der Substanz von Naotalbas Gestalt zusammen. Instinktiv wusste Dyannis, dass sie alle aus einem Augenblick der Bitterkeit geboren waren, aus Ablehnung, die zu Hass geworden war, aus kranken Träumen und vergifteten Ängsten.
   Dunkle Herrin Avarra, was war ihm zugestoßen, das diesen strahlenden Jungen - oder Mann - zur Quelle solchen Übels gemacht hat?
   Einzeln oder in ganzen Bündeln riss Eduin die Strähnen aus seinem eigenen Körper. Farbloses Blut floss aus den frischen Wunden. Dyannis hörte über das Toben des Unwetters hinweg nicht, ob er schrie. Die losen Enden peitschten im Wind und schrumpften dann. Innerhalb von Augenblicken hatten sie sich in Staub verwandelt und wurden weggeblasen.
   Als er die letzte, dickste Strähne packte, welkte sie in seinen Händen. Er taumelte und hätte beinahe das Gleichgewicht verloren. Dyannis hatte von Menschen gehört, die sich unter der Herrschaft eines Laran -Banns, der sie in den Wahnsinn getrieben hatte, selbst den Bauch aufschlitzten, sodass die Eingeweide herausquollen. Sie hatte gehört, dass Eduin zur Verteidigung des Turms von Hestral gegen die belagernde Armee von Rakhal Hastur solche Methoden angewandt hatte. Sie fragte sich, ob er sich damit nicht in einer verzerrten Art von Gerechtigkeit die gleiche Art Wunde selbst beigebracht hatte.
   Das verdrehte Seil lag nun frei in Eduins Händen. Dyannis konnte sein Gesicht nicht sehen, aber sie spürte die Trostlosigkeit, die ihn erfasst hatte, die schreckliche Einsamkeit, die Abwesenheit der Präsenz, die sein ganzes Leben gestaltet hatte.
   Das Unwetter verging so schnell, wie es begonnen hatte. Naotalba hob das Gesicht, das nun nicht mehr glatt und bleich sondern eingefallen war. Alle Kraft, die Eduin in sie hatte einfließen lassen, war verschwunden.
   Blutlose Lippen formten Worte: »Du hast etwas sehr Mutiges und Dummes getan, Eduin Deslucido.«
   Deslucido , wiederholte Dyannis in Gedanken. Das war das zweite Mal, dass Naotalba Eduin bei diesem Namen genannt hatte.
   »Ich habe die Welt der Götter ebenso gesehen wie die der Menschen«, fuhr Naotalba fort, »und ich kenne niemanden, der eine solche Entscheidung getroffen hätte wie du. Ich werde nun ins Reich meines Bräutigams zurückkehren. Wir werden uns dort bald wiedersehen.«
   Naotalba wandte sich ab; sie und
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