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Dark Swan: Schattenkind (German Edition)

Dark Swan: Schattenkind (German Edition)

Titel: Dark Swan: Schattenkind (German Edition)
Autoren: Richelle Mead
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seiner Jeans. Ich tat so, als würde ich es nicht bemerken, und verbarg mein Schmunzeln. Er fand Menschenkleidung primitiv und unansehnlich, aber Jasmine und ich hatten darauf bestanden, dass er, wenn er zu meiner Geburtsvorbereitungs-Security gehören wollte, welche anzog. Eigentlich trugen die Feinen lieber Sachen aus Samt und Seide mit allen Schikanen wie Puffärmeln und Umhängen. Damit hätte er vielleicht an der Westküste durchkommen können, aber nicht hier mitten in Amerika.
    Die beiden blieben zurück, als die Schwester mich holen kam. Jasmine hatte mich anfangs immer begleitet, aber nach einem peinlichen Zwischenfall, als Pagiel sich auf jemanden mit einem Milli-Vanilli-Klingelton gestürzt hatte, wollten wir ihn besser nicht mehr allein lassen. Wobei ich zugeben muss, dass man ihm seinen Angriff kaum vorwerfen konnte.
    Ich ging zunächst einmal zum Ultraschall. Als werdende Mutter von Zwillingen fiel ich in eine Risikogruppe und musste mehr Ultraschall-Untersuchungen über mich ergehen lassen als jemand mit einer ›normalen‹ Schwangerschaft. Die Assistentin platzierte mich auf der Liege und klatschte mir Gel auf den Bauch, dann berührte sie ihn mit der Sonde. Und schwupp, war von meiner schlechten Laune, meinem ganzen Sarkasmus, von sämtlichen Gefühlen, mit denen ich hier so hochmütig hereinspaziert war, nichts mehr übrig.
    Stattdessen empfand ich nackte Angst.
    Da waren sie, die Viecher, für die ich mein Leben riskiert hatte – und das Schicksal der Welt. Gerechterweise muss ich hinzufügen, dass sie auf dem Bildschirm immer noch nicht nach viel aussahen. Es waren nur schemenhafte Schwarz-Weiß-Umrisse, aber mit jedem Besuch erinnerten sie mehr an Babys. Das stellte schon irgendwie eine deutliche Verbesserung dar, denn eine Zeit lang war ich überzeugt gewesen, mit irgendwelchen Aliens schwanger zu gehen und nicht mit Menschen oder Feinen.
    »Ah ja, da haben wir Ihren Sohn.« Die Assistentin zeigte auf die linke Bildschirmseite. »Hab ich mir doch gedacht, dass wir ihn heute erwischen.«
    Mir blieb die Luft weg. Mein Sohn. Als sie die Sonde bewegte, um einen besseren Winkel zu bekommen, trat plötzlich sein Profil deutlich hervor, kleine Arme und Beine und ein gerundeter Kopf, der sehr menschlich aussah. Dieses winzige Geschöpf, dessen schlagendes Herz ebenso deutlich zu sehen war, hatte überhaupt nichts von einem Eroberer der Welten an sich. Er kam mir sehr klein und verletzlich vor, und ich fragte mich nicht zum ersten Mal, ob es nicht ein Fehler gewesen war, diese Schwangerschaft fortzusetzen. Hatte ich mich austricksen lassen? Hatte ich mich von dieser unschuldigen Fassade hereinlegen lassen? Ließ ich gerade den Mann in mir heranwachsen, der versuchen würde, die Menschheit zu versklaven, wie es in dieser Prophezeiung hieß?
    Als hätte sie meine Gedanken gespürt, regte sich auf der anderen Bildschirmhälfte seine Schwester. Sie war der Hauptgrund für meine Entscheidung gewesen, diese Schwangerschaft nicht abzubrechen. Bei einer Abtreibung mit dem Ziel, die Welt vor meinem Sohn zu retten, hätte ich auch den Tod seiner Schwester verantworten müssen. Das konnte ich ihr nicht antun. Und ihm letzten Endes auch nicht. Es spielte keine Rolle, was die Prophezeiung sagte. Sie verdienten beide die Chance, ihr Leben frei von dem zu leben, was ihnen das Schicksal angeblich auferlegt hatte.
    Bloß wäre es schön gewesen, ich hätte das den ganzen Leuten begreiflich machen können, die mich deshalb umbringen wollten.
    »Es sieht alles ganz prima aus«, erklärte die Assistentin. Sie legte die Sonde beiseite, und der Bildschirm wurde schwarz und hüllte meine Kinder wieder in Schatten. »Völlig normal.«
    Normal? Wohl kaum.
    Doch als ich in einen Untersuchungsraum verfrachtet wurde, um dort mit der Ärztin zu sprechen, sah die das ganz genauso. Normal, normal, normal. Sicher, Zwillinge erforderten zusätzliche Aufmerksamkeit, aber ansonsten waren anscheinend alle überzeugt, dass ich geradezu eine Bilderbuchschwangerschaft hinlegte. Niemand hier hatte auch nur die geringste Ahnung, was für einen Kampf ich jeden Tag durchmachte. Niemand hier wusste, dass mich jedes Mal, wenn ich meinen Bauch anschaute, Bilder der Gewalt quälten, die meinetwegen verübt wurde, Bilder des Schicksals, das beiden Welten drohte.
    »Haben Sie schon Kindsbewegungen gespürt?«, fragte die Ärztin. »Es ist jetzt allmählich die Zeit dafür.«
    Irgendwie musste ich an Aliens denken. »Nein, glaube nicht. Wie fühlen
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